Politik

Aus der Geschichte nichts gelernt: Der völlig falsche Kurs für Griechenland

Lesezeit: 8 min
18.08.2015 23:18
Am Mittwoch stimmt der Deutsche Bundestag über das dritte sogenannte „Rettungspaket“ für Griechenland ab. Die im Juli der griechischen Regierung diktierten Sofortmaßnahmen und das vergangene Woche veröffentlichte Memorandum wiederholen die Fehler der früheren Memoranden: Sie treiben Griechenland weiter in die Depression. Die falsche Politik wiederholt die Fehler, die zum bitteren Ende der Regierung von Reichskanzler Brüning in den frühen 1930er Jahren geführt haben.
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Deutschland im Sommer 1931: Die Weltwirtschaftskrise trifft das Land knüppelhart, die Arbeitslosigkeit steigt auf 24 Prozent. Die internationalen Geldgeber ziehen seit 1929 ihre zumeist kurzfristigen Einlagen bei deutschen Banken zurück. Beschleunigt nach den Wahlen von 1930 mit den kometenhaften Gewinnen der Nationalsozialisten. Es kommt zu einem massiven Investitionseinbruch, weil die Banken ihre Kreditvergabe drastisch einschränken müssen. Die schwere Wirtschaftskrise im Ausland setzt auch den Exporten zu. Deutschland aber müsste Devisen verdienen, um die Reparationszahlungen leisten zu können. Im Sommer 1931 geht der Nordwolle-Konzern pleite, und die Danat und die Dresdner Bank als große Kreditgeber werden illiquide. Deutschland steckt mitten in der schweren Rezession in einer Bankenkrise. In einer Panikreaktion, um die Kapitalflucht einzudämmen, erhöht die Reichsbank kurzfristig den Diskontsatz auf 15 Prozent.

Die Reichsbank implementiert auch umfangreiche externe Kapital-Kontrollen, um die Kapitalflucht zu verhindern. Im Innern können die Bankkunden täglich nur geringe Beträge von 20-30 Reichsmark abheben. In dieser schweren Bankenkrise setzt der Reichskanzler Brüning seine seit Amtsantritt 1930 hauptsächlich mit Notverordnungen durchgesetzte Politik des Budget-Ausgleichs konsequent fort. Er erhöht auf jede Verschlechterung der Kassenlage die Steuern und kürzt die Ausgaben, er senkt die Löhne von Beamten und in der Privatwirtschaft, Arbeitslosen- und Fürsorge-Gelder. Das Resultat ist die schlimmste Wirtschaftskrise der modernen Geschichte. Die Wirtschaft bricht beschleunigt ein, die Arbeitslosigkeit explodiert auf weit über 30 Prozent. Zu spät kann Brüning 1932 einige Schulden-Erleichterung von den Siegermächten (Verzicht auf Auszahlung der Reparationen) erreichen. Anderthalb Jahre nach der Bankenkrise kamen die Nazis an die Macht. Die von den Siegermächten Deutschland auferlegten Reparationen aus dem Ersten Weltkrieg werden nie mehr bezahlt.

Athen im Sommer 2015:  Das Land steckt in einer mit der Situation von 1931 in Deutschland vergleichbaren Wirtschaftskrise mit 27 Prozent Arbeitslosen. Hauptauslöser der Krise seit 2009 waren der schwere Einbruch der Frachtraten für die Reederei als Hauptexportindustrie des Landes, die internationale Bankenkrise und ein Erdölschock. Sie brachten die ohnehin ungenügenden Steuereinnahmen zum Einsturz und provozierten 2010 eine Staatsschuldenkrise. Es kommt seit 2010 zu massiven Rückzügen von Interbankgeldern aus dem Ausland. Zur Stabilisierung wird 2010/11 ein scharfes Deflationsprogramm auferlegt. Neben den Exporten brechen deshalb auch die Bauinvestitionen zusammen.  2015 kommt es nach der Wahl einer Syriza-geführten Regierung zu einer Welle von Depositenrückzügen bis Juli und nach dem Zusammenbruch der Gespräche zu einem Run auf die Banken.

