Politik

USA beschuldigen Russland eines Hacker-Angriffs auf das Weiße Haus

Die Amerikaner beschuldigen die russische Regierung, für Hacker-Angriffe auf das Weiße Haus verantwortlich zu sein. Belege wurden nicht vorgelegt. Die Vorwürfe könnten allerdings Vorbote einer neuen Eskalation sein: Präsident Barack Obama hatte erst vor einer Woche eine Verfügung erlassen, die ihn ermächtigt, gegen Hacker wie gegen militärische Feinde vorzugehen.
08.04.2015 11:32
Lesezeit: 3 min

Unbekannten Hackern soll es im vergangenen Herbst gelungen sein, in «sensible Bereiche» des Computernetzwerks des Weißen Hauses einzudringen. Der Sender CNN, der sich auf Angaben von US-Regierungsbeamten bezog, nannte die Sache am Dienstag mit einigem Pathos einen «ernsten Vorgang». CNN, das nicht gerade für die Verlässlichkeit seiner Berichte bekannt ist und in der Ukraine-Krise wiederholt völlig unkritisch Geheimdienst- und Militär-Mitteilungen als Nachrichten verbreitet hat, liefert nun eine Woche später eine angebliche Erklärung für die Angriffe: Es sollen die Russen gewesen sein.

Zwar seien keine geheimen Systeme betroffen gewesen. Aber die Hacker hätten immerhin Zugang zu Informationen wie nicht-öffentlichen Details zum Terminplan von Präsident Barack Obama gehabt. Derartiges sei für ausländische Geheimdienste wertvoll, zitierte CNN die Regierungsbeamten.

Dem Bericht zufolge sind sowohl die Bundespolizei FBI, der Secret Service und US-Geheimdienste in die Ermittlungen eingeschaltet. Sie betrachteten den Hackerangriff als eine der ausgeklügeltsten Cyberattacken, die jemals gegen das Weiße Haus ausgeführt worden seien. Die US-Geheimdienste und Nato-Militärs hegen seit einiger Zeit eine heimliche Bewunderung für die technologischen Fähigkeiten der Russen. 

Die Hacker seien zunächst in das Computersystem des US-Außenministeriums eingedrungen und hätten ein E-Mail-Konto als Ausgangspunkt für das Infiltrieren des Netzwerkes der Regierungszentrale benutzt. Ermittlern zufolge wiesen unter anderem bestimmte Codes darauf hin, dass die Hacker für die russische Regierung arbeiteten. Insgesamt habe die «Heftigkeit» der «russischen Aktionen» die US-Offiziellen überrascht, behauptet CNN. Belege für die Behauptung gibt es nicht, der Code wurde nicht veröffentlicht und konnte so auch nicht von unabhängigen Programmierern beurteilt werden.

Das Weiße Haus hatte vergangenen Oktober von «verdächtigen Aktivitäten» in seinem nicht-geheimen Netzwerk berichtet. Danach war das System in Abständen für Sicherheitsvorkehrungen heruntergefahren worden.

Die Tatsache, dass die US-Regierung die Russen beschuldigt, könnte darauf hindeuten, dass die Amerikaner die Gangart gegen die Russen verschärfen wollen. Im Ukraine-Konflikt fällt es Washington nach dem Minsker Ankommen aktuell schwer, Gründe für verschärfte Sanktionen zu finden. Erst kürzlich hatte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Nato beschwert, weil er übertriebene Kriegsnachrichten aus der Ukraine übermittelt bekommen hatte.

Interessanterweise hat US-Präsident Barack Obama unmittelbar vor der CNN-«Enthüllug» verfügt, dass Hacker-Angriffe künftig als besondere nationale Bedrohung eingestuft werden und die Verantwortlichen mit Sanktionen bestraft werden sollen.

Es lohnt sich, dazu die die entsprechende Executive Order vom 1. April 2015 im Detail zu lesen: Obama hat darin die zunehmende Zahl der Hackerangriffe auf die USA als «nationalen Notfall» eingestuft. Mit einem Exekutiverlass verfügt er, die Verantwortlichen für Cyberattacken mit Sanktionen zu belegen. Die Bedrohungen durch Hacker gehörten zu den größten Herausforderungen für die Wirtschaft und nationale Sicherheit des Landes. Gezielte Strafmaßnahmen seien für die US-Regierung «ein neues und mächtiges Werkzeug, gegen die Schlimmsten der Schlimmsten vorzugehen», schreibt Obama in der Begründung.

Die Executive Order ist nur vordergründig eine Reaktion auf Internet-Attacken auf große Krankenversicherungen, Einzelhändler oder das Hollywoodstudio Sony Pictures. Der Erlass erlaubt dem US-Finanzministerium, Personen und Einrichtungen, die hinter Cyberangriffen oder -spionage stehen, mit Sanktionen zu belegen. Dazu zählen auch andere Staaten. Der Fokus liege vor allem auf Bedrohungen aus Übersee, sagt das Weiße Haus.

Es ist daher wenig erstaunlich, dass nun die Russen für Hacker-Angriffe auf das Weiße Haus verantwortlich gemacht werden. Belege gibt es dafür keine, obwohl die Russen nachweislich über hervorragende Qualitäten im Hacking verfügen: Ihrer hohen Professionalität verdankt die Nachwelt die Überlieferung des legendären "Fuck the EU"-Telefonats von Victoria Nuland.

Russland wies die Berichte entschieden zurück. «Das ist inzwischen schon zum Sport geworden: für alles wird Russland verantwortlich gemacht», kritisierte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. «Hauptsache, niemand findet demnächst im Fluss Potomac russische U-Boote, wie das schon in anderen Ländern der Fall war», scherzte er. Russland sei an einer Zusammenarbeit mit den USA bei der Lösung internationaler Krisen und Probleme interessiert. Eine gegenseitige «Dämonisierung» lehne Moskau ab. Täglich gebe es im Übrigen Hunderte, manchmal sogar Tausende Cyberangriffe auf den Kreml und die Webseite von Präsident Wladimir Putin, sagte der Kreml-Sprecher Agenturen zufolge.

Die USA hatten bereits in der Vergangenheit bei so gut wie jedem Cyber-Zwischenfall behauptet, es seien die Russen gewesen. Allerdings hatte der Regierung bis dato die formale rechtliche Handhabe gefehlt, um gegen die vermeintlichen Gegner auch in der realen Welt vorgehen zu können.

Die USA führen seit 9/11 einen Krieg gegen den Terror. Neue Attacken gegen andere Staaten oder Organisationen seien durch ein AUMF-Gesetz von 2001 gedeckt, sagt die Regierung. Bürgerrechtler und US-Juristen sehen darin dagegen eine Lizenz zum ewigen Krieg ohne demokratische Kontrolle. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...