Politik

Geschickter Schachzug: Putin zwingt USA zu Gesprächen mit Russland

Lesezeit: 1 min
19.05.2015 12:33
Russlands Präsident Putin hat mit einem geschickten Schachzug die Amerikaner dazu gebracht, wieder mit ihm zu reden: Die Russen haben die Transit-Genehmigung für Nato-Güter nach Afghanistan widerrufen. Damit hängt die Versorgung für 13.000 US-Soldaten in der Luft. US-Diplomaten pilgern nun in kurzen Abständen nach Moskau, um das Problem zu lösen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Amerikaner auf dem falschen Fuß erwischt: Mitten in das Getöse des Kalten Kriegs um die Ukraine hat Russland seine Genehmigung widerrufen, die der Nato erlaubt hat, Nachschub für ihre Soldaten nach Afghanistan über russisches Territorium zu transportieren.

Der russische Premier Dmitri Medwedew hat am Montag einen Erlass aufgekündigt, der der Nato den Gütertransit über Eisenbahnstrecken, Straßen und per Luft in der gesamten Russischen Föderation erlaubt. Dies war der Nato im Rahmen des UN-Mandats für den Afghanistan-Einsatz garantiert worden. Weil das UN-Mandat Ende 2015 ausläuft und die Nato ihren Rückzug angekündigt hat, haben die Russen die Transit-Genehmigung nun offiziell widerrufen. Mit diesem geschickten Schachzug ist es den Russen gelungen, die Amerikaner zu ärgern, ohne sich selbst eine Provokation anhängen lassen zu müssen.

Für die Amerikaner stellt die russische Maßnahme ein Problem dar: Sie wollen bis Ende 2016 noch insgesamt 13.000 Nato-Soldaten in Afghanistan stationiert lassen, um Anti-Terror-Operationen zu koordinieren. Ob die Soldaten danach wirklich abziehen, ist unklar. In jedem Fall brauchen die US-Truppen eine Versorgungslinie, um den Einsatz in Afghanistan durchführen zu können.

Deshalb hat in den vergangenen Wochen eine hektische Besuchs-Diplomatie eingesetzt: Zuerst traf Außenminister John Kerry Präsident Putin in Sotschi, am Montag war Obamas Sonderbeauftragte Victoria Nuland in Moskau. Ebenfalls nach Moskau pilgerte, wie die FT meldet, der Sonderbeauftragte für Syrien, Daniel Rubinstein. Die hochrangigen Treffen sind ein Erfolg für Moskau, weil sie zeigen, dass die Amerikaner geopolitisch ohne die Russen nicht mehr agieren können.

Für die US-Außenpolitik hat der Einsatz für die eigenen Soldaten immer Priorität. Daher kann man davon ausgehen, dass das Thema der Versorgung mit Russland intensiv diskutiert wird. Die Russen halten sich bei dem Thema auffallend bedeckt und haben bei der Besuchs-Offensive auf Propaganda weitgehend verzichtet. Ob das Transit-Thema Teil von umfassenderen Gesprächen eines Interessens-Austauschs über die Ukraine und Syrien ist, ist nicht klar. Rubinsteins Besuch legt eine solche Vermutung nahe.

Die Durchfuhr militärischer Nato-Güter durch Russland war seit dem Jahr 2008 gestattet. Zuvor wurde im Jahr 2001 ein UN-Dokument verabschiedet, welches die Regelnfür den Transit festlegte. Das Dokument etablierte eine International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan und fordert alle Staaten auf, die Mission zu unterstützen. Für den Gütertransfer per Luft ist insbesondere der Flughafen Uljanowsk-Wostotschnij wichtig.

Das UN-Mandat für das militärische Engagement in Afghanistan läuft Ende Dezember 2015 aus. Es bildet die völkerrechtliche Grundlage für den ISAF-Einsatz. Der aktuelle Afghanistan-Einsatz läuft unter der jüngsten Resolution des UN-Sicherheitsrats 2210 (2015).


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...