Aufgrund der Deckelung der ELA-Kredite durch die EZB werden Bankfeiertage und Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Depositen können während Wochen nur 60 EUR pro Tag abgehoben werden. Alle vier systemrelevanten Banken sind angesichts explodierender fauler Kredite faktisch insolvent geworden. Sie können keine neuen Kredite mehr vergeben. Eine systemweite Liquiditätskrise in Banken und Wirtschaft breitet sich mit rasender Geschwindigkeit aus. In dieser Situation auferlegt die Troika der griechischen Regierung Mitte Juli ‚zur Vertrauensbildung’ ein Paket aus massiven Steuererhöhungen (Mehrwert-, Gewinnsteuern), Ausgabenkürzungen im Rentenbereich und der Verpflichtung, allfällige Primärdefizite umgehend durch automatische Ausgabenkürzungen zu vermeiden. Durch die drastische Anhebung der Mehrwertsteuer für Hotels, Restaurants und Transportmitteln wird der Tourismus als zweite grosse Exportindustrie in eine schwere Rezession manövriert. Im Memorandum vom Mitte August werden weitere Steuererhöhungen, deflationäre Massnahmen im Arbeitsmarkt und Ausgabenkürzungen vor allem im Rentenbereich durchgesetzt. Zu spät ist die Troika bereit, einige Schulden-Erleichterungen zu akzeptieren. ....

Der Ausgang ist offen, hier wird aber, wenn nicht massiv gegengesteuert wird, ein eindeutiges Szenario skizziert: Die Kombination ultrarestriktiver, schockartiger Geld- und Finanzpolitik nach einem bereits schweren Wirtschaftseinbruch wird das Land in eine kolossale Depression, wahrscheinlich die schlimmste der modernen Wirtschaftsgeschichte hineinführen. Die ausstehenden Schulden werden nie mehr bezahlt werden. Das Land wird entweder den Bankrott erklären und/oder die Gläubiger werden auf praktisch Alles verzichten müssen. Die europäische Solidarität wird nach drei restlos versandeten Paketen am Ende sein.

Die Analogien sind auch in anderer Hinsicht beklemmend, doch keiner will sie anscheinend wahrhaben. Griechenland wird seit den 1990er Jahren von illegal einreisenden Immigranten überschwemmt. Im Land gibt es deswegen bereits seit Jahren, eigentlich seit zwei Jahrzehnten, eine in Teilen der Gesellschaft verbreitete xenophobe Grundstimmung. Diese droht nun in einer Situation schwerer Depression und Hoffnungslosigkeit zu eskalieren. Die Flüchtlingswelle erreicht 2015 historisch einmalige und nicht mehr beherrschbare Dimensionen. Das Drama wird sich ohne bedeutende Schritte Europas noch massiv zuspitzen.

Wie im Deutschland der 1930er Jahre ist die parlamentarische Demokratie weit herum diskreditiert. Die beiden traditionellen Parteien werden als korrupt und restlos unfähig angesehen, die Abgeordneten mit ihren Privilegien als willfährige Gehilfen einer Oligarchie. Wie im Deutschland der 1920er und frühen 30er Jahre (Alfred Hugenberg) sind die Medien in der Hand von großen, ultrakonservativen Kapitaleignern, die ihre Pfründen und Privilegien verteidigen. Bisher sind diese durch die Rettungspolitik der Troika geschützt statt rigoros beschnitten worden. Wie 1931 ist die große Mehrzahl deutscher Ökonomen der Meinung, dass die Deflationspolitik absolut unabdingbar ist und eigentlich noch viel härter gehandhabt werden sollte. Die deutsche Sozialdemokratie trägt wie in den frühen 1930er Jahren den von christdemokratischen deutschen Politikern und Politikerinnen geprägten Deflationskurs brav und loyal mit. Vereinzelte Exponentinnen und Exponenten, die sich dagegen stellen, haben in der Öffentlichkeit einen schweren Stand und werden fast schon belächelt. In Deutschland sind Öffentlichkeit, wirtschaftliches und politisches Establishment komplett blind gegenüber den Risiken einer rigorosen Deflationspolitik. Das Ganze wird noch andauernd als alternativlos dargestellt.

