Die Aussicht auf eine vorerst anhaltende Phase ultraniedriger Zinsen in den USA hat den Dax wieder über die 10.000-Punkte-Markte geschoben. Er kletterte im Feiertagshandel an Fronleichnam um 0,9 Prozent auf 10.022 Zähler und lag damit nur elf Punkte unter seinem Rekordhoch aus der vergangenen Woche. Da das billige Geld irgendwo angelegt werden müsse, seien Aktien weiterhin quasi alternativlos, sagte Jens Klatt vom Brokerhaus FXCM. Der Eurostoxx50 gewann am Donnerstag 0,9 Prozent.
Die US-Notenbank Fed hatte den Leitzins zuvor bei null bis 0,25 Prozent belassen (mehr hier). Nur ein Zentralbanker will ihn noch dieses Jahr erhöhen, zwölf Kollegen 2015 und drei weitere wollen damit bis 2016 warten. Einige Anleger hatten nach dem jüngsten Anstieg der US-Inflation Hinweise auf eine vorzeitige Anhebung der Zinsen in den USA erwartet.
Positiv werteten Investoren zudem die Aussagen der Fed zur amerikanischen Konjunktur. Zwar machte die US-Notenbank bei ihren Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung leichte Abstriche. An den Schätzungen für die kommenden Jahre hielten die Zentralbanker jedoch fest. Die monatlichen Anleihekäufe kappte die Fed um zehn auf nun nur noch 35 Milliarden Dollar. Der S&P-500 schloss nach dem Entscheid auf einem Rekordkurs von 1956 Zählern.
Das Nachsehen hatte die US-Währung, die unter der Aussicht auf die vorerst weiter niedrigen Zinsen litt. Der Euro stieg in der Spitze auf 1,3643 Dollar und war damit so teuer wie seit Anfang Juni nicht mehr.
Bei den Einzelwerten waren im Dax keine eindeutigen Gewinner auszumachen. Wegen des Feiertags sei der Handel mehr zufalls- als nachrichtengetrieben, sagte ein Händler. E.ON, RWE und ThyssenKrupp hielten sich bis zum späten Vormittag auf den ersten drei Plätzen und notierten zwischen 1,7 und 1,4 Prozent fester. Einziger Verlierer waren die Titel der Lufthansa, die sich um 0,2 Prozent auf 15,90 Euro verbilligten. Die UBS hat das Kursziel für die Aktie auf 18 von 22,50 Euro herabgesetzt.
Im TecDax setzten sich Evotec mit einem Plus von mehr als drei Prozent an die Spitze des Technologie-Index. Das Unternehmen hat Forschungsfortschritte in einer Kooperation mit Boehringer Ingelheim erzielt und dafür eine Meilensteinzahlung erhalten.
Bei Qiagen wirkte sich die Zulassung eines Diagnosetests durch die US-Gesundheitsbehörde FDA positiv aus - die Aktien der Biotechfirma stiegen um 1,3 Prozent.
Am Ölmarkt blieben die anhaltenden Kämpfe im Irak großes Gesprächsthema. Die Furcht vor Versorgungsengpässen trieb die Preise weiter nach oben - Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit bis zu 114,80 Dollar je Barrel (159 Liter) so viel wie seit Anfang September vergangenen Jahres nicht mehr. Der Preis für US-Leichtöl der Sorte WTI stieg in der Spitze um 0,6 Prozent auf 106,63 Dollar je Fass.
Die radikale Sunniten-Gruppe Isis hatte ihren Vormarsch im Irak fortgesetzt und die wichtigste Ölraffinerie des Landes größtenteils unter ihre Kontrolle gebracht (hier). Der Konflikt droht sich zudem zu einer Konfrontation zwischen den regionalen Großmächten Iran und Saudi-Arabien auszuweiten. „Der Ölmarkt bleibt in Hab-Acht-Stellung“, sagte Michael McCarthy, Chef-Stratege bei CMC Markets in Sydney. Alle schauten darauf, wie es im Irak weitergehe.