Tausende Briten haben am Samstag gegen den Brexit demonstriert. Die Menschenmenge zog durch die Hauptstadt London und am Regierungssitz des amtierenden Premierministers David Cameron vorbei zum Parlament. Laut den Organisatoren nahmen 40.000 Menschen an der Demonstration teil.
Queen Elizabeth II. warnte am Samstag im schottischen Parlament die Schotten vor dem Bestreben nach Unabhängigkeit: "Wir alle leben in einer zunehmend komplexen und fordernden Welt." Vor dem Hintergrund dieser sich rasch entwickelnden Welt sei es wichtig, "ruhig und gefasst" zu bleiben. Eine gute Führung zeichne sich auch dadurch aus, dass sie genügend Raum für "ruhiges Nachdenken und Einkehr" gebe. Dies ermögliche "tiefere, kühlere Überlegungen" darüber, wie "Herausforderungen und Möglichkeiten" am besten angegangen würden.
Der von den Organisatoren "Marsch für Europa" getaufte Protestzug startete im Londoner Hyde Park und zog friedlich durch die Straßen der britischen Hauptstadt. Als die Menge in der Downing Street vorbeikam, riefen einige Demonstranten "Schande über Dich" - in der Hausnummer Zehn hat Premier Cameron seinen Amtssitz. Die Demonstration endete schließlich am Parlament. Wer hinter dem Marsch steckt ist unklar. Als Organisator wird auf Facebook Kieran McDermott angegeben. Auf seiner Facebook-Seite fordert McDermott Neuwahlen oder ein neues Referendum.
Die Briten hatten am Donnerstag vergangener Woche überraschend mit knapp 52 Prozent für einen EU-Austritt ihres Landes gestimmt und den gesamten Kontinent mit dem Votum geschockt. Eine Petition meldet 4 Millionen Unterschriften, die ein neues Referendum über die Zukunft Großbritanniens in der EU fordern. Ob die Stimmen wirklich einzelnen Menschen zuzuordnen ist, ist objektiv nicht zu beurteilen. Die Petition ist in Verruf geraten, weil unter anderem mehrere tausend Stimmen aus dem Vatikan kamen.
"Die 'Leave'-Kampagne hat die Menschen in die Irre geführt", sagte die 37-jährige Demonstrantin Casey, die gelbe und blaue Blumen im Haar trug. "Ich möchte die EU nicht verlassen." Der frühere TV-Produzent Nicholas Light forderte eine neue Volksabstimmung. "Jeder weiß, dass wir dann für einen Verbleib stimmen werden." Auch der in den EU-Farben gekleidete Demonstrant David sagte: "Wir können noch etwas tun, solange Artikel 50 noch nicht aktiviert ist."
Artikel 50 der EU-Verträge regelt den Austritt eines Landes aus der EU. Damit er zum Tragen kommt, muss die britische Regierung aber erst einmal offiziell einen Austrittsantrag stellen. Wann das nach dem historischen Brexit-Referendum geschieht, ist allerdings unklar. Cameron hatte nach der Volksabstimmung seinen Rücktritt bis zum Herbst angekündigt. Mehrere potenzielle Nachfolger ließen bereits erkennen, dass sie den Artikel frühestens 2017 aktivieren werden.