Wirtschaft

Kyle Bass: „Europa ist eine Ansammlung gescheiterter Volkswirtschaften“ – Was der US-Investor wirklich meint

US-Starinvestor Kyle Bass rechnet mit Europa ab – und liefert eine scharfe Analyse, warum der Kontinent für Investoren zur wirtschaftlichen Sackgasse wird.
30.04.2025 05:57
Lesezeit: 2 min
Kyle Bass: „Europa ist eine Ansammlung gescheiterter Volkswirtschaften“ – Was der US-Investor wirklich meint
Während Europa an Regulierung erstickt, boomt das Kapital in den USA: Kyle Bass sieht einen Kontinent im wirtschaftlichen Ruhestand. (Foto: dpa) Foto: Jens Kalaene

Wenn Kyle Bass spricht, hören die Märkte genau hin. Der Hedgefonds-Manager, der mit seiner Wette gegen den US-Hypothekenmarkt 2008 Weltruhm erlangte, meldet sich nun mit einer schonungslosen Abrechnung zurück – diesmal mit dem alten Kontinent. Europa, so Bass, sei nicht Investitionsziel, sondern wirtschaftspolitischer Irrgarten, der Kapital vernichte, anstatt es zu schaffen.

Ein Kontinent im Ruhestand

„Europa ist eine wachstumshemmende, antikapitalistische, steuerfreundliche und überregulierte Ansammlung gescheiterter Volkswirtschaften“, schrieb Bass auf der Plattform X. In einem Satz reißt er das Fundament der europäischen Selbstwahrnehmung ein – von nachhaltiger Transformation und sozialem Ausgleich bleibt in seiner Analyse nichts übrig. Europa, so der Amerikaner, sei nichts weiter als das Altersheim der globalen Ökonomie.

Er verweist auf die Performance des Euro Stoxx 50 – der Leitindex europäischer Blue-Chip-Unternehmen: In 20 Jahren lediglich 1,86 Prozent jährliche Rendite. Im gleichen Zeitraum schaffte der amerikanische S&P 500 satte 540 Prozent Gesamtrendite – rund 10 Prozent pro Jahr. Der Unterschied ist nicht nur statistisch, er ist systemisch.

Kapitalflucht nach Europa – eine trügerische Illusion

Ironischerweise fließt derzeit dennoch Kapital in europäischen Märkte – ein Reflex auf die Unsicherheit in den USA, ausgelöst durch politische Instabilität, bevorstehende Wahlen und Handelsrisiken. Laut „The Telegraph“ wanderten allein seit Jahresbeginn über 10 Milliarden US-Dollar in ETFs mit europäischem Fokus. Für Bass ein gefährlicher Irrtum: Investoren verwechseln kurzfristige politische Nervosität mit langfristiger ökonomischer Substanz.

Denn was Europa für manche zur „sicheren Hafenregion“ macht – überbordende Regulierung, steuerfinanzierte Stabilität und Bürokratie – ist aus Sicht des freien Kapitals ein Investment-Giftcocktail. Europa könne „großartig sein“, schreibt Bass – sei es aber nicht. Ein nüchternes Urteil über einen Kontinent, der sich an moralischen Maßstäben misst, aber wirtschaftlich kaum vorankommt.

US-Binnenmigration als Indikator des Wohlstandsgefälles

Bass’ jüngste Investitionen zeigen, wohin das Kapital fließt: Texas, Florida, Tennessee – republikanisch regierte Bundesstaaten mit niedrigen Steuern, hoher wirtschaftlicher Dynamik und wachsender Bevölkerung. Während Kalifornien, Illinois oder New York an überhöhten Abgaben und Regulierung ersticken, boomen die „roten Staaten“. Diese Binnenwanderung innerhalb der USA ist ein Frühindikator – und ein klarer Fingerzeig für Investoren weltweit: Kapital flieht dort, wo Politik Wohlstand bestraft.

Handelskrieg statt Friedensdividende

In einem Interview mit CNBC erklärte Bass kürzlich, dass die USA einen neuen Handelskurs einschlagen müssten – selbst auf die Gefahr einer kurzfristigen Rezession hin. In jedem Handelskrieg, so Bass, würden die USA „Schlag für Schlag gewinnen“. Eine klare Botschaft: Protektionismus ist kein Rückschritt, sondern in seiner Sicht eine nationale Notwendigkeit.

Fazit: Europa wird schön geredet – nicht profitabel gemacht

Kyle Bass sagt laut, was viele Investoren längst denken, aber kaum öffentlich äußern: Europa verliert wirtschaftlich den Anschluss. Die Ursachen sind strukturell – und nicht mit PR-Kampagnen oder Greenwashing zu übertünchen. Wer sich von Europa Wachstum und Rendite verspricht, läuft Gefahr, sich in einem ideologisierten Investitionsumfeld wiederzufinden, das Ertrag und Effizienz längst geopfert hat.

In einer Welt, in der Kapital dorthin fließt, wo es arbeiten darf, ist Europa für Bass nur noch eines: ein schöner Ort zum Altwerden – aber kein Ort mehr für Zukunft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....