Politik

Erdogan will harte Terror-Gesetze: EU-Deal mit Türkei auf der Kippe

Die EU fordert von der Türkei eine Abschwächung ihres Anti-Terror-Gesetzes. Die Achtung der Grundrechte sei eines der Kriterien für die Visafreiheit. Doch der türkische Präsident Erdogan will nicht einlenken. Im Gegenteil: Erdogan will das Anti-Terror-Gesetz verschärfen.
03.05.2016 17:29
Lesezeit: 2 min

Die Zeitung Milliyet berichtet, dass die EU-Kommission eine Abschwächung des türkischen Anti-Terrorismus-Gesetzes fordert. Diese Forderung gehört zu den 71 Kriterien, die die Türkei erfüllen muss, um eine Visafreiheit, die allerdings zunächst nur für bestimmte Berufsgruppen in Form von Visaerleichterungen bestehen würde, zu erlangen.

Nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten kämpft die EU-Kommission für die Wahrung der Grundrechte. Die 71 Kriterien seien von unterschiedlichem Gewicht - und die Grundrechte seien aus Sicht der EU-Kommission nicht verhandelbar. Sie müssten auch im Kampf gegen den Terror gewahrt werden.

Das geplante Gesetz von Erdogan sieht jedoch drastische Beschränkungen der Grundrechte vor. In dem Anti-Terrorismus-Gesetz (TMK) heißt es: Wer die politische, rechtliche, soziale, laizistische, wirtschaftliche Beschaffenheit der Republik und die Einheit des Landes mit den Methoden der Gewaltanwendung oder Einschüchterung beschädigen oder zerstören will, begeht einen Akt des Terrorismus. Wer zudem einer Organisation angehört, die die Grundrechte und Freiheiten außer Kraft, die öffentliche Ordnung stören oder die staatliche Autorität untergraben will, wird ebenfalls unter Terror-Verdacht gestellt. Eine Person, die Mitglied einer Terrororganisation ist, doch keine terroristischen Aktivitäten durchführt, wird mit einem aktiven Terroristen gleichgestellt. Die Mitgliedschaft ist hier ein entscheidendes Kriterium.

Der Begriff des Terrorismus wird in der Türkei sehr weit ausgelegt: Erst vor einigen Tagen war es im türkischen Parlament zu einer Schlägerei gekommen, weil ein AKP-Mann einen Kurden-Politiker einen Terroristen nannte.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits im März eine Verschärfung des Anti-Terror-Gesetzes angekündigt. „Wir werden den Terrorismus neu definieren und in das Strafgesetzbuch aufnehmen. Es geht nicht darum, die Pressefreiheit einzuschränken, sondern die Niederträchtigen, die für den Anschlag von Ankara/Kizilay verantwortlich sind, zu bekämpfen. Es gibt einige Kreise im In- und Ausland, die sich an einem Scheideweg befinden. Sie werden entweder auf unserer Seite oder auf der Seite der Terroristen stehen. Es gibt keinen Mittelweg“, zitiert die BBC den Staatschef.

Erdogan machte auch deutlich, welche Gruppen die geplante Neufassung des Anti-Terror-Gesetzes umfassen soll. Der Deutschlandfunk zitiert ihn: „Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, damit sie an ihr Ziel gelangen, besteht überhaupt kein Unterschied.“

Ob sich die EU-Kommission gegen Erdogan durchsetzen kann ist unklar. Bundeskanzlerin Angela Merkel will mit dem Deal mit der Türkei die Flüchtlinge und Migranten von der EU fernhalten. Der Deal wurde von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Auch die Vereinten Nationen lehnen den Deal ab, weil die Menschenrechte für Flüchtlinge und Migranten nicht gewahrt sind.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zeit statt Geld: Arbeitszeitguthaben in Deutschland auf Rekordniveau
08.07.2025

Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland nutzen Arbeitszeitkonten, um Überstunden flexibel auszugleichen. Laut einer aktuellen Studie des...

DWN
Panorama
Panorama Elterngeld im Ungleichgewicht: Väter oft mit Höchstsatz, Mütter länger in Elternzeit
08.07.2025

Das Elterngeld bleibt ungleich verteilt: Während rund ein Drittel der Väter den Höchstsatz beziehen, nehmen Mütter deutlich häufiger...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsencrash, Blase oder Börsenrally? So brisant wird das zweite Halbjahr an den Aktienmärkten
08.07.2025

Zins-Chaos, Trump-Drohungen und eine Blase bei Rüstungsaktien: Drei Top-Strategen warnen vor einem explosiven Börsenhalbjahr – mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exportflaute durch Handelsstreit: Unsicherheit belastet deutsche Firmen
08.07.2025

Trotz einer weiteren Fristverlängerung im Zollkonflikt mit den USA bleibt die Lage für deutsche Exportunternehmen angespannt. Die...

DWN
Politik
Politik Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten
08.07.2025

Im Bundestag steht eine wichtige Entscheidung an: Drei Kandidatinnen und Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht sollen gewählt...

DWN
Technologie
Technologie Wettlauf der Supermächte: Wer gewinnt das Milliarden-Quantenrennen?
08.07.2025

Quantencomputer gelten als Schlüsseltechnologie der Zukunft – und könnten bestehende Sicherheitsstrukturen weltweit aushebeln. Der...

DWN
Politik
Politik Recht auf Schutz: Gericht bestätigt Anspruch afghanischer Familie auf Visa
08.07.2025

Trotz der Einstellung des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghanen hat das Verwaltungsgericht Berlin eine klare Entscheidung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Urlaub wird teurer: Flugkosten steigen auch bei Billig-Airlines
08.07.2025

Fliegen vom deutschen Flughafen ist deutlich kostspieliger geworden – und das nicht nur bei klassischen Airlines. Auch...