Politik

Gipfel geplant: Merkel will Frankreich-Sieger so schnell als möglich treffen

Lesezeit: 2 min
04.05.2012 13:05
Die Wahrscheinlichkeit, dass Francois Hollande der neue französische Präsident wird, ruft in der deutschen Regierung Unruhe hervor. So schnell wie möglich soll mit dem französischen Wahlsieger ein Treffen stattfinden. Hollande gefährdet Angela Merkels Strategie.
Gipfel geplant: Merkel will Frankreich-Sieger so schnell als möglich treffen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Nach Information von Beamten in Berlin und Brüssel will sich Angela Merkel bereits einen Tag nach der Vereidigung mit dem Sieger der Wahlen in Frankreich treffen. Kurz darauf Ende des Monats soll zudem ein informeller EU-Gipfel stattfinden. Ziel sei es, die Pläne für die Eurozone so schnell wie möglich zu klären, schreibt die FT. Ein Sieg für Francois Hollande wäre eine Blamage für Angela Merkel, die sich im Wahlkampf klar hinter Nicolas Sarkozy gestellt hat und ein Treffen mit dessen Herausforderer nicht in Betracht ziehen wollte.

Wenngleich ein Wahlsieg Nicolas Sarkozys immer noch im Bereich des Möglichen liegt, zeigen die aktuellen Umfragen, dass sein Herausforderer Francois Hollande aller Voraussicht nach gewinnen wird. Gewinnt er stehen die mühsam ausgehandelten Maßnahmen wie der Fiskalpakt in seiner jetzigen Form auf dem Spiel. Die Nervosität an den Märkten könnte dadurch erneut an Fahrt gewinnen.

Eine der großen Sorgen in Berlin ist, dass Frankreichs möglicher neuer Präsident den Fiskalpakt verwässern könnte. Er forderte bereits Neuverhandlungen. Francois Hollande will unter anderem keine Schuldenbremse in die nationale Verfassung aufnehmen, sondern ein Haushaltsplanungsgesetz für die Ziele zum Schuldenabbau verankern. Zudem möchte er mehr Wachstum generieren und die gestrauchelten Länder hätten so ein einflussreiches Land der Eurozone bei ihren Forderungen nach Wachstumsmaßnahmen auf ihrer Seite. Zuspruch von EZB-Chef Mario Draghi hat Francois Hollande bereits erhalten und die ersten Vorkehrungen für einen Wachstumspakt laufen bereits. Doch genau in dieser Hinsicht sei die deutsche Regierung besorgt, dass Francois Hollande „einen guten, altmodischen Ausgabenplan“ sehen möchte. Dies würde die Regierungen der Eurozone dazu nötigen, sich mehr Geld zu leihen – und das in einer Phase, in der sie versuchen, ihr Defizit zu senken.

Zwar ist es nicht abwegig, dass Francois Hollande seine oppositionelle Politik gegenüber Angela Merkel etwas entschärfen könnte, aber das Problem ist, „dass er bis zu den Parlamentswahlen (Mitte Juni, Anm. d. Red.) an seinem Wahl-Programm festhalten muss“, erklärt Daniela Schwarzer, Spezialistin für deutsch-französische Beziehungen am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit in Berlin. Allerdings fürchtet die deutsche Regierung, dass dann angesichts der aktuellen Situation in der Eurozone zu viel Zeit verloren gehen könnte. Sie will möglichst schnell eine Einigung, um die Märkte nicht aufzuschrecken.

Auf eines muss sich die deutsche Regierung aber so oder so einstellen, ganz gleich, wer als Sieger bei der Präsidentschaftswahl hervorgeht. Sowohl Nicolas Sarkozy als auch Francois Hollande haben in ihrem Wahlkampf gesagt, die Position Frankreichs in der EU wieder deutlich stärken zu wollen. Wie so etwas aussehen kann, sieht man an Großbritanniens Haltungen gegenüber dem Fiskalpakt, der Finanzmarkttransaktionssteuer und den Eigenkapitalquoten der Banken (mehr hier). Die Überlegungen Hollandes und Sarkozys, das Mandat der EZB zu erweitern, stießen in Berlin auch auf Widerstand.

Nach der Präsidentschaftswahl werden also so oder so die Karten für die EU-Politik neu gemischt – immerhin finden am Wochenende auch in Griechenland Neuwahlen statt, bei denen die kleinen neuen Parteien, die sich von den Sparmaßnahmen abwenden, gute Chancen für einen Einzug ins Parlament haben (hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...