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Autonomes Fahren: Fahrlehrer sind durch nichts zu ersetzen

Komplexe Technologien im Auto vereinfachen zwar das Fahren, gleichzeitig erhöhen sie aber auch den Schulungsbedarf bei Anfängern. Erlernt werden müssen jetzt nicht nur die handwerklichen Fähigen, sondern auch der Umgang mit verschiedenen Typen und Assistenzsystemen.
09.05.2016 11:16
Lesezeit: 2 min

Eine mobile Gesellschaft ist ohne Fahrlehrer undenkbar. Darauf hat Matthias Wimpff, Vorstand der Academy Holding AG, kürzlich hingewiesen. Er reagierte damit auf Automobil-Visionäre wie Prof. Ferdinand Dudenhöffer. Der Automobil-Experte hatte in einem Interview mit der Berliner Morgenpost prognostiziert, dass Fahrlehrer in Zeiten autonomen Fahrens überflüssig sein würden.

Dudenhöffer wörtlich: „Ich gehe davon aus, dass in Deutschland bis 2025 oder 2030 automatisierte Autos zugelassen werden. Und dann können theoretisch auch Anfänger fahren, ohne Führerschein. (…) Ich glaube, dass das Auto in zehn Jahren allein fahren kann. Wer dann noch ins Lenkrad greifen will, kann das gerne tun. Bei allen anderen wird der Computer die Aufgabe des Lehrers übernehmen und ihn einfach abbremsen, wenn er zu schnell fährt.“ Wimpff hält dagegen: „Auch dann, wenn aus den vorhandenen Fahrerassistenzsystemen ein Automobil geworden ist, das sich von alleine im Verkehr zurecht findet, ist die moderne Gesellschaft auf eine qualifizierte Fahrausbildung angewiesen.“

Mit Blick auf die Praxis betonte der Academy Vorstand, dass es die komplexen Fahrerassistenzsysteme sind, die die Schulungsintensität noch erhöhen. Gerade beim Parken sei die Technologie dem vollautonomen Fahren bereits recht nahe gekommen - und genau dort würde der Schulungsbedarf zunehmen. Schließlich müsse zum manuellen Einparken jetzt auch der Umgang mit Einparkhilfen geschult werden.

Dem stimmt auch Fahrlehrer Thomas Welpott zu. Er betreibt eine große Fahrschule in Westfalen und kennt die Ansprüche seiner Fahrschüler aus erster Hand. Er weiß, wie vielfältig die Lerninhalte geworden sind: „Unsere Fahrschüler müssen lernen, umzusteigen. Also müssen sie den ollen ersten Wagen genau so beherrschen wie den E-Antrieb, den sie als Mitglied des innerstädtischen Car-Sharing fahren werden oder das Auto mit den vielen Assistenzsystemen, das sie sich vielleicht in einigen Jahren leisten können.“ Auch Sascha Fiek, Fahrlehrer aus Freiburg, hat sich mit dieser Entwicklung beschäftigt. Er ist sich sicher: „Wer heute Fahrlehrer wird, braucht nicht zu fürchten, dass er von autonomen Fahrzeugen bis zur Rente abgelöst wird. Aber sein Aufgabenfeld wird sich deutlich verändern.“

„Wir müssen lernen, mit den neuen Technologien umzugehen“, sagt Matthias Wimpff, „und das müssen wir auch lehren, am besten in Fahrschulen, die gerade im digitalen Bereich auf Höhe der Zeit sind.“ Die Konsequenz würde dementsprechend lauten: Aus dem klassischen Fahrlehrer wird ein umfassender Mobilitätsberater.

Googles bekannte Roboter-Autos sind übrigens nicht so selbstständig wie der Konzern behauptet: Google hat eingeräumt, dass in einigen Situationen nur das Eingreifen des Fahrers einen Zusammenstoß verhindern konnte. Insgesamt gab es Hunderte Fälle, in denen die Software das Steuer an den Menschen übergab - im Ernstfall traut Google seinen Maschinen offenbar noch lange nicht.

Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich jedoch sagen: Die Neuordnung der Automobilindustrie durch den Einzug von Internetkomponenten wird in den nächsten Jahren immer schneller voranschreiten. Für 13 Prozent der Käufer kommt ein Neufahrzeug ohne Internetzugang gar nicht mehr in Betracht. Das ist ein zentrales Ergebnis einer aktuellen Branchenstudie von McKinsey & Company mit dem Titel „Connected Cars“. Die Unternehmensberatung rechnet mit einer Verfünffachung des Marktes auf einen Wert von 170 Milliarden Euro.

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