Politik

Frankreich gegen Deutschland: EU-Giganten auf Crash-Kurs

Zwischen Deutschland und Frankreich dürfte es schon bald zu einer Neuauflage des Konflikts um neue Kredite für Griechenland kommen. Frankreichs Präsident Hollande und EU-Präsident Juncker unterstützen die Syriza-Pläne. Wolfgang Schäuble glaubt nicht an eine schnelle Einigung. Griechenland ist der Katalysator eines grundsätzlichen Richtungsstreits zwischen den beiden EU-Giganten.
07.08.2015 01:22
Lesezeit: 2 min

Bisher hat die EU stets davon profitiert, dass Deutschland und Frankreich im entscheidenden Moment eine gemeinsame Linie verfolgten. Doch mit dem Krisen-Gipfel, bei dem Wolfgang Schäuble den Rauswurf Griechenlands aus dem Euro als Option auf den Tisch legte, hat sich das Verhältnis grundsätzlich geändert: Die französischen Eliten räsonieren offen darüber, dass es für den Euro am besten wäre, wenn Deutschland austritt.

War in Brüssel noch notdürftig ein Kompromiss gezimmert worden, der allen Seiten half, vorläufig weitermachen zu können wie bisher, zeichnet sich die Verschärfung des Konflikts im Zuge der Verhandlungen über neue Kredite für Griechenland ab.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras kann dabei erneut auf die Unterstützung von Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande bauen: Beide mahnen bei den Verhandlungen zur Eile. Beide seien sich einig, dass die Gespräche bald nach dem 15. August abgeschlossen werden sollten, erklärte die Regierung in Athen am Donnerstagabend. Die Politiker hatten sich bei den Feierlichkeiten zur Eröffnung des neuen Suezkanals in Ägypten getroffen. Hollande sagte vor Journalisten, Ziel sei, die Verhandlungen bis Ende August abzuschließen. „Wir wissen, dass das schwer ist.“ Es müsse sichergestellt werden, dass die Bedingungen erfüllt seien.

Deutschland dagegen zweifelt an einem schnellen Abschluss: Die aus dem Schäuble-Ministerium stets gut informierte Bild-Zeitung hatte berichtet, dass die Bundesregierung an einer raschen Einigung mit Griechenland zweifele und mit einer weiteren Brückenfinanzierung rechne. Die EU-Kommission äußerte sich dagegen zufrieden mit dem Stand der Verhandlungen.

Die Tatsache, dass die EU-Kommission aktiv an den Verhandlungen mitwirkt, ärgert Schäuble besonders: Er hat vorgeschlagen, die Kommission zurückzustutzen und sieht in Junckers Truppe Beamte, die den politischen Willen der Mitgliedsstaaten umzusetzen hätten. Der französische EZB-Mann Benoit Coeuré dagegen hält das Euro-Prinzip der Macht der Einzelstaaten für überholt.

Schäubles Kalkül dürfte darauf hinauslaufen, dass die Zeit gegen Griechenlands Verbleib im Euro arbeitet. Er ist überzeugt, dass es für Griechenland besser sei, den Euro zu verlassen und Kredite für den Wiederaufbau außerhalb des Euro zu erhalten.

Die griechische Regierung verhandelt mit der Europäischen Zentralbank, dem Rettungsfonds ESM, dem Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission über ein drittes Kreditpaket im Volumen bis zu 86 Milliarden Euro. Sollten die Verhandlungen scheitern, droht eine Staatspleite. In diesem Fall würden die europäischen Steuerzahler etwa 240 Milliarden Euro verlieren. Nicht eingerechnet sind die Verluste, die die nationalen Zentralbanken wegen der EZB-Notfallkredite realisieren müssten.

Doch Schäuble ist offenbar entschlossen, diesmal auf den Regeln zu bestehen und damit die Franzosen vor die Alternative zu stellen, weiter mit Deutschland im Euro zu bleiben – oder eben nicht. Die Giganten der EU steuern auf einen Frontal-Crash zu. Es geht längst nicht mehr um Griechenland, sondern um die Zukunft des Euro und damit der EU.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Amerika: Hat Joe Biden jemals wirklich die USA regiert?
11.03.2025

Wurde die US-Regierung per Autopen (Unterschriftenautomat) gesteuert? Ein Bericht enthüllt, dass fast alle Biden-Dokumente maschinell...

DWN
Politik
Politik BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl
11.03.2025

Knapp gescheitert, doch nicht bereit aufzugeben: Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Die Partei zweifelt...

DWN
Politik
Politik Bargeldreform: Verschwinden bald die Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
11.03.2025

Kaum jemand zahlt noch mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen – stattdessen verstopfen sie Geldbeutel oder verschwinden in Sparschweinen. Die...

DWN
Technologie
Technologie Der Verbrenner-Golf bleibt mindestens bis 2035: Volkswagen Vertriebschef Martin Sander im Interview
11.03.2025

Volkswagen steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits soll die ID-Familie den Markt für Elektroautos erobern, andererseits...

DWN
Politik
Politik Grönland wählt heute Parlament
11.03.2025

Die Menschen auf Grönland wählen ein neues Parlament – doch der Wahlkampf wird von außen beeinflusst. Trump mischt sich ein, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Künstliche Intelligenz: KI-Trading revolutioniert den Anlegermarkt – Welche Vorteile, Risiken und Möglichkeiten es gibt
11.03.2025

KI-Trading ermöglicht es Anlegern, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz schneller und präzisere Marktanalysen zu erstellen und...

DWN
Politik
Politik Drohnenangriff auf Moskau fordert drei Todesopfer - Friedensgespräche beginnen
11.03.2025

Ein massiver Drohnenangriff auf Moskau erschüttert Russland: Zwei Tote, beschädigte Gebäude und gesperrte Flughäfen. Während der Kreml...

DWN
Immobilien
Immobilien Neues Büro finden: Was ist zu beachten und wie vermeidet man kostspielige Fehler bei der Suche?
11.03.2025

Die Firma wächst schneller als erwartet und mit ihr das Personal? Oder die Firmenräumlichkeiten werden nicht mehr benötigt? Je nachdem...