Politik

Werben um die Briten: EU will Träume von „totaler Integration“ begraben

Lesezeit: 1 min
02.06.2016 12:15
Die EU-Spitzen umwerben die Briten vor dem Referendum mit einer Charme-Initiative. Stoßrichtung der Argumentation: Die EU wolle keine totale Integration. Dies sei eine Utopie, von der man sich verabschieden müsse. Tatsächlich hat die EU aktuell große Schwierigkeiten: Die Kooperation funktioniert bei vielen Themen nicht, wo sie eigentlich zwingend nötig wäre - wie etwa bei der Flüchtlingspolitik.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die AFP berichtet von verstärkten Öffentlichkeits-Initiativen der EU im Vorfeld des Referendums um einen Austritt Großbritanniens. Angesichts verbreiteter EU-Skepsis haben führende EU-Vertreter eine Beschränkung der Union auf wesentliche Aufgaben gefordert. Ein Szenario, in dem „antiliberale und euroskeptische politische Kräfte triumphieren“, müsse unbedingt vermieden werden, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Mittwochabend in Brüssel. Dazu müssten die EU-Verteidiger aber „utopische Träume“ einer „totalen Integration“ begraben und „praktische“ Politik betreiben.

Tusk nannte bei einem Treffen mit Wirtschaftsvertretern als Beispiele die Sicherung der EU-Außengrenzen in der Flüchtlingskrise oder die Vollendung der Bankenunion. „Lyrische und de facto naive, euro-enthusiastische Visionen“ durchzusetzen, sei „keine passende Antwort auf unsere Probleme“, sagte Tusk. Dies werde nur zu einer weiteren Stärkung der EU-Skeptiker führen - nicht nur in Großbritannien, sondern auch andernorts.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte, Europa müsse sich „auf die großen Fragen“ konzentrieren. Die EU habe sich in der Vergangenheit zu sehr in die Probleme von Staaten und Regionen eingemischt, sagte Juncker in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem Spiegel. „Ich glaube, zu viel Europa überall endet damit, dass es Europa tötet. Genauso würde aber auch zu wenig Europa Europa töten.“

Juncker hat seine Argumentation im Vergleich zu den vergangenen Wochen modifiziert. Noch vor kurzem hatte Juncker die Briten gewarnt, dass ein Sieg der EU-Gegner gravierende Folgen für Großbritannien haben werde: „Wer den Tisch verlässt, darf auch nicht mehr vom Tisch essen“, wird er vom WDR zitiert.

Die Briten stimmen am 23. Juni über den Verbleib in der EU ab. Der britische Premierminister David Cameron hat im Vorfeld von seinen EU-Kollegen eine Reihe von Reformzusagen erhalten, wenn Großbritannien Mitglied bleibt. Dazu gehört auch die Garantie, dass die Formulierung einer „immer engeren Union“ aus den EU-Verträgen keinen Mitgliedstaat zwingt, an einer weiteren politischen Vertiefung teilzunehmen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...