Politik

Erdogan-Schwiegersohn auf dem Sprung an die Spitze der Regierung

Der türkische Präsident Erdogan könnte in den kommenden Tagen eine gravierende Verschiebung im Machtgefüge des Landes vornehmen. Energieminister Albayrak ist auf dem Sprung an die Spitze der Regierung. Er ist der Schwiegersohn von Erdogan. Erdogans Sohn mischt seit längerem in der Energie-Branche mit - offenbar auch mit äußerst zweifelhaften Deals.
05.05.2016 01:24
Lesezeit: 1 min

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In der Türkei zeichnet sich ein bemerkenswerter Wechsel an der Spitze der Regierung ab: Nach Spekulationen über seinen Rücktritt will der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Donnerstagmorgen vor die Presse treten. Der Regierungschef werde nach einem Treffen mit der Parteiführung eine Erklärung abgeben, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Am Mittwoch hatte sich Davutoglu mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan getroffen. Nach Angaben der TV-Sender CNN-Türk und NTV kommt die regierende AKP noch im Mai zu einem außerordentlichen Parteitag zusammen.

Über den Inhalt des 90-minütigen Gesprächs zwischen Davutoglu und Erdogan wurde nichts bekannt. Türkische Medien hatten zuletzt über einen Machtkampf zwischen den beiden mächtigsten Politikern des Landes berichtet.

Davutoglu hatte vor erst zwei Jahren das Ministerpräsidentenamt und den Vorsitz der Regierungspartei AKP von Erdogan übernommen, als dieser ins Präsidentenamt wechselte. Erdogan ist aber nach wie vor der bestimmende Mann in Regierung und Partei. Davutoglu, der enge Beziehungen zu Deutschland hat und, anders als Erdogan, fließend Deutsch spricht, gilt als vergleichsweise weltoffen.

Erdogans Personalpolitik ist von massivem Misstrauen gegenüber allen geprägt, was auch enge Verbündete zu spüren bekommen: So betrachtet Erdogan heute seinen früheren Mentor, den islamischen Gelehrten Fetullah Gülen, als Todfeind und hat zahlreichen Gülen-Leute verhaftet. Auch die zum Gülen-Imperium gehörende Zeitung Zaman wurde von Erdogan dichtgemacht.

Vergangene Woche hatte die AKP-Führung gegen den Willen Davutoglus die Befugnisse des Vorsitzenden eingeschränkt, was als Niederlage für den Partei- und Regierungschef gewertet wurde. Erdogan-nahe Kommentatoren kritisieren Davutoglu zudem in zunehmender Schärfe. Laut Presseberichten denkt Erdogan darüber nach, Davutoglu durch Verkehrsminister Binali Yildirim oder Energieminister Berat Albayrak, einen Schwiegersohn des Staatspräsidenten, zu ersetzen. Albayrak gilt als Favorit, weil er als Familienmitglied das Vertrauen von Erdogan hat. Als Energieminister ist er der Familie seit längerem verbunden.

Denn in dieser Branche mischt Erdogans Sohn seit längerem mit: Bilal Erdogan spielt laut New Eastern Outlook Journal eine wichtige Rolle im türkischen Öl-Geschäft: Er soll im Besitz gleich mehrerer Schifffahrtsgesellschaften sein. Angeblich habe er Verträge mit Firmen abgeschlossen, die in Europa agieren, um gestohlenes irakisches Öl nach Asien zu schaffen. Die türkische Regierung kaufe das fragliche Öl aus den besetzten irakischen Quellen. Erdogans Sohn wiederum sei im Besitz spezieller Anlegeplätze in den Häfen von Beirut und Ceyhan, von denen aus das vom IS geschmuggelte Rohöl via japanischer Tankschiffen befördert werde.

Die Redaktion von Cumhuriyet wird von Erdogan nicht zuletzt so erbittert verfolgt, weil es die Zeitung gewagt hatte, die dubiosen Geschäfte von Bilal zu erwähnen. Dem Chefredakteur der Zeitung droht eine lange Haftstrafe.   

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