Viele Firmen, die innovative Finanzdienstleistungen anbieten, sind in den vergangenen Jahren in der Schweiz entstanden. Dies geht aus einer kürzlich veröffentlichten Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug hervor. Demnach hat sich die Zahl so genannter „FinTechs“ – also Firmen, welche Finanzdienstleistungen über digitale Kanäle wie Apps anbieten – seit 2010 von 24 auf 162 erhöht. Hinter dieser Zahl stehen neu gegründete Start-ups ebenso wie Banken und Technologieunternehmen, die dem Trend zum digitalen Banking folgen.
Auffallend sei, so die Autoren der Studie, dass in der Schweizer Branche alle wichtigen Elemente des FinTech relativ gleichmäßig vertreten seien. Dazu gehören Banken-Software, Datenanalyse, die dezentrale Speicherung von Informationen, alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie das Bereitstellen von Fördergeldern über eine große Anzahl an Geldgebern, neue Zahlungsmethoden sowie das Anlegen von Geldern über das Internet.
Ein weiterer Pluspunkt des Standortes Schweiz sei, dass genügend Risikokapital zur Finanzierung neuer Geschäftsmodelle zur Verfügung stehe. „In der Schweiz finden Jungunternehmen Investoren, die ihnen das nötige Kapital zu Verfügung stellen“, sagt Thomas Ankenbrand, Projektleiter der Studie. Obwohl das Volumen des verfügbaren Kapitals im vergangenen Jahr mit rund 27 Millionen Franken recht überschaubar war, hätten keine Finanzierungs-Engpässe beobachtet werden können. Denn im Notfall können sich Schweizer Start-ups auch an ausländische Kapitalgeber wenden. „Der Venture-Capital-Markt ist global und sucht sich die besten Unternehmen weltweit, weshalb auch viele grenzüberschreitende Transaktionen zu beobachten sind“, sagt Ankenbrand.
Wolle die FinTech-Branche weiter an Bedeutung gewinnen, sei ein Schritt über die Landegrenzen hinaus Pflicht. Der Schweizer Markt ist der Studie zufolge trotz des dort etablierten Finanzsektors zu klein und eine Internationalisierung deswegen unumgänglich. Dazu gehöre auch, dass sich qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland leicht in der Schweiz niederlassen könnten.
Die Politik scheint die Relevanz des Themas FinTech erkannt zu haben. Am Donnerstag hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) einige Aufsichtsregeln an die geänderten Umstände des digitalen Zeitalters angepasst. Künftig soll es Finanzdienstleistern gestattet werden, Geschäftsbeziehungen zu Kunden per Videoübertragung aufzunehmen. Die Online-Identifizierung wird so mit dem persönlichen Kontakt mit dem Bankberater gleichgestellt.
Trotzdem gehen die Änderungen einigen nicht weit genug. Sie kritisieren, dass nur jene Kunden ein Konto online eröffnen dürfen, die bereits eine (persönlich abgehaltene) Erstbeziehung zu einer Schweizer Bank haben. „Onlinebroker wie Swissquote oder Dukascopy hatten bereits in der Vernehmlassung auf andere Jurisdiktionen wie Großbritannien hingewiesen: Dort sei es möglich, aus dem Ausland ein Konto mit einigen Mausklicks zu eröffnen“, schreibt die Handelszeitung.
Die Finma prüft inzwischen die Einführung einer neuartigen Bewilligungskategorie für bankähnliche Geschäfte. „Diese soll Geschäftsmodellen zugänglich sein, die kein bankentypisches Geschäft betreiben aber gewisse Elemente der Bankentätigkeit benötigten – insbesondere eine beschränkte Entgegennahme von Kundengeldern ohne Ausgabe von Krediten“, schreibt die Handelszeitung weiter. Die Voraussetzungen dafür könnten weniger umfangreich ausfallen als bei der traditionellen Banklizenz und deswegen Anbieter von Finanz-Technologie neue Chancen eröffnen.
Etablierte Geldhäuser haben bereits Interesse an dem neuen Trend angemeldet. Im März hatte die UBS eine App zur digitalen Kontoführung vorgestellt, bei der sich der Kunde mit seinem Berater über einen Videochat austauscht. Zuvor hatte auch die Bank Valiant in Zusammenarbeit mit der Swisscom ein Pilotprojekt lanciert.