Wirtschaft

Wird es in Europa durch Trumps Zölle billiger? Nicht so schnell!

Während Donald Trump die Stimmung mit protektionistischen Zöllen gegen China anheizt, stellt sich in Europa die Frage: Wird unser Markt nun zur Müllhalde chinesischer Überproduktionen? Und noch wichtiger: Wird das Leben dadurch für europäische Verbraucher günstiger? Die Antwort: Kaum. Denn die realen Effekte der geopolitischen Neuordnung sind komplexer, als es die Zahlen auf dem Preisschild vermuten lassen.
01.05.2025 07:34
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Geldbeutel wird nichts spüren

EZB-Chefin Christine Lagarde warnte zuletzt, dass Trumps Zölle auf chinesische Produkte zu deflationären Effekten in Europa führen könnten – zumindest theoretisch. Denn was in Brüssel als potenzieller Preisvorteil durch Umleitung von Exporten gefeiert wird, droht in Wahrheit zur nächsten geopolitischen Zerreißprobe für die EU zu werden. Drei zentrale Gründe sprechen dagegen, dass Sie beim nächsten Einkauf von Trumps Zollpolitik profitieren.

1. Europa wird den chinesischen Warenstrom politisch stoppen

Wer glaubt, dass europäische Regierungen dem Ansturm billiger chinesischer Produkte tatenlos zusehen, irrt gewaltig. Bereits kurz nach Trumps Zollandrohungen richtete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine klare Botschaft an Peking: Keine Umleitung chinesischer Überproduktionen nach Europa. Die diplomatische Botschaft war klar – die wirtschaftspolitische noch deutlicher: Wer sich nicht an die Regeln hält, wird zur Kasse gebeten.

In Brüssel ist die Geduld mit dem Dauer-Dumping Chinas längst am Ende. Ob im Stahlsektor, bei Batterien, Solarpanelen oder Elektrobussen – in vielen Schlüsselsektoren ist Europa den staatlich subventionierten Exportriesen aus China wirtschaftlich unterlegen. Die Antwort wird nicht mehr nur ein regulatorischer Zeigefinger sein – es wird handelspolitische Abwehr geben: Zölle, Antidumpingverfahren, gezielte Subventionen für europäische Unternehmen.

Europa zwischen den Fronten: Auf der einen Seite Trump, der China wirtschaftlich den Hahn abdrehen will – auf der anderen Seite Peking, das mit Gewalt neue Absatzmärkte sucht. Dazwischen: eine EU, die aufpassen muss, nicht zerrieben zu werden. Die Folge: Abschottung statt Schnäppchen.

2. China schließt lieber Fabriken, als mit Verlust zu verkaufen

Die Vorstellung, dass Peking nun im Eiltempo seine überschüssige Produktion nach Europa verschifft, ist wirtschaftlich naiv. Viele chinesische Unternehmen – vor allem aus der Textil- und Medizintechnikbranche – haben bereits begonnen, Produktionslinien zu schließen, weil Aufträge aus den USA ausbleiben. Der globale Güterverkehr, insbesondere der Containerhandel, verzeichnet Rückgänge von über 60 Prozent in nur einem Monat. Die Lieferketten sind ins Stocken geraten, bevor überhaupt neue Handelsrouten entstehen konnten.

In Europa ist die Lage kaum besser: Häfen sind überlastet, Personal fehlt, die Infrastruktur ist vielerorts marode. Selbst wenn China liefern wollte – Europa ist gar nicht bereit, diese Massen an Waren kurzfristig aufzunehmen. Die Realität: Chinesische Unternehmen produzieren derzeit lieber gar nicht, als ihre Produkte unter Wert in den europäischen Markt zu drücken.

3. Preise steigen schneller, als sie fallen – und das bleibt auch so

Selbst wenn chinesische Produkte den Weg nach Europa finden: Die Hoffnung auf sinkende Verbraucherpreise bleibt illusorisch. Die Preisbildung folgt nicht den Regeln der Effizienz, sondern der Psychologie des Marktes – und der Gewinnmaximierung.

