Politik

Südeuropa: Zu viel Deutschland in der EU führt ins Verderben

Die Bürger im Süden Europas nehmen Deutschland innerhalb der EU als zu dominant wahr. Der von Berlin geforderte strenge Sparkurs wird abgelehnt, denn er schade der Wirtschaft ihrer Länder.
24.06.2013 08:40
Lesezeit: 2 min

Immer mehr Europäer kritisieren, dass Deutschland in der EU zu dominant sei. Vor allem Spanier und Italiener lehnen die von Deutschland ausgehenden Forderungen nach fiskalischer Strenge im Kampf gegen die Eurokrise ab. Auch in Großbritannien und Frankreich sagen mehr als die Hälfte der Bürger, dass mehr deutscher Einfluss in der EU zu ihrem Nachteil wäre.

So sagen 88 Prozent der Spanier und 82 Prozent der Italiener, dass Deutschlands Einfluss in der EU zu stark geworden sei. Ende 2011 sagten dies nur 67 beziehungsweise 53 Prozent. Auch mehr als die Hälfte der Franzosen (56 Prozent) vertritt diese Ansicht, so eine Umfrage von Harris für die FT.

Die Umfrage bestätigt zwei Trends in der EU, die im Verlauf der Eurokrise immer offensichtlicher geworden sind. Deutschlands steigenden Status als herausragendes EU-Mitglied und eine wachsende Kluft zwischen den geplagten Südländern und den reicheren Staaten im Norden, die einer Reihe von Bailouts garantiert haben.

Diese wachsende Kluft wird auch in den aktuellen Verhandlungen über ein gemeinsames System zur Bankenrettung deutlich. Während die Südeuropäer wollen, dass die europäischen Steuerzahler die Banken retten, sind die Nordeuropäer dafür, dass auch die Kontoinhaber an Bankenrettungen beteiligt werden (mehr hier).

Mehr als drei Viertel der Spanier sagen, eine zunehmend deutsche EU wäre schlecht für Spanien, so die Harris-Umfrage. Auch 70 Prozent der Italiener und Briten teilen diese Ansicht. Zudem sagen 73 Prozent der Spanier und 56 Prozent der Italiener, dass Deutschlands Weg falsch sei, ihnen harte Sparmaßnahmen aufzuzwingen, wenn die Wirtschaft kaum wachse.

In einem anderen Punkt stimmen viele Südeuropäer mit Berlin überein, dass nämlich die wichtigste Antwort der Südländer auf die wirtschaftliche Krise in einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit liegen müsse. Dem stimmen immerhin 38 Prozent der Spanier, 41 Prozent der Italiener und 44 Prozent der Franzosen zu.

In ihrem eigenen Land wurde Kanzlerin Angela Merkel allerdings deutlich besser beurteilt. Circa 40 Prozent der Deutschen sagen, Merkel mache einen guten Job. In Frankreich und Großbritannien sind nur jeweils 13 Prozent der Bürger mit der Arbeit ihrer Führer François Hollande beziehungsweise David Cameron zufrieden. Bei den Spaniern sagen sogar fast drei Viertel, dass ihr Premier Mariano Rajoy schlechte Arbeit leiste.

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass die Bürger in der gesamten EU die Abgabe von immer mehr Kompetenzen nach Brüssel ablehnen, die nationalen Haushalte zu beaufsichtigen. Zwei Drittel der Briten sagten, ihr Land solle nicht noch mehr Macht an Brüssel über das britische Budget abgeben. In Frankreich sagten dies 58 Prozent. Am stärksten war der Widerstand in Deutschland: Hier sagten 69 Prozent der Bürger, die EU solle sich weniger in die nationalen Haushalte einmischen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Datenerpressung statt Freihandel: China nutzt seltene Erden als Waffe
13.06.2025

China verlangt sensible Betriebsgeheimnisse, bevor es seltene Erden exportiert – ein klarer Machtzug im Handelskrieg. Der Westen liefert,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
13.06.2025

Auf deutschen Bankkonten schlummern Milliarden Euro, die anscheinend niemandem gehören. Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse...

DWN
Panorama
Panorama Flugzeugabsturz in Indien: Was passierte bei Flug AI171?
13.06.2025

Mehr als 240 Menschen starben bei einem verheerenden Flugzeugabsturz in Indien. Premierminister Narendra Modi besuchte den einzigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüsseler Kompromiss: EU führt Handelsquoten für Ukraine wieder ein – Litauen hofft auf Preisstabilisierung
13.06.2025

Handelsstreit mit Folgen: Die EU führt wieder Quoten für ukrainische Agrarimporte ein. Litauen atmet auf, Kiew warnt vor...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Der Microlino: Wie ein Schweizer Tüftler dem SUV-Wahnsinn trotzt
13.06.2025

SUVs dominieren unsere Straßen – größer, schwerer, ineffizienter. Doch ein Schweizer Tüftler stellt sich gegen diesen Trend: Wim...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wenn der Chef den Hund mitbringt: Sind Haustiere im Büro eine Revolution im Büroalltag?
13.06.2025

Ein Hund im Büro bringt gute Laune, sorgt für Entspannung und fördert das Teamgefühl – doch nicht alle sind begeistert. Warum...

DWN
Politik
Politik EU-Sanktionen wegen Russland-Handel: Brüssel zielt nun auch auf Chinas Banken
13.06.2025

Die EU plant erstmals Sanktionen gegen chinesische Banken wegen Unterstützung Russlands durch Kryptowährungen. Peking reagiert empört...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Kurse unter Druck: Markt reagiert panisch auf Nahost-Eskalation
13.06.2025

Explodierende Spannungen im Nahen Osten bringen den Kryptomarkt ins Wanken. Bitcoin fällt, Ether bricht ein – Anleger flüchten panisch...