Der Machtkampf in der Ukraine setzt sich fort: Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk hat am Mittwoch die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko die von der EU unterstützte Koalition verlassen. Die Ex-Ministerpräsidentin rief die übrigen Parteien auf, ihrem Beispiel zu folgen. „Wir müssen konstatieren, dass die proeuropäische Koalition in diesem Parlament niemals existiert hat. Es existierte immer eine Schattenkoalition in den Hinterzimmern“, sagte sie im Parlament laut ukrainischen Medien.
Die Oligarchin Julia Timoschenko hatte lange ein enges Verhältnis zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ob die beiden auch heute noch Kontakt pflegen ist nicht auszumachen. Ihre „Allukrainische Vereinigung Vaterland“ ist jedenfalls seit 2008 eine Schwesternpartei der CDU. Beide gehören der Allianz der europäischen Volksparteien (EVP) an. Eine kanadische Studie kam nach intensiven Recherchen zu dem Schlusse, dass Timoschenkos Partei beim Putsch in der Ukraine eine führende Rolle gespielt hatte. Sie hat dabei offenbar auch eng mit den Rechtsextremen in der Ukraine zusammengearbeitet.
Auch der von der EU unterstütze Präsident Petro Poroschenko hatte Premier Jazenjuk am Dienstag zum Rücktritt aufgefordert. Jazenjuks Volksfront und die Präsidentenpartei Petro-Poroschenko-Block haben zusammen keine Mehrheit im Parlament.
Jazenjuks Bündnis verliert mit Timoschenkos Partei 19 von 262 Stimmen im Parlament, hat aber mit 243 Abgeordneten noch immer eine Mehrheit. Kritisch würde es, wenn auch die Partei Samopomitsch (Selbsthilfe) mit weiteren 26 Abgeordneten ausscheiden würden: Am Mittwochmorgen boykottierte die Partei eine Plenarsitzung des Parlaments. Im September war bereits die Radikale Partei aus der Koalition ausgestiegen.
Die USA und die EU haben in den vergangenen Jahren Milliarden an Steuergeldern in das ukrainische Schulden-Karussell gepumpt: Nach Informationen von Group for Tomorrow’s Ukraine hat die Ukraine von der US-Regierung seit Dezember 2014 insgesamt 3,5 Milliarden Dollar an Krediten und Kreditgarantien erhalten.
Von der EU erhielt die Ukraine im Rahmen der Makrofinanzhilfe (MFA) 2,2 Milliarden Euro und über weitere Kreditprogramme mehr als 1,3 Milliarden Euro. Im Verlauf des aktuellen Jahres soll die Ukraine weitere 958 Millionen Dollar erhalten, berichtet die EU-Kommission.
Die Ukraine will in diesem Jahr über neun Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Etwa fünf Milliarden Euro davon solle der IWF beisteuern, sagte die ukrainische Finanzministerin Natalia Jaresko im Januar. Der IWF hatte im vergangenen Jahr Kredite in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar bewilligt. Das internationale IWF-Paket für die Ukraine beträgt insgesamt 40 Milliarden Euro.
Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass Russland im Streit mit der Ukraine über offene Schulden vor Gericht zieht. Die Ukraine schuldet Russland drei Milliarden Dollar, die die Regierung in Moskau 2013 in einen ukrainischen Euro-Bond investierte und deren Rückzahlung am 20. Dezember 2015 fällig geworden war. Kiew verweigert die Rückzahlung.