Politik

Im Visier der NSA: Europäische Zentralbank setzt auf US-Provider Verizon

Die Europäische Zentralbank (EZB) gehört zu den Kunden des US-Konzerns Verizon. Der stellt jedoch alle Telefondaten direkt dem Geheimdienst National Security Agency (NSA) zur Verfügung. Im Gegensatz zur Bundesregierung sieht die EZB keinen Grund, den Anbieter zu wechseln.
01.07.2014 00:25
Lesezeit: 1 min

Nicht nur im Berliner Regierungsviertel, auch in Frankfurt am Main ist der US-Konzern Verizon tätig. Die EZB nimmt bereits seit zehn Jahren Internetzugänge des Unternehmens in Anspruch. Verizon arbeitet eng mit den US-Geheimdiensten zusammen. Die EZB hält ihre Kommunikation dennoch für sicher.

Nach Erkenntnissen der Süddeutschen Zeitung ist die deutsche Tochter des amerikanischen Providers seit dem Jahr 2004 für einen Teil der IT-Infrastruktur bei der EZB verantwortlich. „Die Dienstleistung umfasst Datenverkehr wie E-Mails, aber keineTelefonate“, heißt es hierzu.

Welche Leistungen Verizon für die EZB erbringt, wird aus einer Bekanntmachung vergebener Aufträge vom Dezember 2012 ersichtlich. Demnach werden von Verizon folgende Dienstleistungen erbracht:

„- Bereitstellung eines Internet-Zugangsdienstes einschließlich der erforderlichen Infrastruktur für den Zugang im Gebiet Frankfurt-Rhein-Main,

- Erbringung verbundener Dienstleistungen, z. B. für DNS- und SMTP-Dienste,

- Erbringung von Präventions-/Mitigierungs-Sicherheitsdienstleistungen (saubere Leitung) für DDos und DoS wie Standarddienstleistungen, Anti-Malware-Lösungen, Anti-Spam-Lösungen und WAF-Servicemanagement.“

Die entsprechende Akte „Top Secret//SI//Noforn“ aus dem April 2013, ist bereits seit längerem bekannt (mehr hier) Am 26. Juni 2014 erklärte die Bundesregierung nun, künftig nicht mehr mit Verizon zusammenarbeiten zu wollen. Das Kommunikationsnetz soll von der Deutschen Telekom betrieben werden. Auch der Bundestag will nicht länger auf den US-Konzern bauen.

Verizon vernetzt für die Bundesverwaltung verschiedene Standorte. Einbezogen ist der Konzern auch in die Wartung der IT-Sicherheit. Bundesbehörden haben das Unternehmen in den vergangenen Jahren ebenfalls mit Netzaufträgen betraut.

Konsequenzen sollte nach Ansicht des grünen Europaparlamentariers Sven Giegold nun auch die EZB ziehen. Wenn der Verdacht bestünde, dass ein Unternehmen eng mit Geheimdiensten kooperiere, dann sollte man auf Distanz gehen, zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung. Dem Blatt zufolge erklärte die EZB hierzu jedoch: „Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass es im Internet keinen sicheren Übertragungsweg gibt, und senden deshalb keine vertraulichen Dokumente über das Internet.“ Ob man es der Bundesregierung und dem Bundestag gleichtun und sich einen neuen kontinentaleuropäischen Anbieter suche, dazu wolle sich die EZB bislang nicht äußern.

Verizon zufolge soll es 2013 keine Anfragen der amerikanischen Regierung gegeben haben, auf im Ausland gespeicherte Verizon-Kundendaten zuzugreifen. Solche Bestrebungen der US-Regierung würde man für gesetzwidrig halten.

Der US-Geheimdienst NSA hat außerdem direkten Zugriff auf die Systeme großer Internet-Plattformen wie Google, Facebook und Apple. Dadurch ist es den Behörden möglich, den Suchverlauf, die E-Mails, die Chats und andere Dokumente weltweit einzusehen. Einen Gerichtsbeschluss benötigt sie hierfür nicht (mehr hier).

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik IfW-Analyse: Europa verstärkt Ukraine-Hilfe deutlich
16.06.2025

Die europäische Ukraine-Hilfe hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen – doch nicht überall im gleichen Maß. Während die USA...

DWN
Politik
Politik Einbürgerungsantrag: Entscheidung dauert mitunter Jahre
16.06.2025

Die Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag kann lange dauern – warum profitieren bislang nur wenige von der verkürzten Frist? Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-Kurs legt kräftig zu: Woran das liegt und was Anleger jetzt wissen müssen
16.06.2025

Der Ripple-Kurs zeigt sich oft von seiner volatilen Seite. Doch zum Auftakt in die neue Handelswoche klettert der XRP-Coin kräftig –...

DWN
Politik
Politik SPD drängt auf gemeinsame Linie bei AfD-Verbotsverfahren
16.06.2025

Soll die AfD verboten werden? Während einige Bundespolitiker ein AfD-Verbotsverfahren fordern, mahnen andere zur Vorsicht. Im Raum steht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Blackstone setzt auf Europa – Anleger an der Wall Street uneins über US-Ausblick
16.06.2025

Das Vertrauen der Wall Street in Europa wächst weiter. Mit Blackstone signalisiert nun ein weiteres Schwergewicht der Finanzwelt seine...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel in Kanada: Zerrissene Wertegemeinschaft vor Bewährungsprobe
16.06.2025

Der G7-Gipfel in Kanada steht vor enormen Herausforderungen: Konflikte, Uneinigkeit und globale Krisen prägen das Treffen. Wie finden die...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzprofis zeigen: So bauen sich Studenten ihre Geldmaschine
16.06.2025

Sie zeigen jungen Anlegern, wie man es richtig macht: Zwei schwedische Börsenprofis legen Musterportfolios auf – und erklären, warum...

DWN
Panorama
Panorama Rundfunkbeitrag: Was sich ändert – und was passiert, wenn man nicht zahlt
16.06.2025

Der Rundfunkbeitrag sorgt regelmäßig für Ärger – sei es wegen der Pflichtzahlung oder neuer Regeln. Millionen Bürger sind betroffen,...