Politik

Ehemaliger EU-Kommissar: Juncker führt Transfer-Union durch die Hintertür ein

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will ein 300 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm starten. Das ist der Grundstein für eine Fiskalunion, obwohl niemand sie so nennt, sagt der ehemalige EU-Kommissar Laszlo Andor. Bisher ist noch völlig unklar, woher das Geld kommen soll.
28.10.2014 01:20
Lesezeit: 1 min

Das Bemühen, ein Investitionsprogramm zu schaffen, ist ein Versuch, eine Fiskalunion umzusetzen, ohne sie so zu nennen“, so Laszlo Andor.

Der ungarische Ökonom forderte die EU-Politiker auf, ehrlich zu sagen, dass nur ein Transfer-System von Brüssel an die Mitgliedsstaaten die Eurozone retten kann, so Andor im Interview mit dem EUobserver.

Junckers Idee 300 Milliarden Euro zu verwenden, um die EU-Wirtschaft anzukurbeln, habe eine Menge Schlagzeilen generiert, obwohl unklar bleibt, woher das Geld kommen soll.

Wenn wir ehrlich wären, müssten wir öffentlich sagen, dass dieses Geld entweder gedruckt oder transferiert werden muss, so Andor, der unter Manuel Barroso die vergangenen vier Jahre EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration war.

Es gehe aber nicht nur darum, die Höhe und die Herkunft der 300 Milliarden Euro zu klären, sondern auch darum, welche Art von Investition gezahlt werden soll.

Auf Deutschlands Sparkurs angesprochen, sagte Andor, dass sich das Land nicht nur selbst einen großen Gefallen machen würde, wenn es heimische Investitionen fördert, sondern auch dem übrigen Europa. Doch selbst diese Maßnahme würde nicht ausreichen.

Solle Deutschland seine Politik nicht ändern und die EZB keine Maßnahmen ergreifen, um eine Deflation zu verhindern, erwarte die EU ein langfristiges niedriges Wachstum im Stile Japans.

Japan habe diese Zeit zwar gut überstanden, allerdings waren die Bedingungen auch andere. „Europa ist viel zerbrechlicher. Europa würde keine zehnjährige Stagnation und Deflation wie in Japan durchhalten.“

Die Frage nach der Fiskalunion könne zwar weiter unter den Tisch gekehrt werden, aber „das System werde weiterhin in einer sehr suboptimalen Weise weiterfunktionieren“.

Andor vermutet, dass Länder, wie etwa Griechenland, dass ein Viertel seines Bruttoinlandproduktes seit der Krise verloren hat, sich fragen werden, warum sie ein schwächeres Wachstum als in den USA oder Japan hinnehmen müssen, nur weil sie Mitglied in einer „unvollkommen Währungsunion“ sind.

Die Frage wird wahrscheinlich lauter, da immer mehr Länder wie auch Österreich und die Niederlande einen Abschwung erleben, so Andor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Deal mit der Rechten: Was das für den Green Deal heißt
26.06.2025

Die Green Claims-Richtlinie sollte Greenwashing in Europa beenden. Doch Ursula von der Leyen lässt das Projekt fallen – auf Druck von...

DWN
Finanzen
Finanzen Panzer oder Chips: Europas Rüstungsaktien überholen Tech-Aktien
26.06.2025

Rüstungsaktien überflügeln Tech-Aktien – Europas Waffenhersteller sind an der Börse teurer als Nvidia & Co. Doch wie lange kann das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Pleitewelle rollt: Rekordstand bei Firmeninsolvenzen
26.06.2025

Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland steigt auf ein Zehnjahreshoch – trotz abgeflauter Dynamik. Besonders betroffen sind der...

DWN
Finanzen
Finanzen Verbraucher sparen lieber, als ihr Geld auszugeben
26.06.2025

Die Deutschen halten ihr Geld zusammen – trotz besserer Konjunkturaussichten. Eine neue Studie zeigt: Aus Angst vor wirtschaftlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leica mit Rekordumsatz: Kamera-Pionier setzt auf Smartphone-Erfolg
26.06.2025

Leica wächst weiter: Mit einem Rekordumsatz im Rücken und einer traditionsreichen Geschichte treibt der Kamera-Hersteller seine Expansion...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Bundestag beschließt Verlängerung bis Ende 2029
26.06.2025

Die Mietpreisbremse soll weitere vier Jahre gelten – doch sie ist umstritten wie eh und je. Während der Eigentümerverband sie für...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis im Höhenflug: Anleger in der Falle?
26.06.2025

Der Goldpreis eilt von Rekord zu Rekord, doch Experten warnen: Wer jetzt einsteigt, könnte in eine gefährliche Falle tappen. Was Anleger...

DWN
Immobilien
Immobilien Erbschaftsteuer Kinder - mit diesen Tipps lässt sich bei Immobilien viel sparen
26.06.2025

Geht es ans Erben, haben Kinder hohe Freibeträge, die jedoch bei Immobilienbesitz oder anderen hohen Vermögen schnell aufgebraucht sind....