Politik

Rechnungshof: EU hat 450 Millionen Euro verschwendet

Der Europäische Rechnungshof hat das EU-Programm zur Verlagerung des Güterverkehrs auf Schiene und Schifffahrt als wirkungslos angekanzelt. Das Geld wurde unter anderem dafür verwendet, Mineralwasser-Flaschen von Frankreich nach Deutschland zu schaffen.
17.07.2013 02:29
Lesezeit: 2 min

Nach der Kritik an den geförderten Straßenbau-Projekten stellt der Europäische Rechnungshof in einem weiteren Förder-Programm der EU ein vernichtendes Zeugnis aus. Bei Marco Polo, einem Projekt, das die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und die Binnen- sowie Se­­eschifffahrt fördern sollte, wurden faktisch sämtliche Gelder sinnlos verschwendet.

Der Rechnungshof fordert dringend die Einstellung des Projekts.

Zwischen 2003 und 2006 lief in diesem Zusammenhang das Marco Polo I, das über Finanzmittel in Höhe von 102 Millionen Euro verfügte. Und für den Zeitraum zwischen 2007 und 2013 wurde Marco Polo II mit 450 Millionen Euro ausgestattet. Durch die geförderten Projekte sollte die Umweltfreundlichkeit des Güterverkehrs verbessert, der Straßengüterverkehr vermindert und die Verkehrssicherheit erhöht werden. Doch das Urteil des Rechnungshofes ist eindeutig:

„Während sich die laufende Verwaltung der Programme nach und nach verbesserte, nahm die Kommission keine ausreichende Analyse der Markterfordernisse vor, um zu beurteilen, inwieweit die politischen Ziele erreicht werden könnten, und Abhilfemaßnahmen hätten früher getroffen werden können. Erhebliche Schwachstellen in den Programmen bestehen jedenfalls noch immer. (…) Im Zeitraum 2007-2010 erreichte MP II nur 23,9 % der vereinbarten Verkehrsverlagerung.“

Außerdem kritisierte der Rechnungshof die mangelnde Nachhaltigkeit der geförderten Projekte und auch das zu geringe Interesse an den Fördergeldern überhaupt: Von Marco Polo I wurden nur 41,8 Millionen Euro ausgezahlt und von Marco Polo II bis Ende 2012 nur 77,8 Millionen Euro (25 % des verfügbaren Budgets).

Hoch war dem Rechnungshof zufolge aber auch der Verwaltungsaufwand an sich und die dadurch anfallenden Kosten:

„Auf der Grundlage der Reisekosten der von den Konsortiumsmitgliedern bereitgestellten Mitarbeiter, der Beratungskosten und der Kosten der von den Begünstigten eingesetzten Mannmonate beliefen sich die Durchschnittskosten der Ausarbeitung eines Antrags bei den 16 geprüften Begünstigten auf 105.000 Euro.“

 Ein Vergleich zwischen den „gesetzten Zielen und den gemeldeten Programmergebnissen zeigt, dass die Leistungen durchgängig erheblich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind“, so der Bericht des Rechnungshofs. Aus diesem Grund fordert der Rechnungshof nun, Marco Polo II einzustellen. „Künftig sollte eine solche Förderung von einer zunächst vorgenommenen Folgenabschätzung abhängig gemacht werden, aus der hervorgeht, ob und inwieweit ein EU-Mehrwert entsteht.“

Unter den durch den Rechnungshof überprüften Marco Polo-Programmen betrafen vier Deutschland: DUE LOKOMOTION, BASS, NEPOL EXPRESS, VIKING RAIL. Aber beispielsweise auch das französische Projekt Sirius 1 steht im Zusammenhang mit Deutschland. Dabei handelt es sich um ein Schienenverkehrsprojekt zur Beförderung von natürlichem Mineralwasser von der Produktionsanlage in Frankreich zu verschiedenen Logistikplattformen in Deutschland.

Ziel war die Verbesserung des Kundenservice, eine Steigerung in der Kapazität und Unterstützung bei dem Ziel, „das sich das Unternehmen für seinen CO2-Fußabdruck gesetzt hatte“, so der Rechnungshof. Informationen über die Nachhaltigkeit dieses Projekts gibt der Rechnungshof in seinem Bericht jedoch nicht. Generell wird keine konkrete Kritik an den jeweiligen, geförderten Projekten zur Verfügung gestellt.

Erst am Montag hatte der Europäische Rechnungshof die von der EU geförderten Straßenbauprojekte bemängelt. 65 Milliarden EU-Euro waren in diesem Zusammenhang verschwendet worden (hier).

Damit kommt der Rechnungshof auf die Zwischensumme von 66 Milliarden Euro, die zum  Fenster hinausgeworfen wurden. Wenn man bedenkt, wie lange die Europäer arbeiten müssen, damit sie diesen gigantischen Betrag in die Staatskasse wirtschaften können, dann möchte man den Geldverteilern in Brüssel und ihren willigen Helfern in den Nationalstaaten anordnen, höchstpersönlich das Mineralwasser von Frankreich nach Deutschland zu tragen - und  zwar jede Flasche einzeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...