Technologie

Überwachung: EU will Zugriff auf Schlüssel für gesicherte Daten

Der Anti-Terrorismus-Koordinator der EU will IT-Anbieter zwingen, die Schlüssel für die Verschlüsselung ihrer Nutzerdaten an die Spionagebehörden auszuhändigen. Großbritannien und Deutschland planen wie die USA Gesetze, die eine Überwachung von privaten Kommunikations-Daten legalisieren. Abwehrmaßnahmen gegen staatliche Überwachung sollen künftig verboten werden.
22.01.2015 23:22
Lesezeit: 1 min

Ein hochrangiger EU-Beamter will Telekommunikationsfirmen zwingen, die Schlüssel für die Verschlüsselung ihrer Nutzerdaten an die Polizei und Spionagebehörden auszuhändigen. Der EU-Anti-Terrorismus beauftragte Gilles de Kerchove machte entsprechende Vorschläge in einem Dokument, das die Bürgerrechtsgruppe Statewatch veröffentlichte.

In der Diskussion über schärfere Sicherheits-Maßnahmen gegen gewaltbereite Islamisten soll die EU-Kommission demnach den Einbau von Hintertüren bei der E-Mail-Verschlüsselung prüfen. Der Koordinator der EU-Staaten im Anti-Terror-Kampf Kerchove schlug in dem Schreiben dennoch vor, dass Internet- und Telekomfirmen in der EU dazu verpflichtet werden könnten, den Behörden derartige Schlüssel zur Verfügung zu stellen. Die Kommission solle entsprechende Regeln für solche Hintertüren unter Berücksichtigung der nationalen Gesetze und in Übereinstimmung mit den Grundrechten prüfen.

De Kerchove weist in dem Schreiben darauf hin, dass nach den Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden viele Internetanbieter Verschlüsselungsdienste anböten, um sich gegen die staatliche Überwachung zu schützen. wodurch das Abfangen von Nachrichten durch Ermittlungsbehörden technisch schwierig bis unmöglich geworden sei.

Zuvor hatte bereits Innenminister De Maizière einen Zugang deutscher Sicherheitsbehörden zu Kommunikationsdaten gefordert. Der britische Premier Cameron sowie US-Präsident Obama hatten in ähnlicher Form Kritik an der Verschlüsselung geäußert und ebenfalls eine Gesetz zum Verbot der kompletten Verschlüsselung privater Kommunikations-Daten gefordert. Die Sicherheitsbehörden müssten demnach jederzeit in der Lage sein, diese im Namen der inneren Sicherheit zu überwachen.

Kritiker wenden ein, dass die exzessiven Überwachungsgesetze in Frankreich den Pariser Anschlag nicht verhindern konnten. Kritik an dem Vorschlag kam auch von den Grünen im EU-Parlament. „Wer IT-Dienste dazu verpflichten will, sichere Kommunikation zu knacken, der hebelt die Grundrechte auf Datenschutz und Privatsphäre sowie das Kommunikationsgeheimnis endgültig aus“, monierte der EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht. Er plädierte dafür, stattdessen den Informationsaustausch zwischen den Ermittlungsbehörden der EU-Staaten zu verbessern.

Der Chaos Computer Club kritisierte die Forderung ebenfalls scharf, die forderte im Gegenzug ein „striktes Verbot unverschlüsselter Kommunikation“, wie heise berichtet.

De Kerchove macht dem Schreiben zufolge zudem eine Reihe weiterer Vorschläge zum besseren Schutz vor Terroranschlägen. Dazu zählen ein neuer Vorstoß bei der vor dem Europäischen Gerichtshof gescheiterten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, der Austausch von Fluggastdaten sowie die Einrichtung eines Anti-Terror-Zentrums bei der EU-Polizeibehörde Europol. Bei allen Maßnahmen gehe es aber nicht darum, Europa in einen Polizeistaat zu verwandeln, betonte de Kerchove in einem am Dienstag geführten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik IfW-Analyse: Europa verstärkt Ukraine-Hilfe deutlich
16.06.2025

Die europäische Ukraine-Hilfe hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen – doch nicht überall im gleichen Maß. Während die USA...

DWN
Politik
Politik Einbürgerungsantrag: Entscheidung dauert mitunter Jahre
16.06.2025

Die Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag kann lange dauern – warum profitieren bislang nur wenige von der verkürzten Frist? Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-Kurs legt kräftig zu: Woran das liegt und was Anleger jetzt wissen müssen
16.06.2025

Der Ripple-Kurs zeigt sich oft von seiner volatilen Seite. Doch zum Auftakt in die neue Handelswoche klettert der XRP-Coin kräftig –...

DWN
Politik
Politik SPD drängt auf gemeinsame Linie bei AfD-Verbotsverfahren
16.06.2025

Soll die AfD verboten werden? Während einige Bundespolitiker ein AfD-Verbotsverfahren fordern, mahnen andere zur Vorsicht. Im Raum steht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Blackstone setzt auf Europa – Anleger an der Wall Street uneins über US-Ausblick
16.06.2025

Das Vertrauen der Wall Street in Europa wächst weiter. Mit Blackstone signalisiert nun ein weiteres Schwergewicht der Finanzwelt seine...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel in Kanada: Zerrissene Wertegemeinschaft vor Bewährungsprobe
16.06.2025

Der G7-Gipfel in Kanada steht vor enormen Herausforderungen: Konflikte, Uneinigkeit und globale Krisen prägen das Treffen. Wie finden die...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzprofis zeigen: So bauen sich Studenten ihre Geldmaschine
16.06.2025

Sie zeigen jungen Anlegern, wie man es richtig macht: Zwei schwedische Börsenprofis legen Musterportfolios auf – und erklären, warum...

DWN
Panorama
Panorama Rundfunkbeitrag: Was sich ändert – und was passiert, wenn man nicht zahlt
16.06.2025

Der Rundfunkbeitrag sorgt regelmäßig für Ärger – sei es wegen der Pflichtzahlung oder neuer Regeln. Millionen Bürger sind betroffen,...