Politik

Schweiz: Neue Jobs entstehen nur im Staats-Sektor

Die Schweiz verdankt ihre niedrige Arbeitslosenquote der Ausdehnung des Wohlfahrtsstaates. In den letzten 20 Jahren wurden die meisten neuen Jobs im Gesundheits- Bildungs- und Sozialsystem geschaffen. Die wertschöpfende Privatwirtschaft lagert dagegen immer mehr Abreitsplätze aus.
19.04.2014 00:52
Lesezeit: 1 min

Die Schweiz hat sich als eines der wenigen europäischen Länder schnell von der Finanzkrise von 2008 erholt. Der kurzseitige Einbruch der Arbeitslosenquote wurde schnell durch die Schaffung neuer Stellen aufgefangen. Wirtschaftsdaten der Großbank UBS deuten jedoch daraufhin, dass neue Jobs vor allem im öffentlkichen Sektor geschaffen wurden, während sich der Stellenabbau in der Privatwirtschaft weiter fortsetzt.

Das „Wirtschafts- und Beschäftigungswunder“ der Schweiz beruhe in Wahrheit vor allem auf neuen Jobs im Staatsbetrieb, wie die Berner Zeitung feststellt. Die sich ausdehnende Bürokratie im Verwaltungsbereich sowie neue Stellen im  Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen haben die Arbeitslosenquote gesenkt. Insgesamt sind in diesen Bereich seit 1992 rund 270.000 Vollzeitstellen geschaffen worden, wie aus Daten der Schweizer Großbank UBS hervorgeht.

In der Schweizer Privatwirtschaft hingegen findet ein ungehinderter Stellenabbau statt. Seit 1992 sind in der Industrie beispielsweise etwa 140.000 Vollzeitstellen dauerhaft verloren gegangen. Auch der Handel und die Gastronomie verzeichneten „substanzielle Rückgänge“, wie die UBS ermittelte.

Der Stellenabbau in der Industrie ist vor allem der Auslagerung geschuldet. Für die Unternehmen wurde die Schweiz als Industriestandort aufgrund hoher Lohnkosten zunehmend unattraktiv im internationalen Vergleich. Teilweise kompensiert wurde der Abbau durch die Schaffung neuer Stellen im Bereich der Informationstechnologie (IT).

Dennoch finde in der Schweiz ein Trend „weg von den wertschöpfungsintensiven Wirtschaftszweigen und hin zu den wohlfahrtssteigernden Bereichen“ statt, wie der Chefökonom der UBS feststellt.

Wir müssen zuerst Wertschöpfung generieren, bevor wir in die eigene Wohlfahrt investieren können“, zitiert die Berner Zeitung den UBS-Chefökonom Daniel Kalt.

Dem Schweizer Arbeitsmarkt stehen schwere Zeiten bevor, so Kalt weiter. Ein Teil des Schweizer Aufschwungs nach 2008 sei der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zu verdanken gewesen. Dieser habe den privaten Konsum und den Wohnungsbau angetrieben. Wie sich die Begrenzung der Zuwanderung auf die Schweizer Wirtschaft auswirke, sei dabei noch nicht abzusehen, so der UBS-Ökonom.

Darüber hinaus werden rund eine Million Schweizer in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen, während nur rund 500.000 neue Arbeitskräfte nachrücken. Deshalb müsse die Schweiz über eine „Flexibilisierung des Renteneintrittsalters“ nachdenken. Die UBS schlägt dabei Schweden als Vorbild vor: Die Beschäftigten sollten selbst entscheiden, wann sie in Rente gehen und dementsprechend höhere Bezüge erhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Nebius-Aktie mit Kurssprung: Milliardendeal mit Microsoft treibt Nebius-Aktie in die Höhe
09.09.2025

Ein Milliardenauftrag von Microsoft katapultiert die Nebius-Aktie nach oben – doch hinter dem Kurssprung steckt mehr als ein einmaliges...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis klettert weiter: Spekulationen auf Fed-Zinssenkung treiben Kurs auf Höchststand
09.09.2025

Der Goldpreis setzt seinen Aufwärtstrend fort und erreicht am Dienstag den dritten Höchststand in Folge. Treibende Kraft sind Erwartungen...

DWN
Politik
Politik Enthüllt? Demokraten zeigen Trumps brisanten Brief an Epstein
09.09.2025

Mitten im politischen Wettkampf der USA sorgt ein altes Schreiben für Aufsehen: Die Demokraten veröffentlichten einen angeblichen...

DWN
Politik
Politik Regierungsbeben in Frankreich: Politische Blockade, soziale Not und Druck aus Europa
09.09.2025

Frankreich steckt nach dem Sturz der Regierung in einer tiefen Krise. In der Nationalversammlung blockieren sich die politischen Lager...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zweitwichtigste Weltwährung: Euro-Kurs trotzt Trump-Chaos und Krypto-Risiken
09.09.2025

Der Euro behauptet seine Rolle als zweitwichtigste Weltwährung. Doch wachsende Risiken, Trumps Dollar-Chaos und die Konkurrenz durch...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie: Volkswagens Namenschaos – Rettung oder letzter Trick im Poker um Elektroautos?
09.09.2025

Volkswagen verabschiedet sich vom bisherigen Namensschema seiner Modellreihen. Künftig sollen neue Elektroautos klassische...

DWN
Politik
Politik Frankreich: Regierung von Premier François Bayrou scheitert bei Vertrauensfrage
08.09.2025

Frankreichs Regierung unter Premier François Bayrou ist an der Vertrauensfrage gescheitert. Ein krachendes Votum zwingt Präsident...

DWN
Politik
Politik Höhere Beitragsbemessungsgrenzen: Sozialbeiträge werden für Beschäftigte 2026 spürbar steigen
08.09.2025

Die schwarzrote Koalition will die Beitragsbemessungsgrenzen für Rente, Pflege und Krankenversicherung anheben – mit der Begründung,...