Politik

EU-Parlament: Grüne wollen Grillos Fünf-Sterne-Bewegung spalten

Lesezeit: 2 min
07.06.2014 01:09
Die Grünen wollen nach ihrem schwachen Abschneiden bei der EU-Wahl ein wenig Macht auf anderem Wege ergattern: Sie umwerben die Abgeordneten von Beppe Grillo - mit dem Hintergedanken, die M5S-Bewegung zu spalten. Die Grünen erkennen plötzlich Ähnlichkeiten bei jenen, die sie sonst als „Populisten“ beschimpfen.
EU-Parlament: Grüne wollen Grillos Fünf-Sterne-Bewegung spalten

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Grünen haben einen Antrag der Fünf-Sterne-Bewegung auf Gruppenmitgliedschaft formal abgelehnt. Doch bei den Grünen formiert sich eine Gruppe, die die 17 M5S-Mandatare aufnehmen will - um sie gleichzeitig von ihrem Parteichef Beppe Grillo zu isolieren.

Grillo hatte in der vergangenen Woche Sondierungsgespräche mit dem UKIP-Vorsitzenden Nigel Farage über eine Mitarbeit der M5S-Europaabgeordneten in Farages 2009 gegründeter Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“ (EFD) geführt (mehr hier). Grünen-Fraktionschefin Rebecca Harms hat daraufhin parallele Verhandlungen mit Grillo und seinen Abgeordneten ausgeschlossen. „Die Verhandlungen mit Farage signalisieren, dass sie [M5S] eine völlig andere Agenda als wir haben“, so die Politikerin zum EUobserver.

Dennoch scheinen für Grillo derzeit nicht alle Türen geschlossen. Einige Grüne wollen offenbar Mitglieder aus den Reihen der M5S für sich gewinnen. Unter ihnen befindet sich auch die französische Politikerin Michèle Rivasi. In einer Email an den Grünen-Generalsekretär vom Donnerstag spricht Rivasi davon, nicht die Möglichkeit einbüßen zu wollen, „eine der wichtigsten Gruppen im Europäischen Parlament“ zu bleiben. In ihrem Schreiben empfiehlt sie, „konstruktive Signale an die Leute von M5S zu senden“. Das Ziel: Sie sollen sich vom „populistischen und anti-europäischen Drift ihres Führers“ abwenden.

In ihrer Email weist Rivasi außerdem darauf hin, dass einige der 17 Grillo-Abgeordneten eine politische Agenda vertreten würden, die sehr eng an die Grünen angelehnt sei. „Wir müssen ihnen helfen, Grillos Ablehnung von Europa zu entlarven. Und wir müssen ihnen helfen, dass sie nicht der EFD (oder vielleicht der ECR) beitreten, wie es Grillo versucht.“

Jene positiven Signale in Richtung M5S haben jedoch zu Irritationen in anderen Teilen der Grünen-Gruppe geführt. Die Gegner solcher Bestrebungen wollen nichts mit einer Partei zu tun haben, die einer euroskeptischen Fraktion beitreten möchte. Zu einer inoffiziellen oder gar offiziellen Kontaktaufnahme zu Leuten aus der M5S soll es nach Rebecca Harms Kenntnisstand bisher jedenfalls nicht gekommen sein. Ihr zufolge mögen einige aus Grillos Partei zwar ähnliche Ideen in puncto Umwelt und sozialer Fragen haben. Über die Integration der Europäischen Union herrschten aber unterschiedliche Ansichten.

Dass sich Grillo den Grünen zuwenden wollte, sei keine Überraschung gewesen, so EFD-Sprecher Hermann Kelly. Darüber habe man bereits Kenntnis gehabt. Derzeit ist der Fortbestand der EFD-Fraktion gefährdet. Denn: Eine EP-Gruppe muss mindestens sieben Mitgliedstaaten vertreten und aus mindestens 25 Abgeordneten bestehen. Aber sowohl die italienische Lega Nord, die „Wahren Finnen“ als auch Morten Messerschmidts „Dansk Folkeparti“ haben sich abgewandt oder dieses bereits angekündigt.

Mit 38 Abgeordneten ist die EFD derzeit die kleinste Fraktion des Europäischen Parlaments. Diese zeigt sich jedoch zuversichtlich, in Kürze auf 50 bis 55 Mitglieder anzuwachsen. Mögliche weitere Partner wären im Augenblick die Litauische „Tvarka ir teisingumas“ (TT) mit zwei Abgeordneten und die tschechische „Strana svobodných občanů“ (SSO) mit einem Abgeordneten.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...