Politik

TTIP vor dem Scheitern: EU-Verhandler ratlos und frustriert

Das Freihandelsabkommen TTIP dürfte in nächster Zeit nicht zustandekommen. Die EU-Verhandler äußern sich überraschend offen frustriert und sehen keine Strategie für einen Erfolg. Der Grund: Die Vorstellungen der EU, der Mitgliedsstaaten und der USA liegen zu weit auseinander.
12.05.2016 10:58
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die EU-Verhandler für das TTIP zeigen sich überraschend offen frustriert und lassen laut Informationen der Brüsseler Website EUObserver erkennen, dass sie selbst nicht mehr an einen Erfolg des TTIP glauben. Der EUObserver ist eine ausgesprochen EU-freundliche Website, die bisher durchaus wohlwollend über das TTIP berichtet hatte. Am Donnerstag schreibt die Website, dass sich die Handelsminister am Freitag bei ihrem Treffen fragen werden, wie sei weitermachen sollen. Das ist eine sehr grundsätzliche Fragestellung - wenn man bedenkt, dass über das TTIP bereits seit drei Jahren verhandelt wird.

Das Hauptproblem sind offensichtlich grundsätzlich unterschiedliche Vorstellungen über die Natur des Abkommens: Die Amerikaner wollen die Öffnung der öffentlichen Dienste wie das Gesundheitswesen für die US-Unternehmen - ein Tabu für die EU. Die EU fordert wiederum die Öffnung der US-Ausschreibungen für die Europäer - ein Punkt, dem sich die Amerikaner verweigern.

Die Amerikaner kämpfen mit harten Bandagen - sehr zur Verärgerung der EU: So berichtet der EUObserver, die US-Delegeation habe verlangt, dass die EU alle Vorbehalte zum Schutz des öffentlichen Sozialsysteme fallenlassen müssten, ein "total unakzeptabler Vorstoß", so einer der Verhandler.

Außerdem wachse "die Frustration unter den Mitgliedsstaaten". Dies wird zum Problem: Denn im Juni kommt die juristische Vorlage über die immer noch nicht entschiedene Frage, ob das CETA ein gemischtes Verfahren ist oder in die alleinige Kompetenz der EU-Kommission fällt. Nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten deutet derzeit alles darauf hin, dass die Experten der EU zu dem Ergebnis kommen werden, dass es sich bei CETA - und damit auch bei TTIP - um ein gemischtes Verfahren handelt, bei dem also die nationalen Parlamente zustimmen müssen.

Daher versuchen alle Seiten nun offenkundig, die Wogen zu glätten - um nicht auch noch das CETA zu gefährden. Dieses sei, so der EUObserver, wesentlich EU-freundlicher als das jüngste TPP-Abkommen der Amerikaner mit den Pazifik-Staaten. Die USA wollten TTIP mehr wie TPP und keinesfalls wie CETA, zitiert der EUObserver einen Verhandler. Doch auch bei CETA droht der EU Ungemach: Der Generalsekretär der SPÖ, Andreas Schieder, sagte vor einigen Tagen im ORF, dass die SPÖ das CETA für Österreich ablehne. Es ist unklar, ob das wirklich eine Parteilinie ist oder eine spontane Aussage.

Jedenfalls wollen die EU-Handelsminister am Freitag CETA so auf den Weg bringen, dass das Abkommen im Herbst abgeschlossen werden kann. Es ist verständlich, dass man seitens der EU nun eine Vermischung der negativen TTIP-Debatte mit dem CETA-Abschluss vermeiden will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Elon Musks X wird zur Bank: Der Angriff auf das Finanzsystem
29.06.2025

Elon Musks Plattform X will mehr sein als ein soziales Netzwerk. Mit eigenen Finanzdiensten und digitaler Geldbörse kündigt sich eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pandora und Amazon decken globales Fälschernetzwerk auf
29.06.2025

Pandora und Amazon decken ein globales Netzwerk von Produktpiraten auf. Die Drahtzieher in China sitzen nun im Gefängnis – doch die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verteidigungsbranche boomt: Diese fünf Aktien setzen Analysten jetzt auf die Watchlist
29.06.2025

Der globale Rüstungsboom bietet Anlegern neue Chancen. Fünf Aktien stehen bei Analysten hoch im Kurs – von Hightech-Zulieferern bis zu...

DWN
Panorama
Panorama Unwetterwarnungen: Was sie können und was nicht
29.06.2025

Unwetterwarnungen sollen Leben retten – und das möglichst rechtzeitig. Doch nicht immer klappt das. Warum ist es trotz modernster...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...