Fed-Vizechefin Janet Yellen ist offiziell zur Präsidentin der mächtigsten Notenbank der Welt gekürt worden. Der US-Senat stimmte am Montag der Ernennung Yellens zur Nachfolgerin des Ende Januar aus dem Amt scheidenden Zentralbankchefs Ben Bernanke zu. Damit ist der Weg frei für die erste Frau an der Spitze der Fed in deren 100-jähriger Geschichte.
Yellen war von US-Präsident Barack Obama für den Posten vorgeschlagen worden. Die Ökonomin und Arbeitsmarktexpertin, die vor ihrem Wechsel in die Hauptstadt die Fed von San Francisco leitete, steht für einen lockeren geldpolitischen Kurs. Die US-Notenbank hat jüngst entschieden, ihre Geldspritzen zu drosseln und reagiert damit auf die aufgehellte Lage am Arbeitsmarkt. Die Quote war im November auf sieben Prozent gefallen - das niedrigste Niveau seit fünf Jahren. Bernanke hat den Kurs nach eigenem Bekunden eng mit Yellen abgesprochen. Dies gilt auch für das Versprechen, den Leitzins auch bei einem Absinken der Arbeitslosenrate auf 6,5 Prozent noch geraume Zeit bei faktisch null Prozent zu belassen.
Kritiker nennen Yellens geldpolitische Position zu weich: Sie fürchten, dass die neue Steuerfrau der Fed mit der Geldflut neue Blasen an den Märkten heraufbeschwören und die Zinsen zu spät anheben wird. Sollte es so kommen, drohen eine neue Finanzkrise und womöglich noch gravierendere Erschütterungen als das Beben der jüngsten Jahre. Nach der Entscheidung von Mitte Dezember, den Stimulus für die Wirtschaft in den kommenden Monaten langsam zurückzufahren, wird man sehen müssen, wie weich Yellen wirklich ist und ob sie bei Bedarf Kante zeigt.
Die frühere Professorin an der Elite-Universität Berkeley ist eine Arbeitsmarktexpertin. Damit ist die 67-Jährige geradezu prädestiniert für die wichtige Aufgabe an der Spitze der Notenbank, die sich Vollbeschäftigung in den von einer Jobmisere geplagten USA zum Ziel genommen hat. Allerdings wird ihr kein besonders enger Draht zum Weißen Haus nachgesagt. Dabei hat die frühere Präsidentin der Federal Reserve von San Francisco im linken Flügel von Obamas demokratischer Partei zahlreiche Fans: Die Nummer drei der ranghöchsten Demokraten im Senat, Charles Schumer, hatte Obama vor der Nominierung Yellens öffentlich aufgefordert, sie zur Präsidentin zu befördern.
Yellen war in den 90er Jahren Wirtschaftsberaterin von US-Präsident Bill Clinton, bevor sie zur Fed zurückkehrte und dort 2010 zur Fed-Vizepräsidentin aufstieg. Dabei sorgte sie geräuschlos dafür, dass sich die 100 Jahre alte Institution wandelte - etwa mit einer neuen Kommunikationsstrategie. Der Fed-Chef erläutert inzwischen mehrmals jährlich die Beschlüsse vor der Presse, die sich zuvor mit einem dürren Begleittext zufriedengeben musste.
Yellen hat sie in ihrer langjährigen Laufbahn alle Beschlüsse der Fed-Führung mitgetragen. Selbst als Bernanke ihr im vergangenen Jahr mit seiner Absage für die Konferenz von Jackson Hole die Tür für einen großen Auftritt öffnete, begnügte sie sich bei dem als "Davos in den Rocky Mountains" bekannten Treffen mit einer Moderatorenrolle. Dabei wirkte sie hinter den Kulissen umso aktiver.
Yellen wird zugeschrieben, in der Notenbank ein festes Inflationsziel durchgesetzt zu haben. Dabei gilt sie als Verfechterin einer geldpolitischen Linie, die ein Durchbrechen der angepeilten Inflationsmarke von zwei Prozent durchaus in Kauf nimmt, wenn dafür im Gegenzug Fortschritte beim Abbau der Arbeitslosigkeit winken. Wer solche Positionen einnimmt, wird im Fachjargon der Notenbankerwelt gern als "Taube" bezeichnet, die sich von stark an Preiswertstabilität orientierten "Falken" unterscheidet.
Bernanke hat mit seiner Krisenpolitik des ultrabilligen Geldes seiner Nachfolgerin ein schwieriges Erbe hinterlassen: Sie muss den Kurs für den Ausstieg aus der Ära des billigen Geldes abstecken - und dies den Märkten glaubhaft vermitteln. Auch wenn Yellen als Liebling der Börsen gilt, weist die Vita der mit Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof verheirateten Ökonomin keine beruflichen Stationen an der Wall Street auf. Als Studentin in Yale stand sie einst im Ruf, die Vorlesungen von James Tobin besonders eifrig zu protokollieren. Der gilt als geistiger Vater der Börsensteuer.