Wladimir Putin hat sich zum 70. Jahrestag des Triumphes der Sowjetunion über Hitlerdeutschland für ein weltweites Sicherheitssystem ohne militärische Blöcke ausgesprochen. Die Prinzipien der Nachkriegsordnung seien in den vergangenen Jahrzehnten immer häufiger verletzt worden, kritisierte der russische Präsident am Samstag in einer Rede auf dem Roten Platz in Moskau.
Versuche, eine unipolare Welt zu schaffen, würden zunehmen. Nötig sei aber ein System, das gleiche Sicherheit für alle Staaten garantiere. „Nur dann werden wir Frieden und Ruhe auf dem Planeten gewährleisten», betonte Putin. Er erinnerte an das historische Treffen von sowjetischen und US-Soldaten Ende April 1945 in der Elbe-Stadt Torgau. Diese Geschlossenheit und dieses Vertrauen gelte es zu hüten - zur Bewahrung der internationalen Sicherheit.
Putin würdigte den „grandiosen Sieg“ der Sowjetunion 1945. Mit der Erstürmung Berlins habe die Rote Armee dem Nazismus den Todesstoß versetzt. Alle Sowjetvölker hätten mit großem Heldenmut gekämpft. Der Kremlchef hob auch die Rolle der westlichen Alliierten in der Anti-Hitler-Koalition hervor. Das russische Volk sei Großbritannien, Frankreich und den USA dankbar. Auch den Antifaschisten in vielen Ländern, darunter im damaligen Deutschland, gebühre großer Respekt.
Den 70. Jahrestag feierte Russland mit der größten Militärparade seiner Geschichte. Gemeinsam mit Weltkriegsveteranen nimmt Putin die Siegesparade ab. An ihr nehmen auch rund 16.000 Soldaten teil. In zahlreichen weiteren Großstädten des Landes finden ebenfalls Militärparaden statt.
Viele westliche Politiker boykottieren die Parade. Dennoch sind zahlreiche Staatsgäste auch aus der EU nach Moskau gereist. Auch die Staatschefs von China und Indien schauen sich die Parade an. Bundeskanzlerin Angela Merkel legt am Sonntag in Moskau am Grabmal des Unbekannten Soldaten gemeinsam mit Putin einen Kranz nieder.
Die italienische Corriere della Sera hält die Blockade der russischen Gedenkfeier zum Kriegsende durch die EU und die USA für völlig unverhältnismäßig: Es sei ungerecht, heute den Beitrag der Sowjetunion nicht anzuerkennen. Dies sei ein „Verrat an der Geschichte“.
Eindrücke von der Gedenkfeier:
RUHE: Erstmals begann die Militärparade mit einer Schweigeminute für Kriegsopfer. Statt des Lärms von Soldatenstiefeln und Panzerketten lag kurz eine eindrucksvolle Stille über dem riesigen Platz am Kreml.
LANGER MARSCH: Den wohl weitesten Fußweg nach Moskau hatte der 76-jährige Grigori Tepojan. Der rüstige Veteran ist vor 46 Tagen von der armenischen Metropole Eriwan losmarschiert - rund 2200 Kilometer.
BLICK VON OBEN: Die Militärparade war sogar vom All aus zu sehen. Auf Fotos seien Panzer und Soldaten klar zu erkennen, teilte die Verwaltung der russischen Weltraumsatelliten mit.
FLUGPAUSE: Der Luftraum über Moskau wurde für fast eine Stunde gesperrt. Auf den drei internationalen Flughäfen gab es keine Starts und Landungen. Grund: An der Parade nahmen Dutzende Kampfjets teil.
LITERATUR: In 179 Stationen der Moskauer Metro laufen seit Tagen Gedichte über den Zweiten Weltkrieg vom Tonband. Die patriotischen Werke wurden von bekannten Schauspielern eingesprochen.
IN FREIHEIT: Im Zuge einer Ende April beschlossenen Massen-Amnestie hat Russland bisher etwa 2200 Häftlingen die Reststrafe erlassen. Insgesamt soll die Initiative bis zu 400 000 Verurteilte betreffen.
AUSGEZEICHNET: In der sibirischen Stadt Omsk wurde der 105-jährige Akim Pokatilo als ältester Veteran Russlands mit einem Orden geehrt.
HELD: Ein 17 Meter breites und 19 Meter hohes Fassadenporträt von Marschall Georgi Schukow erinnert in Moskau an den sowjetischen Generalstabschef, der 1945 in Berlin die Kapitulation entgegennahm.
ROTER WEIN DES SIEGES: Für Kriegsveteranen und andere Gäste hatte der Kreml Wein in 7000 Flaschen abfüllen lassen. Der Tropfen stammt natürlich von der Krim.