Finanzen

Im September startet die EZB ihre neuen Bankenhilfen: Was bedeutet das?

Lesezeit: 2 min
18.08.2019 09:00  Aktualisiert: 18.08.2019 09:00
Im September startet die EZB ihr neues GLRG-Programm. In dessen Rahmen wird sie Geschäftsbanken dafür bezahlen, dass sie sich bei der Zentralbank Geld leihen.
Im September startet die EZB ihre neuen Bankenhilfen: Was bedeutet das?
Mario Draghi, der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank, sieht die GLRG-Kredite als notwendige Subventionen für Europas Banken. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im September startet die Europäische Zentralbank ein neues Finanzierungsangebot für die Banken der Eurozone. Außerdem erwägt sie eine Änderung ihrer Zinspolitik, um die Nebenwirkung des Stimulus zu begrenzen.

Mithilfe der sogenannten "Gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte" (GLRG) stellt die EZB den Banken in der Eurozone langfristige Kredite zur Verfügung. Dabei ist der Zinssatz geringer als bei kurzfristigen Krediten, welche Banken jederzeit bei der EZB aufnehmen können.

"Wir bieten ihnen einen Anreiz, ihre Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher im Euroraum auszuweiten", heißt es auf der Webseite der EZB. Auf diese Weise wolle sie dazu beitragen, "dass die Inflationsraten auf mittlere Sicht wieder auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 Prozent zurückkehren".

Im Rahmen des Programms erhalten Banken Kredite von bis zu 30 Prozent ihrer ausstehenden Kredite an Unternehmen und Verbraucher, ausgenommen Hypotheken. Banken, die mehr Kredite an die Realwirtschaft vergeben, können also auch mehr Mittel aufnehmen.

Mit den "Gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften" kehrt die EZB im September zu einem Ansatz zurück, den sie schon zweimal verwendet hat. Die erste Serie von GLRG kam im Jahr 2014. Die zweite Serie wurde im März 2016 eingeführt und trägt die Bezeichnung GLRG-II. Laut EZB haben die beiden Serien das Ziel erreicht, billigere Kreditkosten an die Privatwirtschaft weiterzugeben, nur die Inflation sei weiter zu gering.

Die "Gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte" zielen darauf ab, die Finanzinstitute in der Eurozone dazu zu bringen, die Kreditvergabe an Unternehmen zu intensivieren. Auf diese Weise sollen die Wirtschaftstätigkeit stimuliert und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Normalerweise müssen Geschäftsbanken ihre Kredite bei der EZB innerhalb von einer Woche oder drei Monaten zurückzahlen. Die ab September im Rahmen des GLRG-Programms vergebenen Kredite haben jedoch eine deutlich längere Laufzeit von zwei Jahren, berichtet Bloomberg.

Die Zinssätze starten bei maximal 10 Basispunkten über dem Hauptrefinanzierungssatz, der derzeit bei Null liegt. Doch wenn eine Bank Unternehmen und Haushalten genügend Geld zur Verfügung stellt, so wird sie von der EZB mit einem äußerst günstigen Zinssatz belohnt. Dieser kann bis zu 10 Basispunkte über dem Einlagesatz liegen, der derzeit minus 0,4 Prozent liegt. Das wäre ein Zinssatz von minus 0,3 Prozent. Zudem dürfte der Einlagezins weiter sinken.

Das heißt, die Geschäftsbanken in der Eurozone werden dafür bezahlt, dass sie bei der EZB langfristige Kredite aufnehmen. Beim GLRG-Programm handelt es sich also letztlich um eine Subvention für Banken. "Wenn es keine Subventionen gäbe, dann würde niemand die GLRGs in Anspruch nehmen", sagte der scheidende EZB-Präsident Mario Draghi.

Die EZB rechtfertigt die erneuten Subventionen an die Banken unter anderem damit, dass diese durch den negativen Einlagezins von derzeit minus 0,4 Prozent belastet sind. Die Finanzinstitute müssen dafür zahlen, dass sie ihre überschüssigen Reserven bei der Zentralbank halten. Die EZB-Beamten untersuchen derzeit ein Stufenmodell, bei dem auf einen Teil der Einlagen, welche die Banken über Nacht bei der EZB parken, weniger negative Zinssätze angewendet werden. Japans Zentralbank verwendet ein ähnliches Modell mit einem dreistufigen Design, das für die meisten Guthaben einen Zinssatz von Null verwendet.

Die EZB begründet den Neustart der GLRG damit, dass die Inflation in der Eurozone zu weit unter ihrem Ziel von knapp 2 Prozent liegt und dass und in der zweiten Jahreshälfte 2019 kaum eine wirtschaftliche Erholung eintreten wird. Die Darlehen sollen den Banken auch dabei helfen, die nach der Finanzkrise 2008 erlassenen Vorschriften zu erfüllen, die vorsehen, dass sie über einen bestimmten Betrag an Eigenkapital oder längerfristige Finanzierungen verfügen müssen. Zudem benötigen einige Banken eine Ersatzfinanzierung, wenn die früheren GLRG-Programme auslaufen. Die Aufnahme von Krediten bei der EZB wird in der Regel günstiger sein als die Geldbeschaffung an den Finanzmärkten.

Eine Gefahr der langfristigen Finanzierungen besteht darin, dass die Banken dadurch möglicherweise zu sehr von der EZB abhängig werden, was eine eventuelle Rückkehr zu einem normal funktionierenden Finanzmarkt erheblich erschweren würde. Die Zentralbank versucht, dem entgegenzuwirken, indem sie diesmal nur zweijährige Kredite anbietet. In den früheren Runden konnten die Kredite vier Jahre lang gehalten werden.

Die GLRGs könnten auch den Prozess der Reduzierung notleidender Kredite in Ländern wie Italien verlangsamen. Die lockere Geldpolitik der EZB wird dafür verantwortlich gemacht, unrentable Unternehmen - so genannte Zombiefirmen - zu unterstützen, die in einem normalen Umfeld ohne extrem billige Kredite nicht überleben könnten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...