Unternehmen

Deutsche Industrie gegen Draghi: Schwacher Euro ist eine Illusion

Die Geldflut der EZB kann nur kurzfristig einen positiven Effekt auf die Wirtschaft im Euro-Raum haben, warnt die Deutsche Industrie- und Handelskammer. Der Euro schwächt die Betriebe, die auf den Import von Vorleistungen angewiesen sind. Viele Unternehmen sehen in dem Wechselkurs mittlerweile sogar ein Risiko.
08.04.2015 00:42
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In den vergangenen Monaten hat sich der Euro gegenüber dem Dollar weiter abgeschwächt. Am Dienstagmorgen lag er zwischenzeitlich bei 1,086 Dollar. Anfang April letzten Jahres lag er noch bei einem Kurs von 1,388 Dollar. Mit Blick auf den außereuropäischen Markt hat dies zwar zurzeit positive Auswirkungen auf die Exportwirtschaft. Dies wird allerdings nicht von Dauer sein, zeigt eine Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Zumal bereits jetzt bestimmte Betriebe unter der massiven Abwertung leiden:

„Für die Konjunktur bringt die Euro-Schwäche zunächst Vorteile: Sie hilft gerade der deutschen Exportwirtschaft, die weltweit aufgestellt ist. Aber auch südeuropäische Länder profitieren, weil sie häufig preissensible Güter wie Bekleidung anbieten oder mit günstigeren Preisen Urlauber in ihre Tourismusregionen locken können.

In der Industrie haben die Sorgen um die Wechselkursentwicklung zuletzt jedoch zugenommen. In der aktuellen DIHK-Konjunkturumfrage nennen mittlerweile 18 Prozent der Betriebe den Wechselkurs als Geschäftsrisiko – im Herbst 2014 waren es noch elf Prozent. Grund: Die starken Kursbewegungen in den letzten Monaten erschweren eine langfristige Planung und machen notwendige Absicherungsgeschäfte teurer.

Die meisten Betriebe hierzulande sind auf den Import von Vorleistungen angewiesen. Diese Güter verteuern sich durch den schwachen Euro zusehends. Zwar müssen die deutschen Betriebe derzeit ein Drittel weniger für Erdöl zahlen als noch vor einem halben Jahr, aber der schwächere Euro-Kurs hebt einen Teil wieder auf. Denn der Weltmarktpreis für Öl wird in US-Dollar gezahlt. Hiervon profitieren jetzt vor allem US-Unternehmen, die momentan nur noch die Hälfte ausgeben. Für die Verbraucher ist die Euro-Schwäche hingegen noch gut verkraftbar. Zwar steigen beispielsweise auch die Preise für Medikamente aus den USA oder Autos aus Japan, allerdings ist das Preisniveau zu Beginn des Jahres unter dem Strich sogar leicht gesunken, sodass die Kaufkraft stabil bleibt.

 Ein niedriger Wechselkurs darf nicht die Illusion einer höheren Wettbewerbsfähigkeit erzeugen. Eine schwache Währung entspricht meist einer schwächeren Wirtschaft. Die Euro-Abwertung ist deshalb auch ein Zeichen dafür, dass Investoren derzeit der Dynamik in anderen Ländern mehr Vertrauen schenken – insbesondere in den USA. Zwar erholen sich ehemalige „Krisenländer“ wie Spanien, Irland und Portugal immer besser, die Euro-Schwergewichte Frankreich und Italien kommen jedoch nicht recht vom Fleck.

In den letzten Monaten haben die Zentralbanken in etlichen Ländern die Leitzinsen gesenkt. Dadurch verhindern sie eine stärkere Aufwertung der eigenen Währung und verlängern zugleich die Niedrigzinsphase. Das zeigt: Ein Abwertungswettlauf zugunsten der eigenen Exportwirtschaft bringt nichts, weil andere Länder immer mitziehen können. Im Gegenteil: In einem solchen Wettlauf um die weichste Währung würden am Ende alle verlieren. Deshalb darf es auch in Zukunft nicht Ziel der Zentralbanken sein, vermeintliche Wettbewerbsfähigkeit durch Währungsmanipulation zu schaffen. Zwar hat die Europäische Zentralbank in Anbetracht der äußerst niedrigen Inflationsraten ein verständliches Interesse an höheren Importpreisen durch einen schwächeren Euro. Aber auch das kann schon der Einstieg in eine Spirale von Gegenreaktionen sein. Die Notenbank sollte hier vorsichtig agieren und bei einer Normalisierung der Preisentwicklung rasch aus der Niedrigzinspolitik aussteigen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...