Deutschland

Verbraucherzentrale: Red Bull umgeht Gesetze bei Energy Drinks

Der Verkauf von Energy-Drinks an Jugendliche sollte verboten werden, fordert Armin Valet von der Verbraucher-Zentrale Hamburg. Der Koffeingehalt der Getränke sei extrem hoch, gefährlich und ist nur erlaubt, weil die Hersteller eine gesetzliche Lücke nutzen. Zudem seien die Wechselwirkungen mit anderen Stoffen in den Energy-Drinks nicht ausreichend erforscht.
31.10.2012 23:33
Lesezeit: 3 min

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sie fordern ein Verkaufsverbot von Energy-Drinks an Jugendliche und das kurz nach dem Bekanntwerden eines weiteren Todesfalls. Warum kommt die Forderung erst jetzt?

Armin Valet: Verschiedene Verbraucherzentralen haben schon mehrfach auf das Thema hingewiesen, es gibt eine Stellungnahme vom Bundesinstitut für Risikobewertung zu Energy Shots von vor drei Jahren. Da hat sich aber nichts getan, deshalb wollten wir diesen Vorschlag zur Diskussion stellen. Wir bekommen auch immer wieder Anrufe von besorgten Eltern, warum es keine Altersbeschränkungen zu Energy Drinks gibt.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Glauben Sie, dass die Politik Ihre Forderung ernst nimmt? Nicht einmal die Ampelkennzeichnung ließ sich in Deutschland bisher durchsetzen.

Armin Valet: Die Politik wäre gut beraten, das ernst zu nehmen. Es geht um die Gesundheit vor allem von Jugendlichen und Kindern. Hier besteht auf jeden Fall Handlungsbedarf. Die Forderung zum Verbot des sogenannten Energy Shots stimmt auch mit den Ausführungen das Bundesinstitut für Risikobewertung überein. Das beurteilte schon Ende 2009, dass die Energy Shots bei zu erwartenden deutlichen Überschreitungen der Verzehrsempfehlungen nicht sicher sind. Das Institut ist direkt dem Verbraucherschutzministeriums unterstellt.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche Menge dieser Energy-Drinks wäre für einen Erwachsenen gefährlich?

Armin Valet: Das ist schwer zu sagen, es gibt Menschen die empfindlich auf Koffein reagieren, die allgemeine Konstitution spielt eine Rolle - wird Alkohol dazu getrunken und hat man sich ausgiebig körperlich angestrengt. Die einzelne Dose soll keine Gefahr darstellen, sagen Experten. Es bleiben aber auch noch viele Fragen offen, z.B. befasste sich die Behörden nicht mit der Frage von Wechselwirkung zwischen Koffein und Taurin. Die Behörden haben immer nur den Einzelstoff als sicher betrachtet.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Haben Sie mit der Lebensmittel-Lobby nicht einen zu starken Kontrahenten?

Armin Valet: Ja, das stimmt. Dennoch muss man den Druck immer wieder erhöhen. Es ist wichtig, dass darüber diskutiert wird. Gerade mit Blick auf Red Bull ist zudem die gesamte Vermarktungsstrategie nicht zu unterschätzen. Red Bull betreibt massives Marketing, wenn Sie etwa an die gsponserten Sportveranstaltungen denken. Kinder und Jugendlich orientieren sich ja gemeinhin stark an Idolen, dazu zählen auch erfolgreiche Sportler. Wenn diese für Red Bull werben, ist der Einfluss auf die Jugendlichen nicht zu unterschätzen. Wer seinen Idolen nacheifert will, der trinkt auch Red Bull, damit ist man „leistungsfähig und erfolgreich“.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Reicht eine bessere Kennzeichnung vielleicht nicht auch aus?

Armin Valet: Wir meinen nein. Aber auch die Kennzeichnung ist verbesserungswürdig. Erst in ein paar Jahren ist der zusätzliche Hinweis „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und Schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“ verpflichtend. Darüber hinaus müsste zusätzlich auch auf die möglichen Gefahr durch Energy Drinks bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol und  bei starker körperlicher Betätigung hingewiesen werden. Aber eine Frage muss erlaubt bleiben: Welche Kinder oder Jugendliche auf einer Party lesen sich solche Warnhinweise durch und lassen sich davon abschrecken.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Auch Coca Cola enthält Koffein und schädliche Mengen Zucker bzw. Süßstoffe, müsste hier nicht auch gehandelt werden?

Armin Valet: Coca Cola hat rund dreimal weniger Koffein, der Zuckergehalt ist ungefähr gleich. Insofern ist auch Cola kein empfehlenswertes Getränk. Wir haben ja die Ampel gefordert, die teilweise die Problematik Zucker transparent gemacht hätte, aber diese ist ja bisher leider von der Politik abgelehnt worden, obwohl die überwiegende Mehrheit der Bürger in Deutschland diese gerne auf den Packungen hätte. Auch der Vergleich mit der Tasse Kaffee, die ungefähr gleich viel Koffein wie eine normale Energy Drink (0,25 Liter) enthält. Die extreme Süße und die  starke Aromatisierung in den Getränken überdeckt den bitteren Geschmack des Koffeins und verleitet zum übermäßigen Genuss.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Red Bull selbst hält seine Getränke auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, nicht für gefährlich und sagt, man könne Red Bull vor, während und nach des Sports bedenkenlos trinken. Man müsse nur auch zusätzlich Wasser trinken. Was halten Sie davon?

Armin Valet: Bedenkenlos ist wohl nicht das richtige Wort, wenn man zusätzlich Wasser trinken muss. Fakt ist, dass Energy Drinks hypertonisch sind und deshalb nicht zum Durstlöschen nach dem Sport geeignet sind. Hier wäre noch immer die Fruchtsaftschorle im Verhältnis 3 zu 1 oder Mineralwasser empfehlenswert.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Ist lediglich das Koffein in den Energy-Drinks gefährlich?

Armin Valet: Es ist z.B. noch Taurin in sehr konzentrierter Form drin, Taurin als Einzelsubstanz soll sicher sein, Wechselwirkungen mit Coffein sind aus unserer Sicht aber nicht ausreichend untersucht worden.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Red Bull Shot enthält etwa 1300 Milligramm Koffein pro Liter, manche Energy-Shots sogar um die 6.000 Milligramm. Wieviel Koffein enthält Kaffee? Ab wann ist eine bestimmte Menge Koffein für Jugendliche gefährlich?

Armin Valet: In einer Tasse Kaffee (150 ml) sind ca. 80 mg Koffein. Red Bull Shot enthält 1300mg pro Liter. Eigentilch sind nur 320mg/l nach der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung zulässig. Die Hersteller nutzen hier aber ein Schlupfloch und verkaufen die Produkte als Nahrungsergänzungsmittel. Das ist grotesk: Man legt einseits eine Höchstmenge fest und läßt auf der anderen Seite Getränke unter einem andere Namen zu, die diese Höchstmenge  um ein Vielfaches überschreiten. Das kann nicht der Sin dieser Verordndung sein. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, diese Lücke ist zu schließen.

 

 

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