Politik

Euro-Krise: Einigung über neue Kredite für Griechenland zeichnet sich ab

Lesezeit: 2 min
09.08.2015 21:59
Die Euro-Retter wollen offenbar den Sommer nutzen, um ein neues Kredit- und Austeritätsprogramm schnell zu beschließen. Auch Angela Merkel scheint ihre Bedenken aufgegeben zu haben.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Griechenland will die Verhandlungen über ein drittes Kreditpaket bis spätestens Dienstagmorgen abschließen. Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, noch offene Fragen zu klären, sagte ein Vertreter der Regierung in Athen am Sonntag, der nicht genannt werden wollte. "Ziel ist Montag Nacht oder Dienstag früh." Wenn das griechische Parlament abstimme, gehe es dort um ein Gesetz mit zwei Artikeln - zum einen das Hilfspaket, zum anderen die Reformen, die Voraussetzung für die Auszahlung der ersten Tranche sind.

Die Finanzminister der Euro-Zone sollen am Freitag über das Kreditpaket befinden, anschließend müssen die Parlamente in mehreren Euro-Staaten zustimmen. Griechenland benötigt am 20. August frisches Geld, wenn ein Kredit der Europäischen Zentralbank zur Rückzahlung ansteht.

Das Land soll im Rahmen des dritten Pakets bis zu 86 Milliarden Euro erhalten.

Die Detail-Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland kommen Insidern zufolge voran. Dies berichten übereinstimmend mehrere Medien, unter anderem die FT. Demnach soll auch Angela Merkel signalisiert haben, das Deutschland trotz erheblicher Bedenken aus dem Bundesfinanzministerium einen Deal nicht blockieren werde.

Bereits am Dienstag könnte der Entwurf einer Grundsatzvereinbarung für weitere Gelder zugunsten des von der Pleite bedrohten Landes sowie die damit verbundenen Austeritätsvorgaben stehen, wie Reuters am Wochenende erfuhr. Dann bliebe genügend Zeit, damit die Parlamente in mehreren Euro-Staaten zustimmen könnten. So käme die Regierung in Athen rechtzeitig an neue Gelder, um ihren finanziellen Verpflichtungen Folge zu leisten. Auch die Banken des Landes, die nach dem jüngsten Absturz an der Börse noch stärker unter Druck stehen, brauchen dringend frisches Kapital. Offene Kritik an der Euro-Rettungspolitik kam aus Finnland. Auch Deutschland als größter Gläubiger in Europa ist skeptisch.

Nach einer Telefonkonferenz der Vize-EU-Finanzminister am Freitagabend hieß es aus dem Umfeld der Teilnehmer, werde der Entwurf bis Dienstag fertig, könnte das Parlament in Athen am Donnerstag eine Entscheidung fällen. Am Freitag wären dann die Euro-Finanzminister dran. Auch der Deutsche Bundestag müsste zustimmen. Nach diesem Zeitplan könnte Griechenland rechtzeitig am 20. August fällige Kreditrückzahlungen in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) aus dem neuen Programm leisten.

Kritische Töne kamen am Samstag aus Finnland. Die Skandinavier wollen sich womöglich nicht an dem neuen Programm beteiligen. Es werde nicht akzeptiert, wenn die Belastungen für Finnland stiegen, sagte Außenminister Timo Soini. Zudem werde kein Schuldenschnitt für Griechenland mitgetragen. Die bisherige Rettungspolitik funktioniere nicht. Langfristig sei ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wahrscheinlich. Finnland kann zwar aus dem Paket aussteigen, blockieren kann das Land einen ESM-Einsatz jedoch nicht.

Auch die Bundesregierung ist nach Angaben aus EU-Kreisen noch nicht überzeugt, dass es schnell eine Einigung mit Athen geben wird. Berlin sehe in einigen Punkten noch Klärungsbedarf. Dabei gehe es zum Beispiel darum, der zuletzt negativen Wirtschaftsentwicklung in Griechenland in den Vereinbarungen Rechnung zu tragen. Auch gebe es bei den Budgetvorgaben und bei Details des geplanten Privatisierungsfonds noch Diskussionsbedarf. Das Finanzministerium in Berlin wollte die jüngste Entwicklung mit Hinweis auf noch laufende Verhandlungen nicht kommentieren.

Laut FAZ will die Bundesregierung zudem als erste Kreditrate nur etwa 20 Milliarden Euro freigeben, während die Institutionen aller Geldgeber 30 bis 35 Milliarden für richtig hielten.

Die griechische Regierung wolle, um den Gläubigern entgegen zu kommen, weitere Maßnahmen am Dienstag ins Parlament einbringen, so die Zeitung weiter. Bis Freitag sollen die Abgeordneten zustimmen. Zu dem Paket gehört eine Kürzung der Verteidigungsausgaben, sie sollen in diesem und im nächsten Jahr um zusammen 500 Millionen Euro sinken.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Maßnahmen führen zur Ausrottung eines Grippe-Stamms: Umstellung auf Dreifach-Impfstoff
23.11.2024

Die Grippeschutzimpfung hat sich für die aktuelle Saison verändert: Statt eines Vierfach-Impfstoffs wird nun ein Dreifach-Impfstoff...

DWN
Politik
Politik Tiefpunkt der Brandenburger Politik: Ministerin entlassen - Minister tritt zurück
23.11.2024

Machtprobe im Streit um die Klinikreform: Regierungschef Dietmar Woidke entlässt in der Bundesratssitzung die grüne Gesundheitsministerin...

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...