Finanzen

Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen Herausforderung, diese tektonische Verschiebung für sich zu nutzen.
01.05.2025 15:04
Lesezeit: 3 min
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Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
Trumps Rückkehr in die US-Politik wirkt wie ein Brandbeschleuniger: Die Dollar-Dominanz wankt, Europa könnte geopolitisch profitieren – wenn es jetzt handelt. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

„Unser Dollar, euer Problem“ – Trumps Politik beschleunigt das Ende der Dollar-Dominanz

Ein historischer Wendepunkt bahnt sich an – und die Folgen für Europa könnten gewaltig sein. Denn wenn einer der weltweit einflussreichsten Ökonomen einen Wendepunkt der globalen Finanzordnung ausruft, sollte man hinhören. Kenneth Rogoff, Harvard-Professor, ehemaliger Chefökonom des IWF und Vordenker zahlreicher Krisenanalysen, warnt: Die Vormachtstellung des US-Dollars wankt – und Donald Trump ist der Brandbeschleuniger.

Was der französische Finanzminister Valéry Giscard d’Estaing einst als „exorbitantes Privileg“ bezeichnete, ist laut Rogoff längst zur gefährlichen Illusion geworden. Die Vorstellung, dass der Dollar für immer die Weltreservewährung bleiben werde, könnte sich als einer der folgenschwersten Irrtümer unserer Zeit erweisen.

Trumps Rückkehr – ein wirtschaftspolitischer Schock

Die zweite Amtszeit von Donald Trump, geprägt von aggressiven Zollregimen, geopolitischem Konfrontationskurs und massiver fiskalpolitischer Verantwortungslosigkeit, hat einen Prozess beschleunigt, der sich seit Jahren abzeichnet: den strukturellen Rückgang des Dollars als globale Leitwährung.

Bereits 2015, so Rogoff, erreichte der Dollar seinen Zenit. Seitdem sinkt das Vertrauen – schleichend, aber stetig. Trumps Rückkehr hat diesen Trend jedoch „in einen freien Fall verwandelt“.

Bezeichnend: Inmitten der Turbulenzen auf den Märkten – ausgelöst durch neue Handelsbarrieren und geopolitische Unsicherheiten – fällt der Dollar, während die US-Zinsen steigen. Eine Entwicklung, die erfahrene Marktbeobachter wie Torsten Sløk von Apollo als „beunruhigend und irrational“ bezeichnen. Doch für Rogoff ist sie nur logisch: „Wie kann man die USA als sicheren Hafen bezeichnen, wenn der Sturm aus Washington selbst kommt?“

Ein Glaubwürdigkeitsverlust mit System

Für Rogoff steht fest: Die USA untergraben systematisch das Vertrauen in ihre Währung – nicht nur durch ihre protektionistische Außenwirtschaftspolitik, sondern auch durch eine fatale Kombination aus steigender Staatsverschuldung, wachsender politischer Instabilität und einer zunehmenden politischen Einflussnahme auf die Federal Reserve – von beiden Seiten des politischen Spektrums.

  • Trumps Republikaner wollen die Fed entmachten.
  • Bidens Demokraten wollen sie für Klimaziele instrumentalisieren.

In beiden Fällen leidet die Glaubwürdigkeit der Zentralbank – eine Kernvoraussetzung für eine funktionierende Weltleitwährung.

Der Dollar verliert – Europa könnte gewinnen

Rogoffs Analyse ist klar: Die Welt bewegt sich auf ein „tripolares System“ zu, in dem Dollar, Euro und Renminbi künftig gemeinsam das Währungsgefüge dominieren werden. Der Dollar bleibt stark, aber nicht mehr unantastbar.

Besonders für Europa birgt das eine einmalige Chance – wenn die EU bereit ist, sich geopolitisch zu emanzipieren. Ein stärkeres Europa, auch militärisch, ist laut Rogoff der Schlüssel für eine ernsthafte Aufwertung des Euro. „Eine Reservewährung braucht Verteidigungsfähigkeit“, so seine These.

In diesem Kontext könnte ausgerechnet Trump zum unfreiwilligen Architekten einer stärkeren EU werden. Indem er den Dollar schwächt, macht er den Euro attraktiver.

Schulden, Zinsen, Krise – die USA auf dem Weg ins Ungewisse

Mit einer Staatsverschuldung von 100 Prozent des BIP, weiter steigenden Defiziten und dem Verlust des Dollar-Vorteils stehen die USA am Rande einer Zinskrise historischen Ausmaßes. Schon heute zahlen die USA mehr Zinsen als für ihr gesamtes Verteidigungsbudget. Wenn der Dollar an Dominanz verliert, steigen diese Kosten weiter – mit dramatischen Folgen für Haushalts- und Geldpolitik.

Rogoff warnt: Es werde zwar keinen US-Staatsbankrott geben – die USA können schließlich unbegrenzt Dollar drucken. Aber der Preis werde eine massive Inflation sein, begleitet von heftiger Marktvolatilität. Das Vertrauen in die USA als Anker der Weltwirtschaft wird erodieren.

Was bedeutet das für Europa?

Für die Eurozone ergibt sich ein doppeltes Risiko – und eine historische Gelegenheit:

  • Risiko: Instabilität in den USA bedeutet Turbulenzen an den Finanzmärkten, Kapitalflucht aus Schwellenländern und erneute Aufwertung des Euro – mit möglichen Folgen für Exporte und Wachstum.
  • Chance: Mit einem glaubhaften geopolitischen Kurs, einer vertieften Fiskalunion und einem gestärkten Verteidigungsrahmen kann der Euro an Bedeutung als globale Reservewährung gewinnen. Das würde nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringen – sondern auch politischen Einfluss.
  • Fazit: Die neue Weltordnung beginnt jetzt – und sie ist unruhiger denn je

Kenneth Rogoffs Warnung ist mehr als ein ökonomischer Kommentar – sie ist eine Prognose über den Strukturbruch einer Ära. Der Dollar wird nicht über Nacht verschwinden, aber seine Sonderstellung wird brüchig – mit weitreichenden Folgen für das globale Machtgefüge.

Die USA, einst Symbol wirtschaftlicher Stabilität, drohen zum Zentrum der Unsicherheit zu werden. Und Europa steht vor einer Wahl: Zuschauen – oder gestalten.

„Trump beschleunigt einen Prozess, der ohnehin kommen musste. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wie schnell.“ – Kenneth Rogoff

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