Politik

Ein Desaster: Russland-Sanktionen gefährden zwei Millionen Jobs in Europa

Die von der EU verfügten Sanktionen gegen Russland sind für Europa verheerend: Zwei Millionen Job sind akut gefährdet. Der Schaden beträgt 100 Milliarden Euro. Am schlimmsten trifft es Deutschland: Die Sanktionen könnten bis zu einer halben Million Arbeitsplätze vernichten.
19.06.2015 09:28
Lesezeit: 2 min

Ein aktuelles Gutachten des österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) für die Zeitungsgruppe LENA kommt zu einer vernichtenden Bilanz der EU Sanktionen gegen Russland. Wie der Tagesanzeiger aus Zürich berichtet, sind wegen der Sanktionen in Europa über zwei Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Insgesamt könnte in der EU eine Wertschöpfung von knapp 100 Milliarden Euro verlorengehen. Der Tagesanzeiger zitiert Oliver Fritz, einen der Autoren der Studie: „Die Exportausfälle, die wir im Herbst vergangenen Jahres schlimmstenfalls angenommen hatten, sind inzwischen Realität geworden. Verändert sich die Lage nicht grundsätzlich, wird unser besonders pessimistisches Szenario eintreten.“ Die Zeitung Die Welt berichtet, dass Deutschland von den Sanktionen am stärksten betroffen sei.

Die Politik der EU und von uns Kanzlerin Angela Merkel und ihrer großen Koalition gefährdet demnach in Deutschland unmittelbar 175.000 Arbeitsplätze, wenn die Sanktionen fortgesetzt werden sind weitere 290.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Unterm Strich ist daher damit zu rechnen, dass eine halbe Million Menschen wegen der Sanktionen gegen Russland ihre Arbeit verlieren. Insgesamt ergibt die Studie einen Verlust von 2,4 Millionen Arbeitsplätzen für ganz Europa, also die EU und die Schweiz. Besonders hart getroffen werden von den Sanktionen auch Italien und Spanien. Hier sind ebenfalls hunderttausende Arbeitsplätze gefährdet. In Polen droht der Verlust von 335.000 Arbeitsplätzen.

Von den Folgen betroffen sind im Grunde alle Branchen. Landwirtschaft, Einzelhandel, Bauwirtschaft, Großhandel, Lebensmittelindustrie, Maschinenbau und Fahrzeugbau müssen sich gleichermaßen auf Verluste einstellen.

Deutschland leidet nicht nur unter den russischen Gegensanktionen, sondern direkt unter den Folgen der EU-Sanktionen: In diesem Jahr erwartet Industrieminister Denis Manturow in dem für die deutschen Autobauer traditionell wichtigen Automobilmarkt einen Rückgang von 25 bis 50 Prozent.

Die EU hat die Folgen der Sanktionen bisher bewusst heruntergespielt. Tagesanzeiger und Welt zitieren die EU mit anonymen Quellen, die gesagt haben sollen, dass die Folgen der Sanktionen auf die europäische Wirtschaft „relativ klein und handhabbar“ sein sollen.

Auch die Bundesregierung hat sich bisher bedeckt gehalten und ist in keiner Weise darauf eingegangen, welche Folgen die Sanktionen für die deutsche Wirtschaft und damit für die deutschen Arbeitnehmer haben werden. Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft ist dagegen äußerst kritisch und hat vor der Entwicklung von Anbeginn an gewarnt. Nun zitiert die Welt den Vorsitzenden des Ausschusses, Eckhard Cordes, mit den Worten: „Wenn diese Entwicklung länger andauert – sagen wir noch ein Jahr –, dann werden die deutsch-russischen Beziehungen schweren Schaden nehmen.“

Die EU folgt mit den Sanktionen den Vorgaben der US-Regierung. Diese hatte im Zuge der Ukraine Krise die Europäer gedrängt, Sanktionen zuzustimmen. In der kommenden Woche werden die EU-Außenminister keine Aufhebung der Sanktionen beschließen. Darauf hatten sich die EU Botschafter in dieser Woche geeinigt. Die Einigkeit kam überraschend, weil Italien, die Slowakei, Ungarn, Österreich, Spanien und Griechenland in den vergangenen Monaten explizit gegen die Sanktionen aufgetreten waren. Es ist unklar, ob den einzelnen Nationen von der EU neue Vergünstigungen versprochen wurden, die die Verluste aus den Sanktionen kompensieren könnten. So soll unter anderem bereits ein Kompensationsfonds diskutiert werden. Aus einem solchen Topf könnten die Regierungen den Unternehmen jenen Schaden abgelten, den sie durch ihr Politik unmittelbar herbeigeführt haben. Die Idee eines solchen Fonds wurde bereits im Herbst 2014 von Daniel Gros vom Centre for European Policy Studies (CEPS) vorgeschlagen.

Tatsache ist, dass die betroffenen Branchen schon sehr bald bei den Regierungen aufschlagen werden, um für die Umsatzausfälle kompensiert zu werden. Damit dürften die Sanktionen langfristig vom Steuerzahler in Europa bezahlt werden müssen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr verstärkt Heimatschutz – neue Truppe startet im März
23.02.2025

Die Bundeswehr richtet ihre Verteidigung neu aus: Mit der Heimatschutzdivision will sie kritische Infrastruktur schützen und auf mögliche...

DWN
Politik
Politik Wahlkampf 2025: CDU/CSU zwischen Neustart und Tabubruch
23.02.2025

CDU und CSU setzen auf Steuererleichterungen, das Ende des Bürgergeldes und eine härtere Migrationspolitik. Doch wie realistisch sind die...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland "kaputt": Münchaus düstere Prognose für die Wirtschaft
22.02.2025

Deutschland steckt in der Krise – und es gibt kaum Hoffnung auf Besserung. Der deutsch-britische Autor Wolfgang Münchau sieht das Land...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kündigung rechtssicher zustellen: So vermeiden Sie teure Fehler
22.02.2025

Wie Sie eine Kündigung korrekt übermitteln – von der persönlichen Übergabe bis zum Gerichtsvollzieher. Welche Methoden wirklich...