Vor allem wird nicht wahrgenommen wird, dass die eiserne Deflationspolitik in einem Umfeld sehr hoher ausstehender Verschuldung des privaten und öffentlichen Sektors implementiert wird. Diese Verschuldung ist in den Jahren bis 2010 aufgebaut worden, und sie ist nominell. Werden nominelle Einkommen aller Art gekürzt, Löhne und Renten gesenkt, Gewinnmargen der Unternehmen ausgepresst, die Beschäftigung drakonisch abgebaut, Klein- und Mittelunternehmen der Kredit gekündigt und massenhaft in den Konkurs geschickt, so steigen Zins- und Steuerbelastung und Schuldendienst (Amortisation) und die ganze ausstehende Verschuldung in realen Größen massiv an. Die ganze Schuld, nicht nur die Staatsschuld, und der Schuldendienst werden untragbar.

Wer nicht vorsätzlich blind ist, sieht alle Anzeichen dafür in den griechischen Wirtschaftszahlen. Die Summe ausstehender und nicht bezahlter Steuern (aufgrund deklarierter Einkommen und Vermögen) beträgt über 80 Milliarden Euro und damit rund 45% des offiziellen griechischen Bruttoinlandprodukts. Bei den griechischen Banken stehen ebenfalls deutlich über 80 Mrd. Euro nicht bediente Kredite, rund 50% aller ausstehenden Kredite in den Büchern. Die bei ausländischen Banken faul gewordenen Kredite vor allem der Schiffseigentümer sind darin noch nicht enthalten.

Das Grundproblem ist in beiden historischen Situationen eine ultrarestriktiv wirkende Geld- und Bankenpolitik. Im Deutschland der frühen 1930er Jahre war es das von den Siegermächten durch den Young-Plan auferlegte Festhalten am Goldstandard, das durch die ausländischen Depositenrückzüge die Banken zur Einschränkung der Kreditvergabe und die Zentralbank zu widersinnigen Zinsschritten im schlimmsten Zeitpunkt zwang. Dazu kam der Wertverfall der Aktien, welche häufig als Pfand oder Sicherheit für die Kreditvergabe in einem Hausbankensystem dienten. Die Kredite waren durch den Wert der Sicherheiten nicht mehr gedeckt.

Auch im Griechenland der 2010er Jahre standen massive Depositenrückzüge ausländischer Banken am Anfang oder Ursprung. Aber die wahre geldpolitische Bombe wurde durch den von der Troika 2011 auferlegten Schuldenschnitt gezündet. Die griechischen (und zypriotischen) Banken verloren dadurch den Großteil ihres Eigenkapitals. Sie wurden erst umständlich, zeitlich verzögert und ungenügend rekapitalisiert. 2014 wurde der Stresstest der EZB nur mit abwegigen Buchhaltungstricks halbwegs bestanden. Die Banken konnten sich zukünftige zu erwartende, aber nicht zu bezahlende Gewinnsteuern (engl. deferred tax assets) mit Staatsgarantie als Eigenkapital anrechnen. Ein bedeutender Teil ihres Eigenkapitals besteht aus solchen ‚fake assets’. Derselben Praxis wird auch in anderen südeuropäischen Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal gefrönt, mit Billigung von EZB und Europäischer Kommission – aber in quantitativ noch erhöhtem Maßstab. Seit Einführung der Basler Vorschriften über das Eigenkapital bestimmen die verfügbaren Eigenmittel die Fähigkeit zur Kreditschöpfung der Banken. Wegen fehlender Eigenmittel mussten die Banken in Griechenland wie anderswo die Neukreditvergabe drastisch einschränken. Es betraf dies vor allem die langfristige Kreditvergabe (Hypotheken, Unternehmenskredite an kleine und mittlere Unternehmen). Dies setzte einen Preissturz am Immobilienmarkt in Gang, der den Wert der wichtigsten Form der Kreditsicherheit unter Druck brachte.