Denn sobald ein Preis erhöht wurde – sei es durch Inflation, Krieg oder Steuern – bleibt er hoch. Senkungen sind selten, zäh und oft rein symbolisch. Hersteller und Händler geben gesunkene Produktionskosten in der Regel nicht an die Verbraucher weiter. Dies gilt vom Supermarkt bis zur Galerie, vom Waschmittel bis zum Online-Abo. Selbst in Zeiten schwacher Inflation spüren Verbraucher davon kaum etwas.

Das bedeutet: Auch wenn Trumps Zölle in den USA für Inflation sorgen und in Europa theoretisch deflationäre Tendenzen erzeugen – der Durchschnittsbürger wird es an der Kasse nicht merken. Und genau das ist die bittere Realität dieser globalen Umwälzungen: Gewinner bleiben die großen Konzerne und Staaten, die sich aktiv in die Regeln des Handels einmischen – nicht die Konsumenten.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China bringt Europa keinen Preisvorteil – sondern neue Abhängigkeiten

Europa ist in der aktuellen Entwicklung nicht Herr des Geschehens, sondern Spielfeld fremder Interessen. Die erhoffte Deflation durch chinesische Warenströme wird durch europäische Zölle, Produktionsstopps in Asien und strukturelle Preisträgheit neutralisiert. Statt günstigerer Preise drohen neue politische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheiten – und eine neue Debatte über europäische Souveränität.

Denn der wahre Preis dieser Entwicklung ist nicht in Euro zu messen, sondern in geopolitischem Einfluss.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Gold, Anleihen, Tagesgeld: Wo Ihr Geld heute noch sicher ist und Rendite bringt
19.10.2025

Krisen, Kriege, Inflation: Die großen Verwerfungen unserer Zeit beeinflussen auch Investitionspläne. Während Kleinanleger auf Tagesgeld...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktivrente: Warum der steuerfreie Zuverdienst problematisch ist
19.10.2025

Die Regierung will Rentner zum Weiterarbeiten motivieren und einen steuerfreien Zuverdienst ermöglichen – bis zu 2.000 Euro pro Monat...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Halbleitermarkt im Blick: Chinesische Investoren nach Nexperia-Fall im Fokus
19.10.2025

Die Kontrolle über strategisch wichtige Unternehmen in Europa gewinnt angesichts der Spannungen zwischen China und den USA an Bedeutung....

DWN
Technologie
Technologie Sex mit der KI? ChatGPT soll Erotik-Funktion erhalten
19.10.2025

Sexy ChatGPT? Laut dem Chef der Entwicklerfirma OpenAI soll der Chatbot bis Jahresende auch Erotik anbieten. Details sind noch unklar.

DWN
Technologie
Technologie Cybersecurity: Was Firmen jetzt tun müssen, um den Cyberkrieg zu überleben
19.10.2025

Die digitale Kriegsführung ist längst Realität, doch viele Unternehmen verkennen das Ausmaß der Bedrohung. Zwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft JPMorgan-Chef Dimon warnt: Die Party an den US-Börsen ist vorbei – jetzt zählen Waffen statt Aktien
18.10.2025

JPMorgan-Chef Jamie Dimon zeichnet ein düsteres Bild der Weltwirtschaft: Er warnt vor einer harten Marktkorrektur, kritisiert die Politik...

DWN
Unternehmen
Unternehmen CATL Testkapazitäten: Europas größtes Batteriezellen-Zentrum entsteht
18.10.2025

Der chinesische Batteriehersteller CATL verdoppelt seine Testkapazitäten in Arnstadt und baut eines der größten Batteriezellzentren...

DWN
Finanzen
Finanzen Nebenwerte als Chance: Warum Small Caps oft überdurchschnittliche Renditen bringen
18.10.2025

Nebenwerte im Fokus: Small-Cap-Aktien können enorme Kurschancen bieten – doch sie bergen auch Risiken. Warum vernachlässigte...