Gemischtes

Tabletten, Alkohol, Suizid: Sterblichkeit in der US-Mittelschicht steigt deutlich

Lesezeit: 2 min
12.11.2015 13:11
Die Sterblichkeit von weißen US-Bürgern im Alter zwischen 45 und 54 hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wissenschaftler sprechen von einer stillen Epidemie, die schon 500.000 Menschen das Leben gekostet hat.
Tabletten, Alkohol, Suizid: Sterblichkeit in der US-Mittelschicht steigt deutlich
In keinem anderen Industrieland hat es eine derartige Entwicklung hinsichtlich der erhöhten Sterblichkeit bei Menschen mittleren Alters gegeben. (Grafik: Princeton)

Mehr zum Thema:  
USA >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
USA  

In den Industrieländern schien die Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren immer älter zu werden, auch in den USA. Eine neue amerikanische Studie zeigt nun jedoch, dass es eine Gruppe von US-Bürgern gibt, bei der sich die Sterblichkeit im Gegenteil dazu erheblich erhöht hat. Betroffen davon sind weiße US-Bürger zwischen 45 und 54 Jahren, das zeigten die Forschungsergebnisse von zwei Ökonomen der Princeton University.

Die Studie dokumentiere zwischen 1999 und 2013 eine „deutliche Erhöhung der Gesamtmortalität von weißen, nicht-hispanischen Männern und Frauen mittleren Alters in den Vereinigten Staaten“, so die Wissenschaftler. Also US-Bürger, die nicht aus lateinamerikanischen Ländern oder Mexiko zugewandert sind.

Demnach stieg die Zahl der Todesfälle für die Bürger im Alter zwischen 45 und 54 Jahren um etwa ein halbes Prozent jedes Jahr: das bedeutet von 380 Todesfällen je 100.000 Bürger auf 415. Was auf den ersten Blick nicht so viel klingt, ist jedoch erheblich. Hätte sich der Abwärtstrend bei der Sterblichkeit in dieser Gruppe so fortgesetzt, wie er im Zeitraum zwischen 1979 und 1998 beobachtet wurde, wären zwischen 1999 und 2013 fast 500.000 weniger US-Amerikaner gestorben, heißt es in der Studie. Allein für 2013 hätte das 54.000 weniger Tote bedeutet. In keinem anderem industrialisierten Land habe es eine derartige Entwicklung gegeben.

Die Ursachen für diese Entwicklung benennen die Wissenschaftler klar: „Eine leise Epidemie von Medikamente, Alkohol und Selbstmord hat eine halbe Million weiße Amerikaner mittleren Alters getötet.“ Schmerzmittel sind darin inbegriffen. Die hohe Zahl entspreche in etwa derjenigen Zahl an US-Bürgern, die an AIDS starben. Vor allem Menschen mit geringerer Bildung seien davon betroffen. Bei den Menschen, die einen Highschool-Abschluss oder gar keinen Schulabschluss hatten, stieg beispielsweise die Zahl der Selbstmorde im Beobachtungszeitraum um 81 Prozent.

Vor allem Schmerzmittel werden von den Forschern in den Mittelpunkt gestellt. Die Vereinfachung beim Zugang zu Opiaten Mitte der 90er-Jahre sei in diesem Zusammenhang zu sehen. „Die Epidemie der Schmerzen, für die die Opiate entwickelt wurde, ist real genug“, so die Wissenschaftler. Allerdings könnten die neuen Daten nicht einwandfrei zeigen, was zuerst dagewesen sei: Die Schmerzen oder die Schmerzmittel.

Die Wissenschaftler fordern daher eine strengere Verschreibung von Opiaten. Die Finanzkrise und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die etliche US-Bürger in den vergangenen zehn Jahren geraten sind, bildeten einen perfekten Nährboden für den Missbrauch von Medikamenten, Alkohol und anderen Drogen. Zuletzt hatte die Federal Drug Administration sogar das starke Opiat Oxycodon für Kinder zugelassen.

Es ist unbekannt, ob sich die Betroffenen, die Selbstmord begangen haben sollen, einer entsprechenden Therapie unterzogen haben. Solche Therapien sind vor allem im Fall von Depressionen mittlerweile sehr erfolgreich und können das Risiko eines Selbstmords deutlich senken (siehe dazu Informationen der Deutschen Depressionshilfe).


Mehr zum Thema:  
USA >

DWN
Finanzen
Finanzen Trotz Zinssenkungen stabil bleiben: So schützen Anleger ihr Vermögen
03.10.2024

EZB und Fed haben mit den ersten Zinssenkungen begonnen. Dadurch sinken auch die Zinsen am Geldmarkt und für Bankeinlagen. Wie können...

DWN
Politik
Politik Die Viererbande des 21. Jahrhunderts: Herausforderungen für den Westen
03.10.2024

Als Viererbande bezeichnete man vier hochrangige Funktionäre in China, die eng mit einigen der radikalsten Merkmale der Kulturrevolution...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Private Krankenversicherung: 2025 sollen die Beiträge um durchschnittlich 18 Prozent steigen
03.10.2024

Das Krankenversichern wird teuer. Nicht nur die gesetzlichen Krankenkassen haben schon wieder Beitragserhöhungen angekündigt, auch bei...

DWN
Politik
Politik Kommentar zur Österreich-Wahl: Die siegreiche FPÖ wird noch stärker werden
03.10.2024

Durch den FPÖ-Erfolg bei der Österreich-Wahl sind wirtschaftlich keine raschen Veränderungen zu erwarten. Die Grenzkontrollen zumindest...

DWN
Finanzen
Finanzen CO2-Preis treibt Energiekosten ab 2027 in unerschwingliche Höhen
03.10.2024

Schon heute brauchen Anbieter CO2-Zertifikate, wenn sie fossile Energien in den Markt einbringen wollen. Die Preise hierfür werden noch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europas Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr: Die fehlende Zutat
03.10.2024

Seinen drastischen Formulierungen nach zu urteilen, hatte Mario Draghis großer Bericht über die europäische Wettbewerbsfähigkeit...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft 35 Jahre nach dem Mauerfall: Was trennt und was eint Ost und West?
03.10.2024

Ost und West sind kulturell geprägt, doch die Unterschiede verschwimmen zunehmend. Der Ostbeauftragte Schneider sieht darin eine positive...

DWN
Politik
Politik Bürgergeld-Sanktionen werden verschärft – was bedeutet das?
02.10.2024

Die Bundesregierung hat beschlossen, die Vorgaben für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger zu verschärfen. Bei der Ablehnung eines...