Politik

Spanien träumt vom Schulden-Schnitt und blickt neidvoll auf Griechenland

Die Forderungen der griechischen Syriza-Partei nach einem umfassenden Schuldenerlass sind in der spanischen Presse auf ein großes Echo gestoßen. Viele Artikel griffen die europäische Bedeutung einer Neuverhandlung der Schulden auf. In Spanien könnte sich die Diskussion wiederholen, die zurzeit Griechenland beherrscht: Die Protest-Partei Podemos bedroht die etablierten Parteien und könnte zu einer Intervention von EU-Politikern in die spanische Innenpolitik führen.
05.01.2015 00:19
Lesezeit: 2 min

Die Forderungen des griechischen Syriza-Politikers Tsipras nach einem umfassenden Schuldenerlass sind in der spanischen Presse auf ein großes Echo gestoßen. Dabei wurde auch die von Tsipras popagierte europäische Bedeutung einer Neuverhandlung der Schuldenverträge aufgegriffen. Die spanische Zeitung El País titelt „Syriza verficht der Anfang vom Ende der Austerität“ und stellt die griechischen Positionen dar. Dass die Vorschläge möglichen Beispielcharakter auch für Spanien haben, betont Tsipras in seiner Rede selbst.

„Damit es alle wissen: Es wird Verhandlungen geben, es wird eine Einigung geben, und diese Vereinbarung wird nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa weitergegeben werden“, zitiert El País einen vom Wahlsieg überzeugten Tsipras bei der Vorstellung des Parteiprogramms. Die Linke werde demnach nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien und Irland gewinnen.

Die Syriza bezifferten demnach den Preis für den Ausstieg Griechenlands aus dem Austeritätszwang auf  1,3 Milliarden Euro. Soviel würde ein griechisches Erste-Hilfe-Programm kosten, mit dem für die notleidende Bevölkerung die grundlegende Versorgung mit Nahrung, Elektrizitat und Unterkünften wiederhergestellt werden, sowie der Mindestlohn angehoben und die Zinsen für Privatkredite gedeckelt werden könnte. Auch die Verstaatlichung privatisierter Versorgungsunternehmen stehen auf der Agenda. Vorschläge, die in Spanien auf offene Ohren treffen.  Tsipras weiß und bestärkt das. Er zitiert die wohlwollenden Kommentare europäischer Zeitungen über Syriza und macht zahlreiche Verweise auf den „Wind der Veränderung“, der von Griechenland aus durch Südeuropa wehe. Dabei erwähnt er in erster Linie die spanische Protestpartei Podemos und die Vereinigte Linke – Izquierda Unida (IU).

„Am 25. Januar beginnt eine neue Etappe, und auf den Sieg der Syriza wird der des spanischen Volkes mit Podemos und der Izquierda Unida folgen, und im nächsten Jahr, der Sieg Irlands mit Sinn Fein“, wird Tsipras auch von der spanische Zeitung Eldiario zitiert.

Die Parlamentswahlen in Spanien finden Ende 2015 statt. Jüngsten Umfragen zufolge führt die erst zur Europawahl gegründete Protestpartei Podemos bereits als stärkste Kraft und hat damit die etablierten Regierungsparteien  in Rekordtempo überholt. Dass sie mit ganz ähnliche Positionen wie die Syriza Einfluss haben, zeigt sich zuletzt in der spanischen Überlegung, die Schuldenbremse wieder aus der spanischen Verfassung zu streichen, eine Forderung die auch von der etablierten Oppositionspartei PSOE übernommen wurde.

„Viele der Schulden müssen runter vom Verhandlungstisch“, zitiert El País Kostas Isychos von der Syriza. Die Wirtschaftsexperten setzen demnach einen möglichen Schuldenschnitt „auf über 50 Prozent“ an. „Das ist die größte Angst in Berlin und Brüssel. Ich verstehe, dass sie Angst haben, denn ein Sieg für Syriza würde eine Bresche durch Südeuropa schlagen, und der Austeritätspolitik ein Ende setzen“, sagt Isychos. Er sehe die historische Chance, die ein Wechsel der Regierung in Athen für Griechen und für Europäer darstellt, und erhoffe sich einen „Domino-Effekt“.

Tsipras zeigte sich sicher, die Mehrheit der Europäer trotz der "Angstkampagnen" gegen seine Partei  mit dem Programm gegen die EU-Sparpolitik hinter sich zu haben:  „Jeder ist sich bewusst, dass Europa nicht durch die Linke in Gefahr ist, sondern durch den Ultraliberalismus, der Politik Merkels“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Das Weltall: Die neue ökonomische Frontlinie
10.08.2025

Wem nützt Raumfahrt überhaupt? Im Hintergrund entsteht eine neue wirtschaftliche Realität – Daten, Technologien und Industrien in der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zuverlässigkeit im europäischen Luftverkehr: Welche Airline hält Wort – und welche nicht?
10.08.2025

Verspätungen, Streiks, Entschädigungen – der europäische Luftverkehr steht unter Druck. Eine aktuelle Analyse deckt auf, welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Geopolitik, KI und Regulierung befeuern Europas Sicherheitsausgaben
10.08.2025

Geopolitische Spannungen, strengere Gesetze und KI-getriebene Cyberangriffe zwingen Europas Wirtschaft zu massiven Investitionen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerlast: Wie Deutschland Durchschnittsverdiener abzockt und Spitzenverdiener entlastet
09.08.2025

Deutschland hat die zweithöchste Abgabenlast weltweit – aber nur für Normal- und Geringverdiener. Ein OECD-Vergleich zeigt, dass...

DWN
Technologie
Technologie Zwei Jahre für einen neuen Funkmast: Warum Deutschland beim Netzausbau hinten liegt
09.08.2025

Trotz hoher Netzabdeckung kämpfen Unternehmen hierzulande mit Funklöchern und hohen Kosten. Eine Ericsson-Studie zeigt, wie stark...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Milliardenpläne in der Arktis: Konkurrenz für Suez- und Panamakanal
09.08.2025

China und Russland treiben gemeinsam ein Milliardenprojekt in der Arktis voran, das den Suez- und Panamakanal umgehen könnte. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen So werden Sie reich mit Autos: Warum Oldtimer besser sind als Aktien
09.08.2025

Oldtimer als Kapitalanlage? Zwei Autoprofis erklären, warum Klassiker und Supersportwagen echte Geldmaschinen sind – und welche Modelle...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle treiben Afrika in Chinas Einflusszone
09.08.2025

Afrikas Exporte geraten ins Fadenkreuz von Trumps Zollhammer – doch für China öffnet sich ein geopolitisches Zeitfenster. Wie der...