Mit der Bankenkrise 2015 ist in Griechenland eine neuerliche Eskalation eingetreten, die derjenigen von Mitte 1931 in nichts nachsteht, sondern wohl noch schlimmer ist. Und wieder wird von der Troika wie 2011 zögerlich, inkonsequent und in der Wirkung extrem restriktiv reagiert. Im Memorandum sind folgende Schritte vorgesehen:

- Die unbedienten Kredite des Bankensystems sollen zügig abgearbeitet werden. Was immer das heißt. Im Effekt wird das noch vorhandene Collateral von den Banken realisiert, und damit ein weiterer und diesmal absolut horrender Preissturz am Immobilienmarkt provoziert. Im Memorandum ist aber nicht vorgesehen, die nicht-bedienten Kredite aus den Bankbilanzen auszugliedern. Die Bankbilanzen bleiben also von nicht-bedienten und faulen Krediten verseucht. Die Kredit-/Depositen-Relation bleibt dadurch exorbitant hoch und behindert eine Vergabe neuer Kredite.

- Unter diesen Umständen ist die Finanzierung (engl. funding) der Bankbilanz nicht nur nicht gesichert. Zwar hat die Eurogruppe letzte Woche eine absolute Garantie für alle Depositen gegeben. Das ist ein großer Schritt und einzig richtig, um überhaupt eine Chance für eine Vertrauensbildung zu haben. Aber gleichzeitig wurde für die ausstehenden Obligationen ein Bail-in deklariert, der einen Teil der Obligationäre großen Verlusten aussetzt. Ein bedeutender Teil der Obligationäre ist nicht betroffen, weil deren Anleihen mit staatlichen Garantien versehen sind. Für den Rest aber wird dadurch ein umso höherer Verlust resultieren. Die zukünftige Finanzierung der Bankbilanzen ist dadurch verunmöglicht. Denn die Finanzierung der Bankbilanz im ALM umfasst nicht nur kurzfristige Depositen, sondern eben auch mittel- und langfristige Obligationen. Investoren, welche neu auszugebende Bankobligationen zeichnen werden, dürften sich selbst mit Staatsgarantie nicht mehr finden lassen. Der IWF hat jetzt lange genug verkündet, dass die Staatsschuld Griechenlands nicht mehr tragbar ist, so dass die Garantie auch nicht werthaltig ist. Basel III sieht vor, dass die Banken keine volle Fristentransformation vornehmen können. Ohne bedeutende neu gezeichnete mittel- und langfristige Obligationen kann eine Neuvergabe langfristiger Kredite so gut wie ausgeschlossen werden.

- Die Kapitalkontrollen sollen offenbar noch länger anhalten. Im Memorandum steht jedenfalls nicht über einen Zeitplan zu deren raschen Beseitigung. Die Kapitalkontrollen haben aber einen perversen Effekt auf die zukünftige Depositenbasis. Exportorientierte und selbst Binnenmarkt-orientierte Unternehmen müssen häufig Vorleistungen im Ausland einkaufen. Sie dürfen aber ihre Konten nicht voll umfänglich benutzen. Sie lassen deshalb ihre Zahlungseingänge auf Konten im Ausland erfolgen. Von diesen können sie ungestört Vorleistungen im Ausland beziehen. Im Effekt wird die Depositenbasis noch weiter geschwächt. Das ganze Prozedere der EZB und der Bank of Greece verstärken die Sekundärkreisläufe im Ausland und schaffen ein Chaos im Management der Bilanzstruktur (ALM).

- In Bezug auf das Eigenkapital werden die gleichen Fehler wie schon 2011 wiederholt. Es wird zu wenig und zu wenig rasch rekapitalisiert. Man schafft die Illusion von Zombiebanken, die aber nie im Leben die Fähigkeit zur Kreditschöpfung haben. Als erstes stand schon der maximal mögliche Betrag fest, nämlich rund 25 Milliarden Euro. Das ist viel zu wenig angesichts der Tatsache, dass ein nicht unbedeutender Teil des bisherigen Eigenkapitals aus staatlich garantierter zukünftiger Steuerersparnis, d.h. aus Buchhaltungstricks, besteht. Und die über 80 Mrd. unbedienten Kredite werden einen sehr hohen Verlust (engl. Loss Given Default, kurz LGD) erbringen. Vor allem weil durch die gegenwärtige Liquiditätskrise die unbedienten und faulen Kredite nochmals massiv empor schnellen werden. Zudem beschleunigt sich der Preisfall von Immobilien immens, wenn die Banken sie im Sekundärmarkt realisieren müssen.

