Das neue Kompetenzzentrum in Garbsen hat es sich zum Ziel gesetzt, Industrie-4.0-Know-how in den Mittelstand zu bringen und damit die Unternehmen für die Zukunft und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Vorhaben mit 5,4 Millionen Euro für drei Jahre. Als nicht-niedersächsischer Partner ist die Freie Hansestadt Bremen mit an Bord.
„Die Digitalisierung bietet enorme Chancen für Unternehmen. Wir wollen sie daher im und für den Mittelstand attraktiv machen und haben uns dafür zwei Ziele gesetzt. Erstens: Wir wollen mittelständische Unternehmen für die Digitalisierung gewinnen und das Vertrauen in die Digitalisierung stärken. Und zweitens: Wir wollen passgenaue Hilfen anbieten“, sagt Stefan Schnorr, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, anlässlich des Startschusses am 24. Februar.
„Im Rahmen des Förderschwerpunktes‚ 'Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse‘ werden wir daher zunächst zehn Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren, ein Kompetenzzentrum Digitales Handwerk und vier Mittelstand 4.0-Agenturen einrichten“, so Schnorr weiter. Die Zentren und Agenturen würden mittelständische Unternehmer dort mitnehmen, wo sie stünden und gezielt zu neuen Digitalisierungs- und Industrie 4.0-Lösungen informieren, qualifizieren und sensibilisieren. Die Kompetenzzentren würden zudem praxisnah konkrete Anschauungs- und Erprobungsmöglichkeiten bieten.
Kleine Unternehmen müssen am Wissenschaftspuls bleiben
Die am Zentrum beteiligten Hochschulen in Niedersachsen und Bremen liefern mit ihren Forschungen zum Thema Industrie 4.0 qualifizierte Voraussetzungen, um das Thema in den Mittelstand zu bringen. Die Staatssekretärin im Niedersächsischen Wissenschaftsministerium, Andrea Hoops: „Das PZH ist national und international hoch anerkannt. Dies zeigt sich eindrucksvoll in den eingeworbenen Drittmitteln, den zahlreichen Forschungskooperationen und der Anzahl und dem Renommee der Kooperationspartner aus Wissenschaft und Industrie.“ Hoops weiter: „Wir möchten, dass Niedersachsens Wirtschaft innovativ und wettbewerbsfähig bleibt. Deshalb ist es wichtig, dass insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen von den neuesten Forschungsergebnissen unserer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen profitieren.“
Die effektive Bündelung des Know-hows der Hochschulen in Niedersachsen und Bremen zum Thema Industrie 4.0 ist wesentlich für das Zentrum. „Die Expertisen des Zentrums so zusammenzuführen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen den optimalen Nutzen haben, ist eine der Herausforderungen der nächsten Wochen“, erklärt Prof. Berend Denkena, Vorstand des Zentrums und Leiter des Instituts für Fertigungstechnik der Leibniz Universität. Doch nicht nur die organisatorischen und die zu bewältigenden technischen Herausforderungen seien enorm. Denkena: „Die gesellschaftliche Akzeptanz der neuen Entwicklungen, die Auswirkungen auf die Arbeitswelt – auch von diesen Faktoren hängt wesentlich der Erfolg unserer Arbeit ab.“
Fast 500 Informationsgespräche bei Unternehmen, rund 250 Schulungen und etwa 70 Workshops in ganz Niedersachsen und Bremen will das Zentrum bis Ende 2018 realisieren. Neun Lernfabriken, eine davon auf dem Messegelände in Hannover, sind im Aufbau und sollen kleine und mittlere Unternehmen fit machen für die digitale Zukunft. Eine mobile Fabrik präsentiert ausgewählte Inhalte der General- und Expertenfabriken als Roadshow. Die Roadshows sollen Industrie 4.0 auch in ländliche Regionen direkt zur Zielgruppe bringen.
Digitalisierung ist eine Wachstumschance
Erkannt wurde die Problematik auch im Süden der Republik. Laut der Münchner IHK „gibt es mehr und mehr Innovateure unter den Mittelständlern.“ Doch unterm Strich hätten kleine und mittlere Unternehmen bei der Digitalisierung noch Nachholbedarf. Und das obwohl die Unternehmen durchaus die Vorteile der Digitalisierung als Wachstumschance erkennen, berichtet heise.
Ein Problem der Digitalisierung sei jedoch die Schnelligkeit, mit der sich digitale Lösungen entwickeln, heißt es weiter. „Alle noch weitgehend analog aufgestellten Mittelständler müssen sich angesichts dieser Beschleunigung also fragen, wie und vor allem wie lange ihr bestehendes Geschäftsmodell, ihr Produkt, ihre Prozesse in der neuen Welt noch Bestand haben. Oder ob sie Gefahr laufen, von schnelleren, digitalen Konkurrenten, die auch aus ganz unvermuteten Ecken kommen können, verdrängt zu werden“, zitiert das Blatt Rahild Neuburger, Geschäftsführerin der unabhängigen Plattform „Münchner Kreis“ aus einem Artikel der IHK. „Insofern sollten die Mittelständler, die bislang eher noch zögern, den Zeitfaktor im Auge behalten, den digitalen Wandel zwar nicht überstürzen, aber doch zügig aufbrechen in die Digitalisierung – um die sie ohnehin nicht herumkommen und die auch erhebliche Chancen für sie bergen kann.“