Finanzen

Deutsche Wirtschaft bildet massive Front gegen EU-Einlagensicherung

Die Bankenunion gerät in Deutschland unter ernsthaften Druck: Im Kampf gegen die gemeinsame Einlagensicherung hat sich ein überraschend massiver Block formiert. Er umfasst die Industrie, das Handwerk die wichtigsten Handelsverbände und die Sparkassen. Es dürfte für die Bundesregierung schwierig werden, diese Front einfach zu ignorieren.
07.06.2016 14:04
Lesezeit: 1 min

Ein breites Bündnis deutscher Wirtschaftsverbände warnt vor den Nachteilen einer zentralen europäischen Einlagensicherung. Diese hatte die EU-Kommission im November angekündigt. Schrittweise sollte demzufolge ein Fonds eingerichtet werden, der bei Bankenschieflagen europaweit Einlagen bis zu 100.000 Euro absichert, das so genannte European Deposit Insurance Scheme (EDIS). Dem Bündnis gehört der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung (BGA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) an.

Die Initianten fordern ein europäisches System der Eigenverantwortung und beklagen, dass die von der EU-Kommission geplante Einlagensicherung das zentrale Fundament des Bankwesens – das Vertrauen der Kunden – untergraben werde: „Die deutsche Volkswirtschaft ist in hohem Maße auf Fremdfinanzierungen durch Kreditinstitute angewiesen. Größtmögliches Vertrauen in die Sicherungssysteme ist eine zwingende Basis, dass aus Spargeldern Mittelstandskredite werden können. Nur wenn Sparerinnen und Sparer auf die uneingeschränkte Sicherheit ihrer Einlagen vertrauen können, steht dieses Kapital verlässlich und langfristig für Finanzierungszwecke zur Verfügung. Die Europäische Kommission plant jedoch, die eigenverantwortlichen Sicherungssysteme in der Eurozone in einem einzigen europäischen Einlagensicherungssystem (European Deposit Insurance Scheme, EDIS) zusammenzuführen.“

„Mittel zur Sicherung von Kundengeldern anzusparen, ist Teil des Vertrags zwischen Kreditinstitut und Kunde. Werden diese Mittel durch eine zentrale europäische Einlagensicherung zweckentfremdet, um Banken in Drittländern zu helfen, kann das die Bonität von Kreditinstituten erheblich beeinträchtigen. Eine solche Transferunion würde in das Vertragsverhältnis zwischen Kunde und Bank eingreifen und das Vertrauen der Einleger beschädigen“, heißt es in dem Schreiben des Bündnisses.

Die deutsche Wirtschaft plädiert stattdessen dafür, die bestehenden nationalen Sicherungssystem zu erhalten und hohe verbindliche Standards einzuführen, die bereits auf EU-Ebene beschlossen, aber noch nicht von allen Länder umgesetzt worden seien.

Die Idee der gemeinsamen Einlagensicherung steht in Europa derzeit auf der Kippe. Etwa acht bis zehn Mitgliedsstaaten der Euro-Zone fordern inzwischen, dass die Kommission ihre Pläne noch einmal überarbeiten solle. Die niederländische Ratspräsidentschaft hatte die Kommission Ende Mai schriftlich aufgefordert, sich „über mögliche alternative Optionen“ Gedanken zu machen. Die kritischen Länder fordern die Beibehaltung der nationalen Einlagensicherungen, die sich im Ernstfall gegenseitig Geld leihen könnten und ein Vetorecht behielten. Italien dagegen hat seine Forderungen nach einer gemeinsamen Haftung kürzlich verstärkt. Finanzminister Padoan sagte Berichten zufolge: „Wenn es keine gemeinsame Haftung für die Risiken gibt – warum verschwenden wir unsere Zeit dann noch mit dem Euro?“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...