Politik

Frühere US-Außenministerin beleidigt Russland: „Bangladesch mit Raketen“

Lesezeit: 3 min
20.04.2016 20:30
Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright hat Russland als „Bangladesch mit Raketen“ bezeichnet. Den russischen Präsidenten Putin nennt sie „smart, aber einen wirklich bösen Menschen“. Albright unterstützt Hillary Clinton und hofft auf die Renaissance einer Außenpolitik der militärischen Stärke.
Frühere US-Außenministerin beleidigt Russland: „Bangladesch mit Raketen“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright hat in einem Interview Russland beleidigt - und Bangladesch gleich dazu. In einem Interview mit der österreichischen Zeitung Die Presse sagte Albright auf die Frage, dass sich Russland vom Westen in der Libyen-Frage betrogen fühlen könnte:

"Ich habe die Nase voll, dass man immer Entschuldigungen für Russland sucht. Russland ist ein Land, das provoziert und sich dann beleidigt fühlt. Russland hat eine Identitätskrise durchgemacht: Ich werde nie vergessen, wie einmal in den 1990er-Jahren nahe Moskau ein Mann zu mir sagte: „Ich schäme mich so. Wir waren eine Supermacht, und jetzt sind wir Bangladesch mit Raketen.“ Putin hat sich das zunutze gemacht und erklärt: „Ich werde Russland wieder aufrichten und zu alter Größe zurückführen.“

Wenig später im Interview machte sich Albright dieses angebliche Zitat zu eigen und sagte auf den Hinweis des Reporters auf Putins wirtschaftliche Erfolge:

"Auf Basis hoher Ölpreise, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Putin hat den Nationalismus etabliert, um die Russen davon abzulenken, dass ihr Land bloß ein Bangladesch mit Raketen ist."

Ob dieses Zitat wirklich von einem Russen stammt, kann nicht überprüft werden. Es ist allerdings geeignet, in mehrere Richtungen zu beleidigen: Die Russen, aber auch die Menschen in Bangladesch, die in diesem Zusammenhang mit Herablassung und Zynismus herabgewürdigt werden.

Von Putin hält Albright ohnehin gar nichts. Sie sagte:

"Er ist smart, aber er ist ein wirklich böser Mensch. Ein KGB-Offizier, der Kontrolle ausüben will und glaubt, dass sich alle gegen Russland verschworen haben. Was nicht stimmt. Putin hatte schlechte Karten, spielte sie aber gut aus. Zumindest kurzfristig. Ich glaube, sein Ziel besteht darin, die EU zu unterminieren und zu spalten. Er will, dass die Nato aus seiner Einflusssphäre verschwindet."

Albright weilte aus Anlass einer Veranstaltung von George Soros`"Europäischer Stabilitätsinitiative" (ESI) in Wien. Die ESI hat das Konzept für den Türkei-EU-Deal in der Flüchtlingsfrage entworfen.

Vor dem Hintergrund solche Aussagen einer immer noch bei den Neocons durchaus einflussreichen Politikerin erscheinen die Ergebnisse des Nato-Russland-Gipfels eher dürftig: Es gebe weiterhin tiefgreifende Unstimmigkeiten zwischen beiden Lagern, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach der Sitzung des Nato-Russland-Rates in Brüssel. "Das hat sich durch dieses Treffen nicht geändert." Die Diskussionen beschrieb Stoltenberg als offen und ehrlich. "Gerade weil wir nicht übereinstimmen, ist es umso wichtiger, dass wir uns treffen", unterstrich er.

Vor allem zur Krise in der Ukraine gebe es aber unterschiedliche Ansichten. Viele Nato-Mitglieder stimmten demnach nicht mit der Darstellung Russlands überein, dass es sich bei dem Konflikt in der Ostukraine um einen Bürgerkrieg handele. Der Nato-Generalsekretär warf Russland vor, für die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich zu sein und die Separatisten mit Munition, Ausrüstung und Finanzmitteln zu unterstützen.

Russlands Nato-Botschafter Alexander Gruschko hat den USA Provokationen vorgeworfen und vor militärischen Konsequenzen gewarnt. Vergangene Woche habe sich ein US-Zerstörer unweit von Kaliningrad in der Ostsee aufgehalten. Dies sei ein Versuch der Vereinigten Staaten, militärischen Druck auf Russland auszuüben. "Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen und Vorkehrungen treffen, um solche Versuche der Anwendung militärischer Gewalt auszugleichen", sagte Gruschko am Mittwoch nach der ersten Sitzung des Nato-Russland-Rats seit fast zwei Jahren. Auch die Beziehungen zur Nato würden sich nicht verbessern, so lange die Bündnispartner ihre militärischen Aktivitäten an den Grenzen zu Russland nicht zurückschraubten.

Albrights Aussagen sind mehr als nur ein paar abfällige Sprüche einer Politikerin im Ruhestand. Albright hat sich für Hillary Clinton als US-Präsidentin ausgesprochen und hat ein enges Verhältnis mit der Kandidatin der Demokraten. Auf die Frage, welche Außenpolitik Clinton machen werde, sagte Albright:

"Ihre außenpolitische Vision kreist um den Terminus „Smart Power“, eine Kombination aus Diplomatie, kultureller und wirtschaftlicher Unterstützung, sozialen Medien und Militärmacht. Sie ist eine gute Freundin, und ich unterstütze sie. Sie hat mehr Erfahrung als jeder Kandidat, der sich je für das Präsidentenamt beworben hat – nicht nur als First Lady, auch als Senatorin, als sie viel mit dem Pentagon in Kontakt war, und schließlich als Außenministerin."

Angesichts solcher Töne ist es wenig verwunderlich, dass sich viele Russen die alte Sowjetunion wieder wünschen: Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS berichtet von einer Umfrage, derzufolge eine knappe Mehrheit der Russen gerne wieder die UdSSR zurückhätte. Allerdings liegt die Zahl weit hinter den 75 Prozent, die in der Vor-Putin-Ära zurück zu den alten Verhältnissen wollte.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Steinmeier unter Feuer: Kontroverse um Ukraine-Hilfen und Taurus-Lieferungen
30.04.2024

Bundespräsident Steinmeier steht wegen seiner Aussagen zur Ukraine-Hilfe in der Kritik. Politiker werfen ihm vor, seine Rolle nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen SAP Stellenabbau: Abfindungsangebote stehen, 2600 Jobs sollen wegfallen
30.04.2024

Im Rahmen der weltweiten Umstrukturierung von SAP sollen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nun wurden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ukraine-Krieg: So ist die Lage
30.04.2024

Ukraine ruft nach dringender Militärhilfe, während tägliche Raketenangriffe weiterhin zivile Opfer fordern. Selenskyj und Stoltenberg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Beschäftigte fordern Arbeitsplatzerhalt
30.04.2024

Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel ist viel im Umbruch. Arbeitnehmervertreter fordern Standortgarantien und...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...

DWN
Technologie
Technologie Rakete eines deutschen Start-ups soll in den nächsten Tagen ins Weltall starten
30.04.2024

Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten soll nun eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschlands Wirtschaft trotzt Erwartungen: Wachstum statt Rezession im ersten Quartal
30.04.2024

Deutschlands Wirtschaft wächst trotz düsterer Prognosen: 0,2 Prozent Wachstum im ersten Quartal. Auch der Einzelhandel gibt Anlass zur...