Doch die Summe soll gar nicht sofort und rasch fließen. Zuerst wird ein Stresstest durch die EZB erfolgen, mit erneuter Durchsicht der Bücher, Szenarien etc. Das ist viel zu spät und viel zu langsam. In einer Liquiditätskrise ist das Ausmass des benötigten Eigenkapitals ohnehin abhängig davon, wie lange die Liquiditätskrise vorher anhält. Unternehmen gehen üblicherweise bereits bankrott, wenn sie illiquid, nicht erst wenn sie insolvent sind.

Die Geld- und Bankenpolitik im Jahr 2015 wird einen gewaltigen zusätzlichen monetären Schock verursachen, der vermutlich permanent sein wird. Dieser wird noch verstärkt durch zwei komplementäre finanzpolitische Schocks: Ein massiver Impuls durch weit reichende und umfassende Steuererhöhungen: Mehrwertsteuer, Gewinnsteuer der Unternehmen, Tonnagesteuer für die Reeder, Abschaffung des verbilligten Diesels und steuerlicher Abzugsmöglichkeiten für die Bauern. Und ein strukturelles Ausschalten aller automatischen Stabilisatoren der Finanzpolitik. Wenn es konjunkturbedingt zu Abweichungen vom Planpfad für die Primärüberschüsse kommt, werden automatische Ausgabenkürzungen getätigt.

Diese Kombination katastrophal verfehlter Geld- und Finanzpolitik wird Griechenland  in einen wirtschaftlichen Zusammenbruch hineinführen. Das Programm ist miserabel und schludrig konzipiert. Es entbehrt elementaren makroökonomischen Sachverstands. Es fehlt an Führung, an einer Abstimmung und Koordination von nachfrage- und angebotsseitigen Maßnahmen, von Geld- und Finanzpolitik durch eine kompetente Expertise. Das Programm enthält verschiedene sinnvolle Bausteine wie den Aufbau einer modernen Verwaltung. Aber diese sinnvollen Strukturreformen wirken eher langfristig. Zudem erfordern sie vorgängig Investitionen in Infrastruktur und Humankapital. Ihre Wirkung ist kurz- und mittelfristig gegenüber der super-restriktiven Geld- und Finanzpolitik bedeutungslos. Andere als Strukturreformen bezeichneten Maßnahmen begünstigen wie die umfassenden Steuererhöhungen nur eine weitere Ausdehnung des informellen Sektor und monetärer Schattenkreisläufe zum Zweck der Steuervermeidung. Wenn nicht ganz massive Korrekturen, ja eine eigentliche Umkehr in der Logik erfolgen, führt dieses Paket noch rascher, intensiver und irreversibler als die beiden ersten Pakete einen Zusammenbruch der Wirtschaft herbei. Dieser wird auch soziopolitisch in Griechenland tiefe Verwerfungen auslösen und dürfte noch vor der Bundestagswahl 2017 mit einem Vollabschreiber der Gläubigerguthaben enden.

Im Kern ist das Programm ein hochgradig destruktives Ponzischema: Immer neue Kredite werden gewährt, um alte abzulösen oder die Zinsen darauf zu bezahlen. Die Bedingungen sind aber so formuliert, dass sie den Prozess der makroökonomischen Schuldendeflation maximal  befeuern statt ihn zu stoppen. Das Ganze ist nicht nur eine Katastrophe für die Wirtschaft und Bevölkerung Griechenlands. Es ist, gerade vor dem Hintergrund der höchst lehrreichen Geschichte Deutschlands, ein erschreckendes Zeugnis für Führungsschwäche, Beratungsresistenz und wirtschaftshistorische Inkompetenz der Bundesregierung und der Führung Europas.

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