Gemischtes

Volkswagen: Ermittlungen gegen Winterkorn, Audi-Vorstand suspendiert

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat Ermittlungen gegen den ehemaligen VW-Chef aufgenommen. Der Audi-Entwicklungsvorstand wurde suspendiert. Die VW-Spitze versucht in Brüssel, einen Flächenbrand zu verhindern: Belgien und die Schweiz haben bereits die Neuzulassung der betroffenen Modelle gestoppt.
28.09.2015 12:30
Lesezeit: 2 min

Ex-Volkswagen-Chef Martin Winterkorn gerät wegen des Abgas-Skandals nun auch ins Visier der Justiz. Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft erklärte am Montag, angesichts mehrerer Strafanzeigen ein Ermittlungsverfahren gegen den Manager eingeleitet zu haben. Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt demnach auf dem Vorwurf des Betruges durch den Verkauf von Kraftfahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten, betonte die Behörde.

Es werde nun geprüft, ob gegen Winterkorn ein Anfangsverdacht bestehe, sagte eine Sprecherin. Derzeit werde Winterkorn noch nicht als Beschuldigter in dem Verfahren geführt, allerdings sei sein Name der einzige eines VW-Managers, der in den Anzeigen auftauche. Vor allem wollen die Ermittler klären, wer für die Manipulationen die Verantwortung trägt und welches Ziel sie hatten. Bisher seien rund zehn Anzeigen eingegangen, mit weiteren werde gerechnet.

Das Ausmaß des Skandals ist auch mehr als eine Woche nach Bekanntwerden der Affäre nur in Umrissen bekannt. Noch immer unklar ist, welche Marken, Modelle auf welchen Märkten genau betroffen sind: Fest stehen VW, Audi und Skoda. Der neue Konzernchef Matthias Müller hatte am Freitag nach seiner Ernennung «maximale Transparenz» angekündigt. Bisher ist unter anderem klar, dass weltweit 11 Millionen Autos betroffen sind, 2,8 Millionen davon alleine in Deutschland. Ebenfalls offen ist, wie VW mit den betroffenen Autos umgehen wird. An der Börse verlor die Aktie von Europas größtem Autobauer bis zum Nachmittag fast acht Prozent.

Vorermittlungen hatte die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Staatsanwaltschaft in Braunschweig bereits in der vergangenen Woche eingeleitet - auch auf Grundlage mehrerer Strafanzeigen. Auch das Präsidium des VW-Aufsichtsrates hatte vergangenen Mittwoch eine Strafanzeige angekündigt und erklärt: «Es steht nach Ansicht des Präsidiums fest, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist, die auch strafrechtlich relevant sein können.» Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft würden vom Konzern in aller Form unterstützt.

VW-Markenchef Herbert Diess soll am Dienstag in Brüssel Gespräche mit der EU-Kommission über den Abgas-Skandal führen. Der Top-Manager werde Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska treffen und über die jüngsten Entwicklungen informieren, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Uhrzeit und weitere Details wurden zunächst nicht genannt. Die EU-Kommission hatte jüngst die vollständige Aufklärung des Skandals von den nationalen Behörden verlangt.

Daneben wurden am Montag auch weitere personelle Konsequenzen des Diesel-Dramas bekannt. So wurden nach dpa-Informationen mehrere Top-Manager des Konzern beurlaubt, darunter Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg. VW äußerte sich am Montag nicht dazu, auch Audi in Ingolstadt lehnte eine Stellungnahme ab. Den Informationen zufolge wehrt sich Hackenberg juristisch gegen seine Suspendierung. Bereits am vergangenen Donnerstag musste nach Angaben aus Unternehmenskreisen Porsche-Forschungsvorstand Wolfgang Hatz gehen. Volkswagen hatte am vergangenen Freitag erklärt, erste Manager «beurlaubt» zu haben.

Die Manipulationen bei Abgaswerten von Diesel-Fahrzeugen war am vorvergangenen Freitag in den USA bekanntgeworden. Innerhalb weniger Tage musste Konzernchef Martin Winterkorn seinen Posten räumen. In den USA und in Kanada rollt nach Medienberichten zudem eine Flut von Sammelklagen auf die Wolfsburger zu. Unklar ist, welche Auswirkungen die Ermittlungen auf mögliche Abfindungsansprüche Winterkorns haben.

Volkswagen hatte bereits eingeräumt, dass es bei insgesamt rund 11 Millionen Fahrzeugen weltweit «Abweichungen» gebe. Eine genaue und vollständige Liste der betroffenen Modelle gibt es jedoch noch nicht. Die Motoren vom Typ EA 189 wurden mit einer Software ausgestattet, die die Messung des Ausstoßes von Stickoxiden manipulierte.

Für deutsche VW-Fahrer könnten die Abgas-Manipulationen nun sogar konkrete Auswirkungen wie ein Fahrverbot haben. Das Kraftfahrtbundesamt fordert von Volkswagen einen verbindlichen Zeitplan. Kommt der Konzern der Aufforderung nicht nach, dürfen die von dem Skandal betroffenen Fahrzeuge nicht mehr vertrieben oder bewegt werden.

VW drohen in den USA zudem milliardenschwere Strafzahlungen. In mehreren Bundesländern wurden bereits zahlreiche Klagen eingereicht. Die Anwälte argumentieren damit, dass VW die Kunden getäuscht habe. Diese hätten mehr gezahlt, um vermeintlich umweltfreundliche Autos zu fahren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biontech Curevac Übernahme: Milliarden-Deal für mRNA-Krebstherapien
12.06.2025

Biontech greift nach Curevac – und verfolgt damit ehrgeizige Pläne in der Krebsmedizin. Der milliardenschwere Deal soll Know-how...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ohne VW, BMW & Mercedes-Benz: Das neue Playbook für Automotive-Investments
12.06.2025

Trumps Zölle, Chinas Plattformstrategie und strukturelle Schwächen bei Software und Skalierung zwingen deutsche OEMs zum Umdenken. Für...

DWN
Panorama
Panorama Bier wird bald teurer
12.06.2025

Zwei der beliebtesten deutschen Brauereien wollen im Herbst ihre Preise erhöhen – für Flaschenbier wie auch für Fassbier. Das könnte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kommt das Wirtschaftswachstum wieder? Neue Prognose bietet Lichtblick
12.06.2025

Geht es wieder aufwärts für Deutschland? Das ifo Institut blickt optimistischer auf die deutsche Wirtschaft: Neue Regierungsimpulse und...

DWN
Politik
Politik Diplomatie am Ende? USA rüsten sich für den nächsten Nahost-Brandherd
12.06.2025

Während die Atomverhandlungen mit Teheran zu scheitern drohen, zieht Washington Personal aus dem Nahen Osten ab – und Iran kündigt...

DWN
Panorama
Panorama Kunden sparen beim Einkauf wenig mit Treue-Apps
12.06.2025

Treue-Apps versprechen Vorteile beim Einkauf – doch der tatsächliche Spareffekt ist ernüchternd. Eine Auswertung von über einer...

DWN
Panorama
Panorama UNHCR: 122 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht
12.06.2025

Mehr als 120 Millionen Menschen sind auf der Flucht – ein Rekord, der sich Jahr für Jahr verschärft hat. Doch nun deutet sich erstmals...

DWN
Politik
Politik Pistorius zu Gesprächen über weitere Militärhilfe in Kiew
12.06.2025

Russland hat seine Luftangriffe auf Städte und militärische Ziele in der Ukraine massiv intensiviert. Die verheerenden Folgen sind...