Politik

Italien prescht vor und spricht mit Russland über Ende der Sanktionen

Italien und Russland bereiten sich bereits auf die Zeit nach den Sanktionen vor. Die Italiener sagen den Russen unumwunden, dass die Sanktionen Unsinn seien. Die deutsche Bundesregierung dagegen lässt ihre eigenen Unternehmen weiter im Unklaren, ob die Sanktionen aufgehoben werden oder nicht.
02.06.2015 01:04
Lesezeit: 1 min

Die EU und Russland seien in der Lage, die Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens wiederherzustellen und zum Niveau der Beziehungen zurückzukehren, die in den letzten 18 Monaten aufgrund der Ukraine-Krise gelitten hatten, sagte der italienische Außenminister Paolo Gentiloni, der sich derzeit auf einem zweitägigen Besuch in Moskau befindet, der russischen Nachrichtenagentur TASS.

Gentiloni wolle sich bei seinem Besuch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow insbesondere über die Situationen in der Ukraine und Libyen austauschen, berichtet die italienische RAI. Die westlichen Sanktionen seien jedenfalls nach Ansicht des Italieners faktisch gescheitert.

Der italienische Außenminister wörtlich: „Russland und Europa verbinden trotz allem tiefe historische, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen. Ich bin mir sicher, dass im Rahmen der konstruktiven Zusammenarbeit mit der russischen Seite die erwünschte Änderung bei den Sanktionen erfolgen wird“. Dem Außenminister kommt es nach eigenen Angaben auch auf eine Annäherung beider Länder auf der zivilgesellschaftlichen Ebene an.

Gentiloni kann den Sanktionen sogar etwas Positives abgewinnen: In der Zeit der Sanktionen hätten Italien und Russland ihr gutes bilaterales Verhältnis ausgenützt, um neue innovative Formen der Kooperation zu finden. Premier Renzi hatte bereits wegen einer Moskau-Reise für Irritationen bei der EU gesorgt. 

Italien leidet besonders unter den Sanktionen, wie der ehemalige Präsident der EU-Kommission Romano Prodi neulich erklärte.

Doch nicht nur in Italien, sondern auch in anderen EU-Staaten kippt die Stimmung. Anfang Mai hatte Tschechiens Präsident Milos Zeman Russlands Präsident Putin versichert, dass er gegen die Sanktionen der EU gegen Russland gewesen sei. Gegen die Sanktionen sprechen sich zudem Österreich, Zypern, Griechenland, Tschechien, Italien, Spanien, Ungarn und die Slowakei aus. Merkel ist offiziell für ein Fortführung der Maßnahmen. Bei Frankreich ist die Position immer noch nicht eindeutig.

Polen und das Baltikum fordern hingegen eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.

In Deutschland leidet die Industrie massiv. Am Montag hatte der VDMA unerfreuliche Zahlen veröffentlichen müssen. Doch die Bundesregierung lässt die Unternehmen auf sich selbst gestellt. Allerdings hat der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft ein deutliches Votum gegen die Sanktionen abgegeben. Politische Beobachter in Berlin gehen davon aus, dass dieses Statement mit dem Bundeskanzleramt abgesprochen sein dürfte. Daraus könnte man schließen. dass auch Angela Merkel schon bald eine alternativlose Kehrtwende vollziehen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...

DWN
Politik
Politik Was sich im Mai ändert: Neue Namensregeln, schärferer Biomüll-Kurs und Abschied von Skype
20.04.2025

Im Mai 2025 kommen wichtige Änderungen auf Bürger zu: Neue Nachnamensregeln für Familien, strengere Biomüll-Kontrollen, digitale...

DWN
Finanzen
Finanzen Ride Them Out: Den richtigen Moment in der Börsen-Blasen-Strategie finden
20.04.2025

Die Finanzwelt steht immer wieder vor der Frage, wie man in turbulenten Zeiten richtig handelt. Dieser Artikel beleuchtet, warum es oft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abschottung statt Gastfreundschaft: Trumps zweite Amtszeit trifft Amerikas Tourismusindustrie
20.04.2025

Internationale Reisende meiden die USA – Fälle willkürlicher Festnahmen an den Grenzen häufen sich. Europas Touristen ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shell: Asien als Haupttreiber des LNG-Wachstums bis 2040
20.04.2025

Shell prognostiziert einen Anstieg des globalen LNG-Verbrauchs um 60 Prozent bis 2040, vor allem getrieben durch die steigende Nachfrage in...

DWN
Politik
Politik Asien-Investor: „Jetzt beginnt Trumps Schicksalsvierteljahr“
20.04.2025

Ein schwedischer Analyst in Vietnam sieht das Weiße Haus vor einem Finanzbeben – und erkennt zugleich geopolitische Chancen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...