Politik

China will Investoren halten und verstaatlicht schwache Unternehmen

Die große Zahl fauler Kredite in der chinesischen Wirtschaft wurde von Investoren mit zunehmender Skepsis registriert. Die Regierung geht deshalb seit einigen Wochen mit besonderen Maßnahmen dagegen vor. Eine grundlegende Lösung der Spannungen im Finanzsektor und der Überkapazitäten in der Industrie ist jedoch nicht zu erwarten.
24.05.2016 00:27
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die chinesische Regierung möchte die große Zahl ausfallgefährdeter Kredite im Bankensystem deutlich reduzieren. Zu diesem Zweck hat sie mehrere Sondermaßnahmen eingeführt, die am Markt mittlerweile stark nachgefragt werden, wie Financial Times schreibt. Dabei handelt es sich um Tauschgeschäfte, mit denen die Schulden von Unternehmen umgeschichtet beziehungsweise abgebaut werden sollen.

Der Umfang eines Programms, bei dem kurzfristige Kredite für langfristige Anleihen getauscht werden, hat zwischen Anfang März und Ende April um rund 100 Milliarden Dollar auf 220 Milliarden Dollar zugelegt. Von Anleihen erhofft sich die Regierung offenbar eine zeitliche Streckung der Rückzahlungssumme, welche die Gefahr von Insolvenz seitens der Unternehmen reduzieren soll.

Kontroverser diskutiert wird ein Programm, das einen Tausch von Bank-Forderungen in Aktienkapital ermöglicht. Banken schreiben daraufhin ihre Positionen an uneinbringlichen Krediten ab und erhalten im Gegensatz dazu Aktien des betreffenden Unternehmens, werden also (Mit-)Eigentümer. Rund 150 Milliarden Dollar wurden für diesen „debt to equity swap“ von der Regierung bewilligt, wie die Wirtschaftszeitung Caixin berichtet.

Bei dem Vorgang handelt es sich praktisch um eine (Teil-)Verstaatlichung der betreffenden Unternehmen, wie Beobachter kritisieren. Kurzfristig werde dadurch der Druck auf Banken und Unternehmen zwar abnehmen – das grundlegende Problem, die mangelhafte Rentabilität vieler Unternehmen – werde dadurch aber nicht behoben. Außerdem könnte eine zu starke Verwicklung von Finanzindustrie und Wirtschaft die Anhäufung von Schulden langfristig noch verstärken. Die Intervention werde unproduktive „Zombie-Unternehmen“ künstlich am Leben erhalten und das Überangebot in vielen Bereichen zementieren, warnen Kritiker.

Beide Programme dienen der Rekapitalisierung des Banken- und Unternehmenssektors und werden deshalb von Beobachtern auch als schleichende Staatshilfe bezeichnet. „Man kann sagen, dass die von der Regierung angeführte Rekapitalisierung bereits in einer atypischen Weise geschieht und deshalb den Bedarf an traditionellen Staatshilfen reduziert“, sagte ein von Financial Times zitierter Manager der Ratinagentur Standard & Poor’s.

Über den ungefähren Umfang der ausfallgefährdeten Kredite im Bankensystem des Landes herrscht Unklarheit. Offiziellen Zahlen zufolge sind etwa 1,75 Prozent aller vergebene Kredite in China von einem Ausfall bedroht. Schätzungen gehen allerdings davon aus, dass dieser Anteil rund zehnmal höher sein könnte. Diese Berechnungen klammern das unregulierte „Schattenbankwesen“ allerdings aus, welches einen Umfang von bis zu 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben soll und hohe Risiken birgt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Frankreich: Regierung von Premier François Bayrou scheitert bei Vertrauensfrage
08.09.2025

Frankreichs Regierung unter Premier François Bayrou ist an der Vertrauensfrage gescheitert. Ein krachendes Votum zwingt Präsident...

DWN
Politik
Politik Höhere Beitragsbemessungsgrenzen: Sozialbeiträge werden für Beschäftigte 2026 spürbar steigen
08.09.2025

Die schwarzrote Koalition will die Beitragsbemessungsgrenzen für Rente, Pflege und Krankenversicherung anheben – mit der Begründung,...

DWN
Politik
Politik Government Pension Fund Global: Norwegens Ölfonds trotzt den USA
08.09.2025

Der Government Pension Fund Global (GPFG) sorgt für Streit: Nach dem Ausschluss von Caterpillar und israelischen Firmen drohen die USA mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autozulieferer unter Druck: Stellenabbau bei Bosch, Conti, ZF – Autobranche kämpft ums Überleben
08.09.2025

Die deutsche Autobranche steckt in einer existenziellen Krise. Auftragseinbrüche, Milliardeninvestitionen in E-Mobilität und massiver...

DWN
Finanzen
Finanzen Wölfe der Wall Street: US-Börsen zwischen Rekorden und Unsicherheiten – steigt der Goldpreis auf 5.000 Dollar?
08.09.2025

Die US-Börsen schwanken zwischen Euphorie und Risiko: Rekorde bei S&P 500 und Nasdaq treffen auf Sorgen um Fed-Unabhängigkeit und...

DWN
Politik
Politik EU-Asylagentur: Deutschland bei Asylanträgen nicht mehr führend
08.09.2025

Seit mehr als zehn Jahren lag Deutschland bei Asylanträgen in Europa unangefochten an der Spitze. Nun übernehmen Frankreich und Spanien...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Warum Führungskräfte manchmal unlogische Entscheidungen treffen – und was zu tun ist
08.09.2025

Führungskräfte treffen oft irrationale Entscheidungen – aus Zeitdruck, Denkfehlern oder Selbstüberschätzung. Doch wer mutig ist und...

DWN
Politik
Politik Zwei Jahre nach dem Start: Wird die Regierung das Heizungsgesetz abschaffen?
08.09.2025

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Heizungsgesetzes plant die schwarz-rote Koalition Änderungen. Zwischen Klimazielen, Förderkürzungen...