Unternehmen

Der deutsche Wirtschafts-Aufschwung ist eine Illusion

Lesezeit: 1 min
30.05.2015 01:15
Der deutsche Aufschwung ist eine Illusion, sagen nun erstmals auch die Wirtschafts-Lobbyisten selbst. Der Grund für die guten Zahlen: Wegen der niedrigen Zinsen und den gefallenen Ölpreises haben die Unternehmen mehr Spielraum. Doch das kann sich rasch ändern.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Lobbyverband DIHK hob jetzt seine Wachstumsprognose von 1,3 auf 1,8 Prozent deutlich an und schloss sich damit Bundesregierung und führenden Ökonomen an. Der Verband warnte aber, die guten Zahlen beruhten fast ausschließlich auf Sondereffekten wie dem billigen Öl, den Niedrigzinsen und dem schwachen Euro: „Das ist ein gedopter und geliehener Aufschwung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, am Donnerstag in Berlin.

Der niedrige Euro im Vergleich zum US-Dollar, der Exporte außerhalb des Euroraums günstiger macht, habe einen Wachstumsschub von etwa einem Prozent gebracht. Der Verfall des Ölpreises - der inzwischen wieder anzieht - habe für ein Plus von geschätzt 0,7 Prozent gesorgt. Dazu trieben die Mini-Zinsen die Bau- und Immobilienwirtschaft an.

Im Kern sei die deutsche Wirtschaft gar nicht so wettbewerbsfähig aufgestellt wie es derzeit den Anschein habe, sagte Wansleben. Der Aufschwung werde in erster Linie von den konsumfreudigen Bürgern getragen, die wegen höherer Löhne und sicherer Jobs reichlich Geld ausgeben. Ein Rückfall in eine „Dümpel-Konjunktur“ mit einem Wachstum unter 0,5 Prozent sei für die Zukunft keineswegs ausgeschlossen: „Zu jedem Hoch gibt’s irgendwann auch mal ein Ab. Dann reiben wir uns die Augen.“

Auch die große Koalition müsse aufwachen. Wahlgeschenke wie Rentenpaket und Mindestlohn, der im Osten im Niedriglohnbereich seine Spuren hinterlasse, dürften sich nicht wiederholen: „Koste es, was es wolle, geht nicht mehr.“ Weil die Arbeitskosten stiegen, würden wieder mehr Firmen im Ausland investieren, drohen die Lobbyisten: „Der heimische Standort verliert an Attraktivität.“ So wird zwar vom DIHK im laufenden Jahr ein Beschäftigungsplus von 250.000 Stellen erwartet - angesichts des kräftigen Wachstum sei das aber ein „bisschen enttäuschend“, sagte Chefvolkswirt Alexander Schumann.

Für die kommenden Monate sind die Unternehmen dennoch optimistischer als noch zu Jahresbeginn, wie eine DIHK-Umfrage unter mehr als 23 000 Firmen ergab. Die Firmen wollen mehr investieren und einstellen. An frühere Spitzenwerte reichen die Geschäftserwartungen aber nicht heran.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet für das zweite Quartal 2015 einen Wachstumsschub. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte imim Vergleich zu Januar bis März um 0,5 Prozent steigen nach 0,3 Prozent im Vorquartal, heißt es im DIW-Konjunkturbarometer. Die Erholung des Euroraums und die höhere Wettbewerbsfähigkeit dank des schwachen Euros dürften der Exportindustrie Impulse verleihen.

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Wider den Hedonismus: Warum Wehrpflicht (und Zivildienst) Deutschland wieder auf Spur bringen
15.01.2025

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), vom russischen Überfall auf die Ukraine richtig geschockt, die Zeitenwende für Deutschland ausrief,...

DWN
Technologie
Technologie Wie ehemalige IT-Nerds der russischen Suchmaschine Yandex den KI-Markt Europas aufmischen
14.01.2025

Russische IT-Nerds bauen in Amsterdam das KI-Unternehmen Nebius auf. Informatiker um den Yandex-Suchmaschinen-Gründer Arkadi Wolosch...

DWN
Finanzen
Finanzen Bafin-Kontenvergleich: Alle Girokonten in Deutschland im Überblick
14.01.2025

Die Finanzaufsicht Bafin bringt Transparenz in den Kontomarkt: Mit dem neuen Bafin Kontenvergleich können Verbraucher alle Girokonten in...

DWN
Politik
Politik Russischer Außenminister Lawrow: "USA wollen nach Nord-Stream Gaspipeline TurkStream zerstören"
14.01.2025

Russlands Außenminister Lawrow beschuldigt die USA, mit ukrainischen Drohnenangriffen die Gasleitung TurkStream lahmlegen zu wollen....

DWN
Politik
Politik CDU-Heizungsgesetz: Wie die Union das Heizungsgesetz abschaffen will - und warum das schlecht wäre
14.01.2025

Das Habecksche Heizungsgesetz, offiziell Gebäudeenergiegesetz (GEG), gilt seit Januar 2024. Die CDU plant, das GEG bei einer möglichen...

DWN
Politik
Politik Weitere Ukraine-Hilfe? Pistorius zu Besuch in Kiew spricht sich dafür aus
14.01.2025

Ukraine-Hilfe 2025: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt optimistisch, was die Fortsetzung der Unterstützung für die Ukraine...

DWN
Politik
Politik NATO-Gipfel: Schutz für Ostsee-Infrastruktur geplant
14.01.2025

Nato schützt sich künftig besser vor Sabotageakten gegen wichtige Infrastruktur wie Kabel und Pipelines. Deutschland steuert mit...

DWN
Panorama
Panorama Stasi-Akten sichern: Der historische Moment der Besetzung der Stasi-Zentrale
14.01.2025

Am 15. Januar 1990 stürmte das Volk die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg und sicherte wertvolle Stasi-Akten für die spätere...