Nach den Anschlägen von Paris hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor übereilten Entscheidungen im Kampf gegen Extremisten gewarnt. Auch wenn das Vorgehen gegen die Dschihadistenmiliz IS fortgesetzt werden müsse, sei klar, „dass am Ende Kampf gegen Terrorismus nicht militärisch gewonnen werden kann“, sagte Steinmeier am Montag beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Alle müssten sich deshalb „sehr selbst kontrollieren, dass wir aus dem Druck der Situation heraus nicht falsche Entscheidungen treffen beziehungsweise Entscheidungen treffen, die nicht weiterhelfen werden“.
Aus Frankreich und aus der Türkei kommen nach den Anschlägen explizit militärische Töne: Frankreichs Präsident Hollande sprach unmittelbar nach den Attentaten von Krieg, Premier Valls fordert eine „heilige Union“ gegen den Krieg. Bundespräsident Gauck spricht von einem neuen Krieg. Der türkische Premier Erdogan verlangt massive militärische Aktionen. Der Papst spricht gar vom Dritten Weltkrieg. Die Nato bietet an, den Bündnisfall zu aktivieren. Die US-Neocons wollen Bodentruppen in Syrien einsetzen. Frankreichs Luftwaffe fliegt seit Sonntagabend massive Luftangriffe. Die Zahl der Vertriebenen aus dem Kriegsgebiet steigt.
Steinmeier erschient in diesem Zusammenhang als Stimme der Vernunft: Alle Regierungen müssten an der Seite Frankreichs stehen und den Kampf gegen den IS fortsetzen, sagte Steinmeier. Während andere Länder mit Luftangriffen gegen die Extremisten vorgingen, werde Deutschland dies weiter über die Unterstützung von Kämpfern am Boden tun. Steinmeier verwies dabei auf die deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga. Diese hätten es den Kurden nicht nur ermöglicht, sich gegen den IS zu verteidigen, sondern auch Gebiete zurückzugewinnen.
Auch nach den Anschlägen von Paris gebe es aber „keine einfachen Lösungen“, um gegen Extremismus vorzugehen, sagte Steinmeier. Neben der weiteren Unterstützung des Kampfes gegen den IS müsse es aus seiner Sicht insbesondere Ziel sein, „energisch“ daran weiterzuarbeiten, über Verhandlungen mit allen Akteuren den „Kernkonflikt“ in Syrien zu entschärfen.
Tatsächlich konstituieren die globalen Auseinandersetzungen seit vielen Jahren einen latenten, globalen Kriegszustand. Deutschland und Europa sind bisher lediglich verschont geblieben, erleben seit der Ankunft der Flüchtlinge jedoch, dass diese Kriege real sind.
Beendet werden können diese allerdings nicht durch noch mehr Krieg, wie dies die Rüstungsindustrie, die Geheimdienste und die Nato als Lösung anbieten.
***
Anfang Dezember erscheint das neue Buch von DWN-Herausgeber Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Krieg Deutschland und Europa verändern“. In dem Buch werden jene Erscheinungsformen der modernen Kriege analysiert, die seit einigen Jahren auf der Welt global zu beobachten sind: Waffen werden nicht mehr von Soldaten bedient, sondern von Computerspezialisten. Söldner kämpfen anstelle regulärer Armeen. Finanzkrieger und Spekulanten machen Jagd auf die Sparguthaben und den Sozialstaat. Die Königsdisziplin ist der Cyber-Krieg: Stromversorgung, Krankenhäuser, Telefonnetze sind anfällig für Attacken. In den Medien toben Propaganda-Schlachten.
Das Merkmal all dieser modernen Kriege: Wir wissen nicht mehr, wer ist Feind, wer Freund. Doch woher kommt die globale Entwicklung? Und wie können und müssen Deutschland und Europa reagieren? Bestellen Sie das Buch hier beim Verlag vor (Erscheinungstermin 5.12.2015).