Politik

Eklat auf Pressekonferenz: Junge Frau beschimpft Ägyptens Präsidenten als Mörder

Lesezeit: 2 min
04.06.2015 19:38
Während der Berlin-Visite des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi ist es zu einem Eklat gekommen: Die Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde von einer Gegnerin des Präsidenten gestört. Al-Sisis Regime ist wegen zahlreicher Menschenrechtsverletzungen und Einschränkungen der Bürgerrechte umstritten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Angela Merkel und Al-Sisi im Kanzleramt kam es am Mittwoch zu Tumulten. Eine Gegnerin des Präsidenten bat nach Ende der Pressekonferenz lautstark darum, eine Frage stellen zu können. Als diese nicht mehr zugelassen wurde, schrie sie: «Er ist ein Mörder, er ist ein Nazi, er ist ein Faschist.» Die ägyptische Presse-Delegation stand auf und schrie im Chor zurück: «Es lebe Ägypten, es lebe Ägypten.» Dabei deuteten die ägyptischen Medienvertreter wütend auf die Frau, die abgeführt wurde.

Die junge Frau mit Kopftuch soll sich als Journalistin akkreditiert haben. Im Gespräch mit Spiegel Online gab sie später an, Medizinstudentin zu sein. Beim Verlassen des Gebäudes habe sie die Deutschen Sicherheitskräfte gebeten, sie zu schützen. Vor dem Kanzleramt hätten mehrere Hundert Anhänger Sisis demonstriert. Merkel habe sichtlich verstört auf die Vorgänge reagiert, bevor sie von Sicherheits-Beamten vom Pressepodest eskortiert wurde, heißt es weiter.

Merkel betonte während der Pressekonferenz, gerade in der Koalition gegen den internationalen Terrorismus sei die Stabilität der einzelnen Länder besonders wichtig. «Deshalb ist die Entwicklungszusammenarbeit mit Ägypten sowie die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit von allergrößter Bedeutung.» Dafür müssten Genehmigungsverfahren vereinfacht und verlässliche juristische Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Al-Sisi wies Kritik an der Todesstrafe zurück und forderte Deutschland und die Europäer auf, das ägyptische Rechtssystem zu respektieren. Ägypten sei ein Verfassungsstaat. «Wir respektieren die Justiz», sagte er. Viele der verhängten Todesurteile seien noch nicht rechtskräftig. Das gelte auch im Fall des Ex-Präsidenten Mohammed Mursi.

Auf Kritik Merkels an den Einschränkungen der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo erwiderte Al-Sisi, ausländische politische Stiftungen könnten ihre Tätigkeit fortsetzen. Ägypten sei auf einem guten Weg zu mehr Stabilität: «Auch wir lieben die Demokratie und die Freiheit.» Aber niemand wolle Zustände wie in Syrien, Jemen, Libyen oder im Irak. «Das können wir nicht zulassen.»

Zum Auftakt seines Besuchs wurde Al-Sisi von Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren begrüßt. Ebenso wie Merkel hob Gauck in einem Gespräch mit Al-Sisi die Bedeutung der Rechtssicherheit hervor. Mit Bezug auf Einschränkungen der Bürgerrechte sagte er nach Angaben von Teilnehmern, dies belastete das freundschaftliche Miteinander. Al-Sisi sicherte Gauck zu, Parlamentswahlen in diesem Jahr anzustreben.

Bei seinem zweitägigen Besuch wird Al-Sisi von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Zusammen mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wollte er an einer Sitzung der Deutsch- Ägyptischen Wirtschaftskommission teilnehmen. Dabei stand die Unterzeichnung mehrerer Abkommen auf dem Programm, darunter ein Milliarden-Deal mit Siemens zum Bau eines Kraftwerksparks in Ägypten. Nach seinem Aufenthalt reist er für zwei Tage nach Ungarn.

Seit seiner Wahl vor einem Jahr regiert der 60-Jährige ohne Parlament. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der ein zunächst geplantes Treffen mit Al-Sisi abgesagt hat, äußerte sich enttäuscht über die Entwicklung in Ägypten. Statt einer Perspektive in Richtung Wahlen gebe es eine systematische Verfolgung oppositioneller Gruppen mit Massenverhaftungen und einer unfassbaren Anzahl von Todesurteilen, sagte Lammert der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.


Mehr zum Thema:  

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Kaufkraft in Deutschland 2025: Studie sieht große regionale Unterschiede
15.01.2025

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage soll die Kaufkraft der Deutsche laut einer Studie 2025 leicht steigen. Höhere Löhne und...

DWN
Politik
Politik Kalifornien untersagt Immobilienspekulation in Brandgebieten
15.01.2025

Kalifornien verbietet Immobilienspekulation in Brandgebieten. Gouverneur Newsom will Angebote unter Marktwert für drei Monate untersagen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unmotivierte Arbeitnehmer: Nur 48 Prozent der Deutschen geben am Arbeitsplatz ihr Bestes
15.01.2025

Nicht nur die Wirtschaft schwächelt in Deutschland, auch die Arbeitsmoral der Arbeitnehmer. Ein weltweiter Vergleich zeigt: Nicht einmal...

DWN
Politik
Politik EPA: Elektronische Patientenakte kommt - Lauterbach betont Sicherheit der E-Patientenakte
15.01.2025

Die EPA (Elektronische Patientenakte) wird in Arztpraxen eingeführt - zunächst nur in Testregionen, später bundesweit....

DWN
Finanzen
Finanzen Aktionäre in Deutschland: Weniger Deutsche investieren ihr Geld an der Börse
15.01.2025

Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist erneut rückläufig: Zum zweiten Mal in Folge sank die Anzahl, liegt aber weiterhin über der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession: Deutschlands Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft
15.01.2025

Unsichere Konsumenten, schwächelnde Industrie und sinkende Exporte: Die Rezession setzt Deutschland weiter zu. Auch 2025 stehen die...

DWN
Politik
Politik Syrien: Übergangsregierung spricht sich gegen schnelle Rückkehr von Flüchtlingen aus
15.01.2025

Deutschland diskutiert über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge. Seit dem Sturz von Baschar al-Assad fällt der Asylgrund für die...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
15.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...