Politik

Urteil: Bausparkassen dürfen Altverträge nicht einfach kündigen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat als erstes Berufungsgericht bei einer Kündigung zugunsten einer Bausparkundin entschieden. Die Bausparkasse habe kein Recht, den Vertrag mit hohen Zinsleistungen zu kündigen, so der Richter.
30.03.2016 16:54
Lesezeit: 1 min

Bausparkassen können Bausparverträge mit hohen Zinsleistungen nicht ohne weiteres kündigen, wenn Kunden das Ansparen eingestellt haben. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem am Mittwoch verkündeten Urteil. Erst wenn der Kunde eine ausdrückliche Aufforderung zur Zahlung der vereinbarten Sparbeiträge ignoriert, kann die Bausparkasse den Vertrag kurzfristig kündigen. (Az. 9 U 171/15)

Das für viele Verbraucher wichtige Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann von der beklagten Bausparkasse vor dem Bundesgerichtshof angegriffen werden. (Az. 9 U 171/15)

Mit dem Urteil wehrte sich eine Sparerin erfolgreich gegen die Kündigung ihres 38 Jahre alten Bausparvertrags über rund 20.500 Euro. Auf ihre eingezahlten Raten hatte sie über die Laufzeit Zinsen in Höhe von drei Prozent bekommen. Nach Zuteilungsreife stellte die Bausparerin die regelmäßige Zahlung der Sparraten ein, ohne ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen.

Im Januar 2015, also knapp 22 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, kündigte die Bausparkasse den Bausparvertrag. Das Bausparguthaben belief sich zu diesem Zeitpunkt auf etwa 15.000 Euro. Die Bausparsumme war also nicht vollständig angespart.

Das OLG erklärte die Kündigung der Bausparkasse nun für unberechtigt. Die Bausparkasse habe es „möglicherweise im eigenen Interesse“ hingenommen, dass die Kundin keine Sparleistungen mehr erbracht habe. Bei korrektem Ansparen wäre die Bausparsumme innerhalb von zehn Jahren ab Zuteilungsreife vollständig angespart worden. Wenn die Bausparkasse selbst „ein faktisches Ruhen des Bausparvertrages erlaube“, sei sich nicht „schutzbedürftig“ und könne sich nicht später auf eine analoge Anwendung eines gesetzlichen Kündigungsrechts berufen.

Dem Urteil zufolge hätte die Bausparkasse ihre Kundin vielmehr auffordern müssen, die vertraglich vereinbarten Sparbeiträge wieder zu leisten. Erst wenn dies nicht geschehe, habe die Bausparkasse ein kurzfristiges Kündigungsrecht. Damit haben es Bausparkassen den Richtern zufolge selbst in der Hand, eine überlange Bindung an hohe Zinssätze zu verhindern.

Sollte die Entscheidung vom BGH bestätigt werden, ist sie womöglich für tausende Bausparer von Bedeutung. Dem Verbraucherzentrale Bundesverband zufolge kündigen Bausparkassen tausende Verträge, für die hohe Guthaben-Zinsen vereinbart wurden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt deshalb einer bereits ausgesprochenen oder angedrohten Kündigung mit ihrem Musterbrief zu widersprechen.

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.