Politik

Drei Viertel der Kommunen wollen Steuern erhöhen

Deutsche Kommunen müssen in den nächsten Jahren die Steuern erhöhen. Kitagebühren, Grundsteuer und Hundesteuer sollen steigen. Zudem werden Leistungen wie Straßenbeleuchtung und Jugendarbeit gekürzt. Trotz Rekord-Steuereinnahmen kämpft jede zweite Gemeinde mit steigenden Schulden.
17.09.2014 15:26
Lesezeit: 1 min

Auf die Bürger rollt eine Welle von Steuererhöhungen zu: Nach einer Umfrage der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY wollen 74 Prozent der Kommunen in den nächsten beiden Jahren ihre Steuern und Gebühren anheben. Jede dritte Stadt oder Gemeinde will auch Leistungen zurückfahren. „Die Gebührenschraube wird immer weiter angezogen“, sagte EY-Experte Hans-Peter Busson am Mittwoch in Berlin. „Dieser Trend hält schon seit Jahren an, ein Ende ist nicht abzusehen.“

Der EY-Umfrage unter 300 Kommunen zufolge wollen 27 Prozent ihre Friedhofsgebühren anheben, 25 Prozent wollen mehr Geld für den Besuch von Kindertagesstätten oder Ganztagsschulen verlangen. 21 Prozent wollen den Grundsteuerhebesatz erhöhen, die Hundesteuer soll in 13 Prozent der Kommunen steigen.

Gespart werden soll vor allem an der Straßenbeleuchtung (18 Prozent), gefolgt von der Jugend- und Seniorenarbeit (sieben Prozent) sowie Bibliotheken und kulturellen Einrichtungen (je vier Prozent).

Grund für die Pläne sei die trotz Rekord-Steuereinnahmen vielerorts desolate Finanzlage. Für die kommenden drei Jahre gehen nur 37 Prozent der Kämmerer von sinkenden Schulden aus, jede zweite Kommune hingegen prognostiziert einen Anstieg ihrer Verschuldung. Letzteres sei vor allem in Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen der Fall. Jede dritte Kommune gebe sogar an, ihre Schulden voraussichtlich nicht aus eigener Kraft zurückzahlen zu können.

Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen öffnet sich weiter. Daran ändern auch die Rekord-Steuereinnahmen nichts“, sagte Busson. „Denn das zusätzliche Geld kommt vor allem bei den wohlhabenden Kommunen an.“ Die Orte in wirtschaftsstarken Regionen profitierten von der guten Konjunktur. Sie könnten dank geringer Verschuldung und hoher Einnahmen mit attraktiven Angeboten um Firmenansiedlungen und Zuzügler werben. „Die Zweiklassengesellschaft unter den Kommunen verfestigt sich, finanzstarke und -schwache Städte driften immer weiter auseinander“, sagte Busson.

Um ihre finanzielle Situation zu verbessern, fordern 90 Prozent der Kämmerer, dass die Sozialausgaben komplett vom Bund übernommen werden sollen. EY zufolge lebten viele Kommunen aber auch über ihren Verhältnissen. „Zu oft kocht jede Kommune ihr eigenes Süppchen - dabei muss nicht jede Gemeinde ein eigenes Standesamt haben“, sagte Busson. „Und auch Sportplätze und Hallenbäder kann man gemeinsam nutzen.“ Zudem würden verwaltungsinterne Organisationsstrukturen und Abläufe zu selten hinterfragt und auf Einsparpotenzial hin überprüft. Vor allem aber könnten kommunale Unternehmen vielfach mehr Geld an die Rathäuser überweisen, wenn sie besser aufgestellt wären.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...