Zum Schutz von Urheberrechten im Internet nimmt der Europäische Gerichtshof (EuGH) Kabelnetzbetreiber und Telekom-Firmen in die Pflicht. Das höchste EU-Gericht urteilte am Donnerstag, dass Netzanbieter dazu verdonnert werden können, den Zugang zu Internetseiten mit illegalem Inhalt zu sperren. Damit gaben die Richter dem Constantin Film Verleih und der Wega Filmproduktionsgesellschaft Recht, die vom österreichischen Kabelbetreiber UPC Telekabel Wien eine Blockade der Internetseite kino.to verlangt hatte. Die Website habe den illegalen Download von Kinofilmen wie "Wickie und die starken Männer" oder "Das weiße Band" ermöglicht.
UPC Telekabel hatte dagegen argumentiert, keine Geschäftsbeziehung zu den Betreibern von kino.to zu unterhalten und deshalb kein Vermittler von deren Diensten zu sein. Außerdem gebe es keine Beweise für ein rechtswidriges Verhalten der eigenen Kunden. Mögliche Sperren könnten zudem umgangen werden und seien darüber hinaus sehr kostspielig.
Nach Ansicht des EuGH sind UPC Telekabel und andere Telekom-Anbieter aber sehr wohl Vermittler, deren Dienste zur Verletzung des Urheberrechts genutzt werden können. Die entsprechende EU-Richtlinie verlange, dass gegen mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht bereits im Voraus vorgegangen werden müsse.
Die Internet Service Provider Österreichs (ISPA) üben heftige Kritik an dem EuGH-Urteil. Aus ihrer Sicht haben die "Verwertungsgesellschaften die Meinungsfreiheit im Internet niedergerungen, was als Rückschritt und große Gefahr für die weitere Entwicklung des Internets speziell in Österreich gesehen wird". In anderen Ländern dürfte die Lage ähnlich sein, wenn man der Argumentation der ISPA folgt:
„Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Recep Tayyip Erdogan weltweit für einen Aufschrei der Empörung sorgte. Dieser ließ in der in der Türkei den Zugang zur beliebten Social Media Plattform Twitter sperren. Die Kritik an dieser demokratiepolitisch bedenklichen Maßnahme war auch in der EU nicht zu überhören. Eine derartige Sperre wäre nach dem EuGH-Urteil theoretisch nun auch in Österreich möglich: ,An sich ist auch Twitter nur eine Website und es braucht im Prinzip nur jemanden, der findet, dass dieser Nachrichtendienst dazu genutzt wird, urheberrechtlich geschütztes Material zu verteilen‘, skizziert Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA ein Worst-Case-Szenario. Derartige Bedenken werden von den Verwertungsgesellschaften und sonstigen Vertretern der wirtschaftlichen Interessen der Kunstschaffenden als völlig unrealistisch abgetan, geht es nach deren Ansicht ja lediglich um eine eher geringe Anzahl von Seiten, denen jetzt eine Sperre droht.“
Mit diesem Urteil werden die Telekoms und die Kabelbtreiber zu reinen Exekutoren jedweder Denunziation im Internet. Mittels entsprechender Gesetze können sie zu Sittenwächtern werden, was das Ende der Netzneutralität bedeuten würde. Die oft staatlichen Telekoms sind nun berechtigt, jeden Inhalt zu sperren, der ein staatliches Gesetz verletzt.
Denn das Diskussionen über das Urheberrecht und illegale Dowloads sind, wie der Kampf gegen Pornografie und Terror, meist nur der erste Schritt, der in einer zunehmend repressiven Gesellschaft zur Einschränkung der Meinungsfreiheit verwendet wird. Gerade kritische Websites sind den Regierenden zunehmend ein Dorn im Auge. In der Türkei wie in Russland werden daher in politisch gefährlichen Momenten mittlerweile Websites geradezu nach Belieben blockiert.
In Großbritannien gilt diese Zensur bereits seit Anfang des Jahres, allerdings dahingehend, dass man für sich für bestimmte Seiten aktiv entscheiden muss.
Wenn nun im Zuge der zunehmenden Repression der Staaten eine Regierung beschließt, dass bestimmte kritische Wortmeldungen unter "Terror" fallen, dann kann die Telekom jede kritische Website abdrehen.
Die EU hat in diesem Zusammenhang in den vergangenen Monaten erste Vorbereitungen getroffen, wie die FAZ berichtete. Mit China möchte die EU in diesem Zusammenhang allerdings nicht verglichen werden.