Trump spielt mit dem Feuer, doch die Märkte tun, als gäbe es keines
Die Finanzmärkte schenken Donald Trumps Entscheidung, seine selbst gesetzte Frist für den Abschluss von Handelsabkommen im laufenden Zollkonflikt um drei Wochen zu verschieben, kaum Beachtung. Investoren in Asien, Europa und den USA reagierten am Dienstag nur mit einem Achselzucken auf die Fristverlängerung des US-Präsidenten bis zum 1. August – obwohl Trump gleichzeitig Briefe an mehrere Länder verschickte, in denen er seine Absicht bekräftigte, drastische Zollaufschläge einzuführen. Das berichtet das Wirtschaftsportal Børsen.
„Seit dem ,liberation day‘ im April ist der Markt nahezu immun gegen Nachrichten im Zusammenhang mit Trumps Zollkrieg. Es herrscht der weitverbreitete Glaube, dass es letztlich zu Vereinbarungen kommt, die für alle Seiten tragbar sind“, sagt Lars Hytting, Anlagestratege bei Arthascope. „Der Markt hat ihm eine Art Zwangsjacke verpasst. Und falls nicht, wird der Markt ihn im August eben mit einem schwächeren Dollar, steigenden Zinsen und Kursverlusten bestrafen, wenn er es übertreibt“, so Hytting weiter. Im April hatte Trumps Umsetzung massiver Zollmauern nach monatelangen Drohungen Panik und starke Einbrüche an den Aktienmärkten ausgelöst. Diese Panik legte sich jedoch rasch wieder, als Trump erklärte, die Zollerhöhungen würden verschoben und eine neue Frist zur Einigung auf den 9. Juli gesetzt. Seither ist etwa der richtungsweisende US-Index S&P 500 um 25 Prozent gestiegen und erreichte Rekordhöhen. Auch an der Wall Street löste Trumps neuer Aufschub kaum Reaktionen aus – die Vorbörsen am Dienstag deuteten auf leicht positive Eröffnungen hin.
Potenziell fragile Zuversicht
Die stabile Marktentwicklung spiegelt das Vertrauen der Anleger in ein bekanntes Muster: Trump verschärft zunächst den Konflikt, um dann zurückzurudern – mit der Erwartung, dass etwaige Zölle am Ende ein global wirtschaftlich tragbares Niveau erreichen werden. Die Investoren richten sich damit stärker nach den Fakten als nach Trumps Drohkulisse. „Es wirkt wie Verhandlungstaktik aus dem Weißen Haus“, sagt Michael Brown, Seniorstratege bei der Handelsplattform Pepperstone Group in London gegenüber Bloomberg. Dass Investoren das Positive betonen – nämlich, dass es sich nur um Trumps Taktik handle –, könne jedoch zu einer Schwäche werden an einem Aktienmarkt auf Rekordniveau, so Brown weiter. „Je länger die politische Unsicherheit andauert, desto anfälliger wird die derzeitige Marktoptimismus“, erklärt er.
Eine gute Nachricht
Die Frage ist, ob dem Markt im August ein neuer Schock droht, sollte Trump seine Drohungen wahr machen. Bei der Vermögensverwaltungsgesellschaft Bankinvest verweist man darauf, dass für die vom Trump-Brief betroffenen Länder noch Zeit bleibe, bessere Lösungen auszuhandeln. Konkret schätzt Bankinvest, dass der effektive durchschnittliche US-Importzoll zwischen 10 und 15 Prozent liegen wird. Das wäre deutlich mehr als die rund 2,5 Prozent zu Jahresbeginn, aber auch deutlich unter den 20 bis 25 Prozent, die am 2. April im Raum standen. „Die gute Nachricht ist auch, dass offenbar mit Hochdruck an einem Deal zwischen EU und USA gearbeitet wird – womöglich schon heute oder morgen. Es sieht ganz danach aus, dass die derzeitigen 10 Prozent Einfuhrzoll auf EU-Waren mit leichten Änderungen das künftige Modell darstellen“, schreibt Bankinvest-Chefstratege Jakob Vejlø in einem Kommentar.