In der US-Kleinstadt Ferguson eskaliert die Lage nach dem Verzicht auf eine Anklage gegen einen Todesschützen der Polizei. Die Unruhen seien „viel schlimmer“ als jene, die unmittelbar nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf einen unbewaffneten schwarzen Jugendlichen im August ausgebrochen waren, sagte der Polizeichef des Bezirks St. Louis, Jon Belmar am Dienstag.
Mindestens zwölf Gebäude seien in Brand gesteckt worden, zudem kam es zu Plünderungen. Die meisten seien vollständig ausgebrannt. Auch zahlreiche Autos wurden in Brand gesteckt. Er habe mindestens 150 Schüsse gehört, sagte Belmar. Allerdings gebe es bislang keine Hinweise auf Schwerverletzte. 29 Menschen seien seit den am Montagabend ausgebrochenen Krawallen festgenommen worden.
Der Polizist hatte im August den unbewaffneten schwarzen Teenager Michael Brown erschossen. Der Fall löste wochenlange Unruhen in Ferguson und eine landesweite Rassismusdebatte aus.
US-Präsident Barack Obama rief die Menschen in Missouri auf, friedlich auf die Entscheidung der Jury zu reagieren. Die Polizei mahnte er, sich zurückzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt war die Wut vieler Menschen aber bereits in Gewalt umgeschlagen. „Mörder, Ihr seid nichts als Mörder“, wurde den Polizisten aus der Menge entgegengeschrien. Proteste gab es vor allem vor dem Polizeigebäude in Ferguson. Der 25-jährige Schwarze Antonio Burns sagte: „So funktioniert unser Rechtssystem nun einmal - die Reichen sind oben, die Armen unten.“
Auch in anderen Städten in den USA kam es zu Demonstrationen, die allerdings zunächst allesamt friedlich verliefen. In New York versammelten sich Menschen auf dem Times Square. Auch in Chicago, Seattle und Boston und vor dem Weißen Haus in Washington gab es Proteste.
Obama sagte, es müsse noch viel getan werden, um das Verhältnis der Farbigen zur Polizei und zum Rechtssystem zu verbessern. Es gebe Amerikaner, die der Entscheidung der Jury zustimmten, aber auch Bürger, die dies wütend mache. „Das ist eine verständliche Reaktion“, so Obama.
Die Familie von Michael Brown betonte, tief enttäuscht zu sein. „Wir verstehen zwar, dass viele unseren Schmerz teilen.“ Die Frustration müsse aber in einer positiven Art geäußert werden. Der Gouverneur von Missouri, Jay Nixon, rief zu Toleranz und gegenseitigem Respekt auf.
Der Bezirksstaatsanwalt von St. Louis, Bob McCulloch, erklärte auf der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz, es habe nach der Begutachtung aller Hinweise und Befragung aller Zeugen keinen ausreichenden Beweis gegeben, der für eine Anklage gesprochen hätte. Die Jury bestand aus zwölf Geschworenen - sieben Männern und fünf Frauen, neun Weißen und drei Schwarzen. Ihre Aufgabe war es, eine vorläufige Entscheidung zu treffen, ob ein Verbrechen begangen wurde und dieses vor Gericht verhandelt werden sollte. Geheim blieb, ob die Jury einstimmig entschieden hat.
McCulloch ergänzte, die Entscheidung müsse respektiert werden. Die Jury habe ein umfassendes Verständnis von dem Fall bekommen. Viele Zeugen hätten eingeräumt, die Schüsse nicht gesehen zu haben. Umstritten war vor allem, ob sich Brown vor den tödlichen Schüssen ergeben wollte oder er den Polizisten bedroht hat und der deswegen in Notwehr handelte. Die Zeugen hätten dazu unterschiedliche Angaben gemacht, so der Bezirksstaatsanwalt. Der Polizist habe zwölf Mal auf Brown geschossen. Der Teenager soll von sechs Kugeln getroffen worden sein. Er wurde verdächtigt, kurz zuvor Zigarren aus einem Laden geklaut zu haben.
Nach der Entscheidung gegen eine Anklage wegen der tödlichen Polizeischüsse von Ferguson ist in der Nähe der US-Kleinstadt ein Polizist angeschossen worden. Der Beamte sei am Arm verletzt worden, schwebe aber nicht in Lebensgefahr, teilte die Polizei am späten Montagabend mit. Es sei noch unklar, ob der Vorfall in University City mit den Unruhen im benachbarten Ferguson zusammenhänge.