Deutschland

Zinspolitik der EZB kostete deutsche Sparer bereits 125 Milliarden Euro

Lesezeit: 1 min
18.04.2016 00:47
Für Sparer und Besitzer von Lebensversicherungen sind die letzten fünf Jahre der EZB-Politik teuer gewesen. Neuesten Berechnungen zufolge entgingen allein den Sparern in dieser Zeit etwa 125 Milliarden Euro. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner spricht von einer „Enteignung der Bürger“.
Zinspolitik der EZB kostete deutsche Sparer bereits 125 Milliarden Euro

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutschen Sparer haben wegen des Zinstiefs einem Bericht zufolge in den vergangenen fünf Jahren rund 125 Milliarden Euro an Zinseinnahmen verloren. Auf Sparbüchern und anderen Konten büßten Sparer seit 2011 insgesamt 88 Milliarden Euro Zinseinnahmen ein, wie die Bild-Zeitung am Samstag unter Berufung auf Berechnungen der Postbank berichtete. Besitzer von Lebensversicherungen und Pensionsfonds verloren im gleichen Zeitraum rund 37 Milliarden Euro.

Im Gegenzug sparten Immobilienbesitzer, die einen Kredit aufnahmen, demnach seit 2011 rund 85 Milliarden Euro Zinskosten ein. Unter dem Strich ergebe sich damit ein Verlust von rund 40 Milliarden Euro in fünf Jahren, sagte Postbank-Chefstratege Marco Bargel der Zeitung. Währungsexperte Niklas Potrafke vom Münchner Ifo-Institut sagte, die Europäische Zentralbank (EZB) habe bei der Zinspolitik „den Bogen überspannt“.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte eine Verdoppelung des Sparerfreibetrags auf Zinsen aus Sparguthaben. Derzeit profitiere vor allem der Staat von den niedrigen Zinsen. „Er sollte den Sparern daher wieder etwas zurückgeben“, sagte er der Bild am Sonntag. Der Freibetrag für Zinsen aus Sparguthaben liegt derzeit bei 801 Euro für Ledige und 1602 Euro für Verheiratete. Sollten auf Bankguthaben sogar Negativzinsen anfallen, schlägt Söder eine zusätzliche steuerliche Entlastung der Bürger vor.

Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nannte die Niedrigzinspolitik „eine Enteignung der Bürger“. Auch in den Krisenländern, die von dieser Politik eigentlich profitieren sollten, verpuffe die Wirkung des billigen Geldes, sagte Aigner dem Straubinger Tagblatt vom Samstag.

Der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Alexander Erdland, warnte vor massiven Folgen für die Altersvorsorge und forderte die EZB zu einer Umkehr in der Zinspolitik auf. „Die Niedrigzinspolitik entwickelt sich zur Schicksalsfrage für Generationen: Sie zerstört das Fundament für einen sicheren Ruhestand von Millionen Menschen in Europa“, sagte Erdland der Zeitung. „Die EZB muss umkehren, denn ihr geldpolitischer Kurs entpuppt sich als zu risikoreich.“

Selbst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zuletzt die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Man kann nicht bestreiten, dass die Auswirkungen der Geldpolitik in Deutschland zunehmend euroskeptische Bestrebungen nähren in einem wachsendem Teil der Bevölkerung“, sagte Schäuble Anfang April bei einer Veranstaltung der Universität Basel.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...