Politik

NSA-Chef warnt von chinesischen Cyber-Angriffen auf US-Stromnetze

Lesezeit: 2 min
20.11.2014 23:56
Der US-Geheimdienst NSA will in Erfahrung gebracht haben, dass chinesische Hacker in der Lage seien, die amerikanischen Stromnetze lahmzulegen. Bisher galten die Russen als die Hauptverdächtigen für Sabotage-Akte als Teil des globalen Cyber-Kriegs.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

China hat nach Einschätzung des US-Geheimdienstes NSA die Fähigkeit zu folgenreichen Cyberangriffen auf Computersysteme von US-Stromversorgern. Hackern sei es bereits gelungen, in solche Netze einzudringen und deren Aufbau zu erkunden, sagte NSA-Chef Mike Rogers am Donnerstag vor einem Parlamentsausschuss in Washington. Die Hacker seien möglicherweise auch dazu in der Lage, solche Systeme lahmzulegen. Auch US-Luftfahrtnetze und Finanzkonzerne seien in Reichweite der Chinesen. Zudem würden ein bis zwei weiteren Ländern ähnliche Fähigkeiten zugetraut, warnte Rogers. Einzelheiten wollte er dazu öffentlich nicht nennen.

Bisher war Russland verdächtigt worden, hinter verschiedenen Hacker-Attacken auf US-Banken zu stecken.

Doch auch im Energie-Bereich vermuten die Amerikaner, dass die Russen Cyber-Angriffe auf die US-Infrastruktur durchführen könnten. Die betroffenen Energieunternehmen in Europa und den USA wurden mit dem so genannten „Energetic Bear“ attackiert. Das Programm ermöglicht es seinen Betreibern, den Energieverbrauch in Echtzeit zu überwachen. Gleichzeitig könnten physische Systeme wie Windkraftanlagen, Gasleitungen und Kraftwerke nach Belieben lahmgelegt werden.

„Es wird vermutet, dass die gut ausgestattete Organisation hinter der Cyber-Attacke Computersysteme von mehr als 1000 Organisationen in 84 Ländern in einer Kampagne über 18 Monate kompromittiert hat“, berichtet die Financial Times. Die Malware ähnle dem so genannten Stuxnet Computerprogramm, das von den USA und Israel entwickelt wurde. Vor zwei Jahren sei damit die erfolgreiche Infiltrierung und Sabotage von Uran-Anreicherungsanlagen im Iran gelungen.

Die jüngsten Angriffe fußen jedoch auf einer weiter entwickelten Software. Erstmals entdeckt wurden sie Anfang dieses Jahres. Zunächst schien es auch nur um Spionage zu gehen. Doch wie das US-Cyber-Security-Unternehmen Symantec am Montag mitteilte, sei „Energetic Bear“ so entwickelt worden, dass die Malware auch die Kontrolle über physikalische Systeme übernehmen könne.

Der von Symantec als „Dragonflybezeichneten Gruppierung hinter den Angriffen soll es im vergangenen Jahr gelungen sein, drei führende Spezialhersteller von industriellen Steuerungssystemen zu infizieren. Dann sei die Malware heimlich in die legalen Software-Updates der Unternehmen für ihre Kunden eingespeist worden. Luden diese anschließend die Updates herunter, wurden auch ihre Systeme infiziert. Die kontaminierte Software von einem dieser Unternehmen sei allein auf mehr als 250 industrielle Systeme gespielt worden. Die mittlerweile neutralisierte die Malware soll wahllos hunderte von Organisationen infiziert haben. Es bestünde jedoch die Gefahr, dass die Angreifer nach wie vor im Besitz von Passwörtern seien.

Symantec will eine klare Vorstellung haben, wer sich hinter „Dragonfly“ verbirgt. Dem Hersteller der Norton Antivirus-Software zufolge sei „Energetic Bear“ in Spanien und den USA am aktivsten. Gefolgt von Frankreich, Italien und Deutschland. Die Malware selbst verorten die Fachleute in Ost-Europa. Sie besäße außerdem „alle Eigenschaften einer staatlichen Förderung“.

Geteilt wird diese Einschätzung auch von anderen Experten auf diesem Gebiet. „Das sind Menschen, die mit FAPSI [Russlands Kommunikationsüberwachungsdienst ] zusammenarbeiten, um Mutter Russland zu unterstützen“, zitiert die FT Stuart Poole-Robb, einen ehemaligen MI6 und militärischen Geheimdienst-Offizier.

Hinweise auf eine Verbindung zu Russland hätten auch entsprechende Zeitstempel, kyrillische Texte und Namen im Code von „Energetic Bear“ geliefert. Doch abschließend gesichert ist das nicht. In der Vergangenheit hätten dem Blatt zufolge auch chinesische Hacker den Weg über Russland, um ihre Aktivitäten zu verschleiern.

Erst vor Kurzem wurde das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum Ziel eines Cyber-Angriffs. Dieser wurde offenbar langfristig geplant und zielte auf Daten über Rüstungstechnologie. Erste Indizien deuteten nach China, doch auch eine Beteiligung von US-Geheimdiensten wurde nicht ausgeschlossen (mehr hier). Zuletzt forderte ein US-Think Tank sogar eine Sicherheits-Behörde für das Internet. Eine Studie hatte belegt: Die hohe Vernetzung macht das Internet anfälliger für Cyber-Attacken. Schon der Zusammenbruch eines einzigen Cloud-Anbieters hätte weitreichende Folgen für die Weltwirtschaft (mehr hier).


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...