Politik

Internet-Steuer in Ungarn: Orbán will nur eine Pause machen

Die ungarische Regierung kippt die geplante Einführung einer Internet-Steuer. Regierungs-Chef Viktor Orbán sagt, dass er der Entscheidung des ungarischen Volks Folge leiste. Doch aufgeben will Orban die Steuer nicht: Sie ist Teil seiner Medien-Strategie, von rechte Zeitungen besonders profitieren.
01.11.2014 23:55
Lesezeit: 1 min

Nach massiven öffentlichen Protesten legt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die geplante Internetsteuer vorerst auf Eis. „Wenn das Volk etwas nicht nur nicht mag, sondern es auch für unvernünftig hält, sollte es nicht gemacht werden“, begründete der Regierungschef am Freitag seinen Schritt in einem Hörfunkinterview. Für das kommende Jahr kündigte Orbán einen neuen Anlauf an, um Umsätze im Internet zu besteuern.

Der Guardian berichtet, dass zahlreiche Ungarn mit der Politik Orbáns unzufrieden sind. Ausschlaggebend seien staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft, die zur Zentralisierung der Macht im Land führen. So bevorteile der Staat beispielsweise einige Zeitungen, während andere bewusst klein gehalten werden.

Nach Angaben von Christian Science Monitor haben die beiden links-liberalen Blätter Népszabadság und Népszava von Januar 2013 bis Juni 2014 staatliche Werbegelder in Höhe von 500.000 US-Dollar erhalten. Die rechten Zeitungen Magyar Nemzet und Magyar Hírlap hingegen konnten im selben Zeitraum sechs Millionen US-Dollar einstreichen. In Ungarn findet ein Kampf um die Vergabe von staatlichen Geldern und Zuschüssen statt.

Am vergangenen Sonntag hatten Tausende Menschen in Budapest gegen das Vorhaben der Regierung protestiert. Ihrer Ansicht nach beschränkt die Besteuerung des Datenverkehrs im Internet demokratische Rechte und Freiheiten. Die Regierungspläne sahen eine Abgabe für Internetanbieter von 150 Forint vor. Das Wirtschaftsministerium erklärte zuvor, es rechne dadurch pro Jahr mit Einnahmen von umgerechnet 65 Millionen Euro. Ungarische Medien zitierten dagegen Experten-Schätzungen, die angesichts des Datenaufkommens von mehr als einer Milliarde Gigabyte bereits 2013 vom Zehnfachen ausgehen. Von einer Internet-Steuer wäre auch die Deutsche-Telekom-Tochter Magyar Telekom betroffen gewesen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...